👻 Geisterfahrt zu den Karolingern

Samstag, 1. Juni 2024: Virtual Cache zu den Must sees im Sully-Tal: Schloss Sully, Abbaye Fleury in St. Benoît sur Loire und karolingisches Oratorium in Germigny des Près

Den Virtual Cache in Sully hatten wir erst gar nicht auf dem Schirm bzw. ad acta gelegt, weil er aus drei Wegpunkten besteht, die etwa 20 Kilometer auseinander liegen. Zu weit!

Logbedingungen

Für Nicht-Geocacher: Virtual Caches 👻 befinden sich immer an Sehenswürdigkeiten. Man muss dort aber nicht wie üblich einen Behälter mit Logbuch finden, sondern eine Aufgabe erledigen. Oft reicht es, ein Foto zu machen, auf dem man selbst oder ein Zettel mit dem Cachernamen vor Ort zu sehen ist. Aber manchmal darf es etwas mehr sein und man muss mehrere Stationen aufsuchen und zusätzliche Aufgaben erledigen (meist Fragen beantworten). Die schickt man dann dem owner per Mail und wenn man alles richtig gemacht hat darf man den Cache als gefunden verbuchen.

Die Planung der kommenden Tage bringt ihn dann wieder ins Spiel, weil aus der simultanen Berücksichtigung von Faktoren wie Wochenende, Stellplatz, Wetter, Anzahl an Sehenswürdigkeiten … ein weiterer Tag in Sully auf einmal als sehr passend erscheint. Und was macht man mit so einem Tag (wir nennen es „Stehtag“)? Genau: Man holt die Fahrräder vom Rack und fährt die drei Stationen des Virtual ab.

Der Weg ist für Fahrradfahrer (und Wanderer) prima ausgebaut und ausgeschildert. Entweder geht es über extra Radwege oder über sehr kleine Landsträßchen.

Die Loire erinnert uns sehr an den Inselrhein zwischen Mainz und dem Binger Loch. Auch das Fahren hinter und auf dem Damm kennen wir von zu Hause (hessisches Ried, Laubenheimer Ried)

Am großen Fluss

An unserer ersten Station – der Abteikirche Fleury in St. Benoît ist gerade Messe, also schauen wir uns „nur“ außen um. Ungewöhnlich ist der Vorhallenturm, der auch das älteste Bauteil der Kirche ist (um 1020). Er wird zurzeit restauriert und ist komplett eingerüstet, daher ein Bild aus Wikipedia.

Von Manfred Heyde – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6856033

Die Vorhalle im Erdgeschoss wird von 16 Säulen getragen, an deren Kapitellen die Steinmetze sich sehr kunstvoll verewigt haben. Im Vergleich zu Vézelay sind die Darstellungen aber grober und statischer. Allerdings auch ca. 100 Jahre älter.

Der Unterschied zwischen restauriert und unrestauriert ist unübersehbar.
Das Nordportal: Jesus inmitten der vier Evangelisten

Da wir wegen der Messe das Innere der Kirche nicht besichtigen können, beschließen wir, auf dem Rückweg nochmal vorbeizukommen und radeln weiter nach Germigny des Près. Hier steht eine der ältesten Kirchen Frankreichs, ein karolingisches Oratorium aus dem Jahr 806.

Nicht irgendein Bethaus – es war ursprünglich die Privatkapelle von Theodulf, Bischof von Orleans, Abt von Fleury und Berater Karls des Großen. Vielleicht ist Letzteres der Grund, warum wir uns sofort an die Aachener Pfalzkapelle erinnern, der das Oratorium laut Wikipedia u.a. in der Tat nachempfunden sei.

Wie die Pfalzkapelle, war das Oratorium ursprünglich ein Zentralbau, im Mittelalter wurde es zur Pfarrkirche, man brauchte mehr Platz und baute ein Kirchenschiff an.

Im Inneren verbirgt sich der größte Schatz des Kirchleins: Ein byzantinisches Mosaik aus dem 9. Jahrhundert, das einzige seiner Art nördlich der Alpen. Übrigens wie ich finde auch eine stilistische Gemeinsamkeit mit Aachen!

Mit 130.000 zum Teil vergoldeten Glassteinchen sind zwei Engel dargestellt und die Kiste mit der Bundeslade Moses (die mit den 10 Geboten). Entdeckt hat man das Mosaik erst 1820 – es wurde in der Französischen Revolution überstrichen.

Wir machen uns dann wieder auf den Rückweg und halten erneut an der Kirche der Abtei Fleury in St. Benoît. Volker macht das Besucherzentrum ausfindig, wo wir neben einer schönen Ausstellung und einem informativen Film einen tollen Blick aus dem 3. Stock auf die Kirche haben.

Die Ausstellung erklärt unter anderem die drei Bauphasen der Basilika: Begonnen wurde 1020 mit dem Portalturm, es folgte der Chor und erst Ende des 12. Jahrhunderts wurde dazwischen das Kirchenschiff gebaut.

Größter Schatz der Kirche sind die Reliquien des Heiligen Benedikt von Nursia, die hier in der Krypta in einer Kiste aufbewahrt sind.

Da isser drin, der Heilige Benedikt, zumindest teilweise.
Die Kiste ist so ca. 40 x 60 x 60 cm groß
Par Pymouss — Travail personnel, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43047737

Steckbrief Benedikt von Nursia
Geboren um 480 zu Nursia in Umbrien. Lebte nach seinem Studium in Rom einige Zeit in einer Asketengemeinschaft, dann drei Jahre lang als Einsiedler. Später sammelte er Mönche um sich, die unter seiner Leitung in zwölf kleinen Klöstern lebten. Um 529 siedelte er mit seinen Mönchen nach Montecassino über. Hier vollendete er seine Klosterregel, die nicht nur zur Grundlage des Bendiktinerordens, sondern für das abendländische Mönchtum wurde. Benedikt starb am 21. März wohl 547 zu Montacassino, wo er auch bestattet wurde. Nachdem 580 die Langobarden Montecassino zerstört hatten, wurde wohl um 673 der Leichnam Benedikts nach Fleury überführt, wo die Gebeine am 4. Dezember 673 ankamen und am 11. Juli 674 (?) in die Marienkirche gebracht wurden. Trotz Zerstörung der Schreine durch die Hugenotten und in der französischen Revolution blieben die Reliquien Benedikts erhalten. (aus: Heilige.de)

Das mit den Reliquien ist so eine Sache. Neben Fleury claimen 11 andere Klöster, im Besitz irgendwelcher Körperteile des Hl. Benedikt zu sein. Unter anderem soll nach der Zerstörung Montecassinos im Zweiten Weltkrieg bei den Aufbauarbeiten dort Benedikts Grab aufgefunden worden sein, mit Gebeinen! Ob mal jemand das alles sortiert und nachgezählt hat, wie viele Arme, Beine und Köpfe der Heilige hatte? Ma waas es net.

Wir radeln dann zurück nach Sully, umrunden noch einmal das Wasserschloss, um unsere Aufgaben für den Virtual Cache zu erledigen und ziehen uns dann in unsere Gemächer zurück.

Morgen geht es nach Orleeens – äh – Orléans.

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