Mit dem Briefträger unterwegs

Sonne, Wolken und der Fahrtwind begleiten uns am Mittwoch auf der herrlichen Fahrt mit der Pelorus Express, dem Mailboat des größten Sounds in Marlborough.

Nach der Besiedelung der Marlborough Sounds wurde die Post ab 1868 durch ein staatliches Postschiff  ausgeliefert, doch das wurde zu teuer und der Dienst 1918 privatisiert. Nur vom Briefe ausfahren konnte aber keiner leben, und so beförderte das Mailboat bald auch Lebensmittel, andere Waren und Personen. Heute genießen viele Touristen den Service, einen Tag an Bord mitfahren zu dürfen, so auch wir.

Um 10 Uhr legt der Katamaran ab und begibt sich auf die Mittwochs-Tour: Die mit den Namen der Bewohner bedruckten Postsäcke werden übergeben und einige Kartons mit Waren abgeliefert. Wir halten in so mancher Bucht und lernen ein wenig die Menschen kennen.

In der Mitte: Dave Robinson, ein wahres Unikum.

Es sind Rentner, Farmer, Muschelzüchter, Wissenschaftler und Künstler, einige bieten Ferienunterkünfte an, in Hopewell Lodge wird Honig aus Manuka und Kanuka-Teebäumen produziert. Ein junger Mann ist aus seinem Job in Auckland ausgestiegen und arbeitet nun online als Mathe- und Physiklehrer (und das bei der miserablen Internetverbindung).

Besonders urig fanden wir Dave, spontan sagten wir wie aus einem Munde: „der lebt hier wie Robinson Crusoe und sieht auch so aus“. Dann erfuhren wir seinen Nachnamen: Robinson ???.

Einige Häuser sind auch Ferienhäuser, doch die meisten sind ständig bewohnt. Das Postschiff kommt mindestens einmal die Woche vorbei und wird von den Hunden angekündigt und am Kai empfangen. Die bekommen als Dank von der Crew ein paar Hundeleckerli. 

All das und sooo vieles mehr erzählt uns der Skipper oder „Postie“  während der Fahrt in angenehmem Plauderton (über Lautsprecher) und immer noch gewöhnungsbedürftigem Kiwi-Englisch (lake klingt like, ferry wie fairy und best wie beast ?). Von der ältesten Schaf- und Rinderfarm von 1881, den DOC*-Wissenschaftlern auf der unter Quarantäne stehenden Insel Maud Island mit den gleichnamigen Fröschen, er erklärt uns, wie die Muscheln hier gezüchtet werden und vom legendären Delfin Pelorus Jack, der um 1900 alle Schiffe durch eine Engstelle begleitet hat und zum Medienstar wurde.

* DOC ist das Department of Conservation, verantwortlich für den Erhalt des historischen und ökologischen Erbes der Insel. Das DOC managt die Naturparks, betreibt zahlreiche Campingplätze und finanziert wissenschaftliche Projekte im Bereich Umwelt und Naturschutz. Ein sehr großes Anliegen ist der Erhalt der ursprünglichen Fauna und Flora der Inseln. 

Besonders interessant finden wir die Informationen zur Forstwirtschaft: Man kann unschwer erkennen, dass auf vielen Hügeln Wirtschaftswald wächst. Die Kiwis brauchen Unmengen Bauholz, Timber, denn fast alle Häuser sind aus Holz gebaut. Also wird in großem Maßstab Nadelwald kultiviert, abgeerntet und wieder aufgeforstet. Ein Problem stellen allerdings die „Ausreißer“ dar, vor allem Kiefern ???, die sich gerne auch mal außerhalb der Wirtschaftswälder vermehren und den nativen Wald dann verdrängen. Da kennt der Neuseeländer dann keine Gnade: jeder einzelne Baum wird angebohrt, bekommt eine Glyphosat-Injektion und geht dann ein, bevor er sich über neue Samen vermehren kann.

 

Unser Lunchpaket verzehren wir in der Tira Ora Lodge, wo gerade zwei deutsche Studenten work & travel-Dienst „schieben“.  In Jacobs Bay setzt uns das Boot nachmittags an Land, und wir spazieren eine 3/4 Stunde zur nächsten  Bucht, wo wir wieder aufgesammelt werden. Da läuft der Katamaran einfach mit dem Bug auf den Strand, legt eine Landungsbrücke aus und wir steigen an Deck

Wie in der Südsee ?
Bushwalk nach Dillons Bell

Auf dem Rückweg noch ein Abstecher bei den Honigproduzenten in der Hopewell Lodge, da wird der Besuch abgeholt und aufs Festland gebracht.

 

Wunderbare Pflanzenwelt

Natürlich ergeben sich auch einige Gespräche mit den Passagieren, so viele sind es ja nicht. Vor allem mit 2 Ehepaaren aus Plau (einer davon Geocacher ?), ebenfalls per Campervan unterwegs,  und einem sehr eloquenten und kontaktfreudigen älteren Neuseeländer, der mal Reisebuchautor war und Reiseführer über Berchtesgaden und Salzburg verfasst hat.

Zurück in Havelock

Mann, war das eine Plaudertasche ?.

So vergeht die Zeit wie im Flug. Als wir wieder in Havelock anlegen ist es schon nach 5, und wir haben sooo viel gesehen und erlebt.

 

Schwindelfrei

Wir fahren nur noch 20 km weiter nach Pelorus Bridge, beziehen Quartier auf dem naturnahen DOC-Campingplatz und drehen gleich noch eine kleine Runde zu Fuß.

 

Über die Hängebrücke geht es in den Wald, und auch hier begegnet uns sofort wieder die für uns Europäer befremdliche Art der Neuseeländer im Umgang mit Natur und Umwelt:

 

Kill the beasts

Warnschilder weisen auf Fipronil-Köder für Wespen hin und gleich darunter stehen  Fallen für die anderen ungebetenen Waldbewohner. Wir hatten es ja schon davon: „pests und predators“ – Schädlinge und Räuber – werden gnadenlos ausgemerzt, und da ist jedes Gift recht. In besonders großem Maßstab setzt man das sogenannte 1080 ein, Natriumfluoracetat, dass sogar mit Flugzeugen versprüht wird und toxisch auf Säugetiere wirkt. Alles was Haare hat, gilt dem Kiwi als Schädling☹️, es gehört nicht hierher. 

Allerdings kommt diese Erkenntnis recht spät, immerhin hörte die Isolation Neuseelands schon mit der Ankunft ersten Polynesischen Einwanderer um 1300 auf, von den Europäern ganz zu schweigen, und jeder brachte sein Tierchen mit, ob als Plaisier oder aus Versehen. Auf die heimische Vogelwelt wurde munter losgeballert. Dem Moa haben die Polynesier schon lange vor Einreise der ersten Europäer den Garaus gemacht. Und seit 40 Jahren will man jetzt alles ungeschehen machen, was in den Jahrhunderten zuvor angerichtet wurde. Schwierig! Davon, dass der nativen Tierwelt ca. 80% an Lebensraum durch Vernichtung von ebenso 80% der nativen Pflanzenwelt verloren gingen, redet aber irgendwie keiner. Extensive Land- und Forstwirtschaft, vor allem Beweidung, Klimawandel, Besiedelung und Verkehr, alles nimmt zu, aber Possum, Marder und Co. sind die Bösewichte. Predatorfree 2050 ist die Devise des DOC und jeder Bürger, vom Kind bis zum Greis, soll bei der Ausrottung mitmachen. Irgendwas gefällt mir an der Sache nicht.

Genug davon. Unser absolutes Animal of the Day ist jedenfalls ein neuseeländischer Ureinwohner, der Piwakawaka, zu englisch Fantail und zu deutsch Fächerschwanz. Plötzlich erscheint der Piepmatz  vor uns auf dem Weg, rammt mich fast im Flug und setzt sich dann vor uns ganz unscheu in Szene.

Trotzdem wir ihm bzw. er uns ganz nahe kommt, ist es nicht einfach, den quirligen Gesellen aufs Foto zu bannen. Einige Minuten flattert und posiert er um uns herum, dann kommt ein zweiter und beide fliegen davon. Eine faszinierende Begegnung war das! Leider passt das Handyvideo nicht in diesen Blog, ein kleines gif mag reichen. Es müsste sich bewegen, evtl. mal drauf rumklicken.

Wir sind für heute nun mit Erlebnissen bedient, aber so was von. 

 

Mal sehen, wann wir wieder genug Internet haben, um das alles in den Blog zu stellen.

Ein Kommentar

  1. Hallo ihr beiden
    Ich reise immer gerne mit und freue mich über eure Erlebnisse – oft mit einem Schmunzeln. Wer hat denn da mit der Plaudertasche seinen Meister gefunden?
    Weiterhin eine erlebnisreiche und sichere Fahrt und vergesst nicht die Pupu Springs bei Takaka.
    Viele Grüße aus dem stürmischen Mainz
    Mike

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