Sonntag, 30. Juni bis Donnerstag 4. Juli 2024
Am Sonntag Morgen ziehen wir weiter, diesmal aber nur wenige Kilometer nach Dinard an die Côte d‘emeraud, die Smaragdküste. Den Namen erhielt sie Ende des 19. Jahrhunderts, weil man in der Zeit des beginnenden Tourismus einen klangvollen Namen brauchte. Farben kommen bei Küsten immer gut; mangels Alternativen (grauer Granit kommt nicht gut) musste halt das türkisfarbene Wasser herhalten.
Wir haben ein paar Tage vorher einen Platz auf dem CP Port blanc (noch ’ne Farbe) reserviert und sind gespannt, was uns erwartet: Es ist ein geradezu riesiger Stellplatz, man könnte Badminton drauf spielen, und er liegt wirklich nur ein paar Dutzend Meter vom Strand entfernt. Man hört das Meer rauschen (wenn es nicht grad auf Ebbe ist) und wenn man über die Hecke lugt, sieht man es auch. Am Strand hat der Campingplatz eine schicke Strandbar, wo wir uns mit einem Kaltgetränk auf die nächsten Tage einstimmen.
Das Wetter ist halbwegs freundlich, aber frisch. Keine 20 Grad und das Wasser hat um die 17 Grad. Volker geht mal rein, ich warte ab, ob es morgen wärmer ist (also die Luft, nicht das Wasser).
Heute ist erst mal Abhängen angesagt, ab morgen erkunden wir von hier aus die Küste und das benachbarte St. Malo.
Montag, 1. Juli 2024: In der Stadt der Korsaren
Wir entscheiden spontan, den Besuch in Saint Malo vorzuziehen und noch spontaner, uns mit dem bateau bus, dem Bootstaxi, rüberschippern zu lassen. 10 Minuten statt 10 Kilometer. Eine sehr gute Idee, wie wir 2 Tage später feststellen werden!
Wenn man als Urlauber von Saint Malo spricht, meint man den kleinen, historischen Stadtteil Intra muros (innerhalb der Mauern) auf einem Felsen direkt am Meer an der Mündung des Flusses Rance in den Ärmelkanal. Doch die ursprüngliche Siedlung der späteren Malouins lag weiter im Landesinneren. Erst als im 12. Jahrhundert Überfälle der Normannen zunahmen, „verlegte“ man die Stadt samt Kathedrale eine Halbinsel weiter nach Norden und baute eine mächtige Wehrmauer drumherum. Die neue Stadt bekam den Namen St. Malo, nach dem walisischen Mönch Maclou, der die Gegend im 6. Jahrhundert christianisiert hatte.
Um Stadt und Hafen stritten sich seither die Herzöge der Bretagne mit den Königen von Frankreich: Mal gehörte es der Krone, mal den Herzögen und angeblich war Saint Malo sogar kurz mal eine eigene Republik. Das war am Ende der Religionskriege 1590, als man sich weigerte, dem – damals noch – protestantischen König Heinrich IV. zu folgen. Ob es nun der Übertritt Heinrichs zum Katholizismus war oder die wirtschaftlichen Folgen dieses „Frexit“, das weiß man nicht. Jedenfalls kehrte die Stadt 1594 in den Schoß der Könige von Frankreich zurück.
Das 17. Jahrhundert war die Blütezeit der Stadt: Fischfang und Handel machten sie reich und eine der lukrativsten „Handelswaren“ waren Sklaven. Etwa 250 Expeditionen gingen von Saint Malo aus, bis 1848 der Sklavenhandel verboten wurde. Handelsschiffe aus St. Malo fuhren in jeden Winkel der Welt, in die Südsee, nach Indien, in die Neue Welt, nach Süd- und Mittelamerika. Seit dem 18. Jahrhundert ziehen sich die prächtigen Häuser der Reeder und Korsaren entlang der westlichen Stadtmauer.
Daneben starteten von Saint Malo aus auch bedeutende Entdeckungsreisen, 1535 stieß Jacques Cartier als erster Europäer ins Landesinnere Kanadas vor und nahm es für Frankreich in Besitz.
Seit dieser Zeit, vor allem aber im 17. und 18. Jahrhundert fuhren Fischer bis nach Neufundland, um dort Kabeljau zu fangen – ein lukratives Geschäft trotz der langen Reise. Der Fisch wurde vor Ort gesalzen und in die europäischen Kolonien Westindiens transportiert, als Hauptnahrungsmittel für die Sklaven die dort auf den Plantagen schufteten.
Last but not least war Saint Malo eine Hochburg der Korsaren. Das sind staatlich beauftragte, private Seefahrer, die zur Unterstützung der Seestreitkräfte auf Kaperfahrt gingen. Piraten im Dienst des Königs. Ziel ihrer Plünderungen und Zerstörungen waren vor allem Handelschiffe feindlicher Nationen. Die Korsaren behielten einen Teil der Beute für sich, der Rest ging an die Krone. Das war international übliche Praxis bis ins 19. Jahrhundert. Noch heute „feiert“ Saint Malo seine Freibeuter Duguay-Trouin und Surcouf.
Unter den Ludwigen XIV. und XV. wurden die Festungsanlagen und das herzogliche Schloss grundlegend aufgemotzt – man ahnt es schon: Vauban was here. Die hiesige Strategie war einfach: Eine 7 Meter dicke Mauer mit Wehrtürmen drum, Kanonen drauf, fertig. Auch zwei der vorgelagerten Inselchen wurden mit Forts befestigt.
Bei dem Wetter! Muss am Golfstrom liegen.
Im 19. Jahrhundert verlor Saint Malo an militärischer Bedeutung und auch wirtschaftlich ging es bergab, da die lukrativen Erwerbszweige Fischen in fremden Gewässern, Freibeuterei und Sklavenhandel wegfielen. Dafür entwickelt sich der Tourismus: Nebenan in Dinard entstand ein mondänes Seebad, von dem auch Saint Malo etwas ab bekam und man pflegte einen Kunst- und Literaturtourismus, hatte man doch mit François-René de Chateaubriand einen berühmten Schriftsteller in petto. Der war zwar mehr Politiker, Philosoph und Reisebuchautor, gilt aber trotzdem als Begründer der französischen Romantik*. Da er bereits 1848 verstorben war, bekam er von dem Rummel um ihn aber nichts mit. Zu seinem Grab auf der Insel Grand Bé pilgern die Romantiker. Bei Ebbe.
* und als Erfinder des gleichnamigen Steaks für 2 Personen.
Apropos Ebbe:
In der Bucht von Saint-Malo gibt es einen der größten Gezeitenunterschiede Europas, bis zu 14 Meter Differenz liegen zwischen Niedrig- und Hochwasser. Drei der vorgelagerten Inseln sowie das Vauban-Fort National kann man bei Ebbe trockenen Fußes erreichen. Wegen des großen Tidenhubs gibt es in der Nähe noch eine Besonderheit, aber die kriegen wir später.
1940 wurde Saint Malo von den Deutschen besetzt. Im August 1944 legten alliierte Bomber die Innenstadt von Saint-Malo zu 80 Prozent in Schutt und Asche – tragischerweise, denn die deutschen Soldaten waren abgerückt und verschanzten sich auf der Insel Cézembre. Dort leisteten sie auch nach der Zerstörung von Saint Malo noch fast einen Monat lang Widerstand.
Die Bürger von Saint Malo machten sich nach Kriegsende an den Wiederaufbau ihrer Stadt – originalgetreu nach alten Plänen und Abbildungen (zum Glück gibt es ja viele). Bereits nach 10 Jahren war das meiste geschafft.
Zu Recht sind die Einwohner sehr stolz auf ihre Stadt und auf sich selbst. Ihr Leitspruch lautet: „Ni Français, ni Breton, Malouin je suis“ (weder Franzose, noch Bretone, Einwohner von Saint-Malo bin ich).
Heute hat Saint-Malo knapp 50.000 Einwohner und ist auch ein wichtiges Industriezentrum. Die Betriebe befinden sich aber alle „extra muros“, also außerhalb der (Stadt-)Mauern.
Von nämlichen Mauern sind wir natürlich auch wieder runter gestiegen und durch den Altstadtkern spaziert. Vorher gab es aber noch Galettes und Crèpes in der Cidrologie Saint Anne. Hier speist man nobel mit Stoffservietten und Silberbesteck!
Für mich geht dann endlich ein Traum in Erfüllung 😉😂: Die Fahrt mit dem Petit Train 🤗. Seit Jahren liege ich Volker in den Ohren, wir mögen doch mal mit dem Touristenbähnchen fahren, aber irgendeinen Grund dagegen gibt es immer.
Nun gut, ich gebe es zu, soooo dolle war es nicht, aber irgendwie doch ein erhebendes Gefühl drin zu sitzen, und raus zu schauen, statt von draußen rein zu gucken.
Trotzdem laufen wir uns nach der Fahrt die Hacken ab 😂 und stromern durch die bunten, umtriebigen Straßen.
Zum Abschluss des Besuchs drehen wir mit dem Fahrrad eine komplette Runde um’s Ort und kommen an den Stränden von Saint Malo vorbei.
Ganz zum Schluss schlendern wir noch auf der großen Mole des Noires bis vor zum Leuchtturm – wohl einer der schönsten Blicke von hier auf die Festungsstadt.
Der rote Wasserbus bringt uns dann wieder zurück nach Dinard und wir chillen noch 2 Stündchen zu Hause, bevor wir uns wieder auf den Weg in die Stadt machen. Genauer: Zur Strandpromenade mit dem romantischen Namen Clair du lune – Mondschein.
Nun, von Mondschein kann keine Rede sein, es ist fast Neumond und die restliche Sichel geht zudem erst gegen halb drei Nachts auf. Wir sind auch nicht wegen des Mondscheins gekommen, sondern wegen künstlicher Beleuchtung bei son et lumière – Livemusik mit romantischer Lightshow. Die gibt es ab 1. Juli jeden Abend ab 21:30 Uhr. Ich hab extra heute morgen in der Touri-Info gefragt und ja – es beginnt heute Abend!
Doch Pustekuchen: Nicht nur kein Mond, auch kein lumière und vor allem keine Musik. Weder live noch sonstwie. Auch keine Menschen, die sich darüber wundern. Scheinbar sind wir die einzigen, die hier etwas erwarten. Dabei gibt es das Programm auf einem flyer in der Touri-Info. Sehr seltsam. Am nächsten Tag in nämlichem Informationzentrum wusste man von nichts, wollte sich aber kümmern.
Nun denn, wir schlendern im nicht vorhandenen clair de lune, erfreuen uns am ebenfalls nicht vorhandenen Wasser (Ebbe 🤷♀️) und genießen die Stille.
Immerhin taucht die ums Eck untergehende Sonne die Felsen in wirklich rotes Licht und auch Saint Malo scheint zu leuchten.
**************************************
Am Dienstag steht die Besichtigung von Dinard an.
Den Ort gab es bis vor etwa 150 Jahren gar nicht: Hier waren Felder, Bauerngehöfte und Fischerhütten. Dann geschah in etwa das Gleiche wie in Camaret: Findige Investoren erkannten das Potential des Ortes, kauften das Land und schufen um die Jahrhundertwende einen mondänen Badeort mit Villen für die Superreichen, schicken Hotels für die Wohlbetuchten und einem Casino für die, die eins von beiden werden wollten. Es waren vor allem Briten und Amerikaner, die bis Ende der 1920er Jahre die vornehmen Resorts besuchten. Dann machte die Weltwirtschaftskrise dem Boom ein Ende und der 2. WK tat sein Übriges.
Am Strand von Dinard begegnen wir ganz unerwartet diesem Herrn ➡
Alfred Hitchcock verbrachte hier bisweilen seine Ferien und man munkelt, dass das Haus in „Psycho“ einer der hiesigen Villen nachempfunden ist. Szenen für die Vögel wurden hier aber nicht gedreht, die entstanden alle in Kalifornien.
Jedes Jahr im Oktober findet in Dinard ein britisches Filmfestival statt, und zum 20-jährigen Jubiläum stellte man die Statue des wohl berühmtesten britischen Regisseurs hier auf – mitsamt Vögeln.
Wir schauen uns einige Fassaden an, die von dem Künstler Isidore Odorico mit herrlichen Mosaiken im Art deco-Stil verziert sind. Wie sich das der Metzger Chatellier hat leisten können, wissen wir nicht, denn Odorico war schon zu Lebzeiten sehr gefragt. Er hat nur an Bauwerken gearbeitet, Fassaden und Böden gestaltet.
Dann geht es zum Höhepunkt – im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich zu den Villen auf der Pointe de la Malouine. Sie entstanden so ca. zwischen 1880 und 1910, ein reicher Investor, Auguste Poussineau, kaufte das Land, parzellierte es, schuf die Infrastruktur und verkaufte die Grundstücke an reiche Industrielle, Kaufleute, Bankiers und Aristokraten, die dort herrschaftliche Villen bauen ließen. Baupläne waren im Preis inbegriffen.
Die meisten dieser Villen sind erhalten und immer noch in Privatbesitz. Eine gehört der Familie Renault, eine andere war ihren Besitzern wohl zu teuer geworden und wurde der Stadt vermacht. Zu jeder der Villen kann man Geschichten erzählen, über die Besitzer, die Bewohner, die illustren Gäste. Alles was Rang und Namen hatte, traf sich irgendwann hier.
Besonders schön sieht man sie natürlich aus der Ferne, so gehen wir zu den Aussichtspunkten und hinunter auf den Küstenpfad, um sie bewundern zu können.
Unterhalb verläuft der GR 34, der Zöllnerweg
Hinten links Petit Bé mit Fort, dann Grand Bé (Grab Chateaubriand), Fort Nationale (auch Vauban). Rechts Saint Malo
Es gibt noch ein Dutzend mehr Villen, aber irgendwann is‘ ja mal gut. Wir machen Feierabend und radeln nach Hause. In Volker regt sich ein Hüngerchen und er giert nach dem halben kouign amann, den wir noch gebunkert haben. Der hat geschätzt 5.000 Kalorien an Zucker und Butter und sollte reichen 😋.
*******************************
Bevor es Morgen schon wieder weiter geht, müssen wir heute am Mittwoch noch ein paar Restbestände aufarbeiten. Eigentlich nur einen, aber ich entdecke noch eine weitere Sehenswürdigkeit in der Nähe.
Jetzt aber Schluss mit der Geheimniskrämerei, es geht um das Gezeitenkraftwerk in der Rancemündung. Ich erwähnte wohl schon, dass der Tidenhub hier gewaltig ist, über 10 Meter kann er betragen.
Haben wir alle mal gelernt, aber ich für mein Teil hatte zumindest die Hälfte wieder vergessen. Deshalb hier der Erklärbär:
Die Gezeiten entstehen vor allem durch die Gravitationskräfte des Mondes. So wie es die „Erdanziehung“ gibt, gibt es auch die „Mondanziehung“: Auf der mondzugewandten Seite wird das Wasser Richtung Mond gezogen (das Land theoretisch auch, praktisch bewegt es sich aber nicht). So entsteht dort ein Flutberg. Auf der mondabgewandten Seite schwächt der Mond die Erdanziehung, das führt dazu, dass die Fliehkraft der Erdrotation stärker zum Tragen kommt und es entsteht ein zweiter Flutberg.
Eine genaue Erklärung findet man hier. Da wird auch erklärt, warum der Hub nicht überall gleich ist. Kurzfassung: Es hängt von der Küstenform und Wassertiefe ab und vom Aufschaukeln (Resonanz) der Flutwellen.
In diesen Gezeitenbewegungen steckt irrsinnig viel Energie, die der Planet sozusagen „verplempert“. Es ist also mehr als naheliegend, diese Energie zu nutzen. Das taten schon unsere Vorfahren mit den Gezeitenmühlen, wie wir sie bereits gesehen haben. Sie wandeln die kinetische Energie des steigenden Wassers in potentielle (Lage)Energie in einem Staubecken um und machen dann wieder nutzbare Bewegungsenergie draus, indem das Wasser über ein Mühlrad abgelassen wird.
Das moderne Gezeitenkraftwerk macht im Prinzip nichts anderes, nur wird die Bewegungsenergie zusätzlich in elektrische Energie umgewandelt. Das Pendant zum Mühlrad ist der Propeller bzw. die Turbine, diese setzt in einem Generator eine Spule in Bewegung die sich in einem Magnet(feld) dreht. Dabei wird Spannung induziert, die man abgreifen kann: Zack – hat man elektrische Energie. Hab ich zwar nie wirklich kapiert, ist aber so!
Das Prinzip ist also klar – nur wie sieht so was in groß aus? Das kann man sich hier anschauen. Allerdings sieht man nicht viel, eigentlich nur eine Schleuse, einen Damm und noch einen Damm. Führungen gibt es nur nach Voranmeldung mit 2 Tagen Vorlauf: Die französische Regierung hat besondere Sicherheitsvorkehrungen für sensible Anlagen angeordnet, weil die Terrorwarnstufe hoch ist. Also schauen wir uns außen die Erklärtafeln an und es gibt auch ein kleines Video.
Im Grunde genommen ist das Kraftwerk nichts weiter als ein Staudamm, in dessen mittlerem Teil unten 24 Turbinen eingelassen sind. Wenn Wasser durch sie strömt, egal in welche Richtung, produziert die Anlage Strom. Allerdings arbeiten die Turbinen erst ab einer gewissen Drehgeschwindigkeit optimal, deshalb muss man etwas nachhelfen: An der Seite ist ein ca 100 Meter breiter beweglicher Damm (Stauwehr), den man öffnen und schließen kann. Wenn die Tide steigt, öffnet man den Damm, um das dahinterliegende „Bassin“ – es ist das Flussbett der Rance – schnell zu füllen. Ist der Höchststand hüben wie drüben erreicht, schließt man den Damm und die Turbinenschächte, während auf der Seeseite durch die einsetzende Ebbe der Wasserspiegel sinkt. Bei einer Höhendifferenz von ca. 4 Metern, werden die Turbinen geöffnet und angeworfen: Die Anlage produziert nun Strom. Bei Flut macht man es grad umgekehrt.
Anscheinend haben die Franzosen mit dieser Anlage sogar ein Perpetuum mobile geschaffen, denn anders kann ich mir diese Beschreibung nicht erklären:
Vielleicht ist es aber auch nur komisch übersetzt. Sie meinen wohl, dass die Turbinen überschüssigen Strom verwenden um im „Schiebebetrieb“ Wasser in das Reservoir zu „schaufeln“, wie bei einem Pumpspeicherkraftwerk.
Diese Anlage ist eines von nur zwei Gezeitenkraftwerken weltweit und wurde schon 1966 in Betrieb genommen! Das zweite steht seit 2011 in Südkorea.
Es liefert ein wenig mehr an Spitzenleistung, 254 gegenüber 240 MW. Das ist aber nur die theoretische Höchstleistung, im Mittel werden 60-70 MW erreicht. Das macht um die 600 GWh pro Jahr, 17% des Strombedarfs der Bretagne. Zum Vergleich: Ein AKW liefert so um die 10.000 GWh, ein modernes Windrad 8 GWh. Ein Gaskraftwerk bringt es auf 4.000 bis 5.000 GWh, ein großes Kohlekraftwerk bis zu 17.000 GWh.
Nun fragt man sich, warum gibt es so wenige Gezeitenkraftwerke? Es ist einmal der riesige Aufwand, der beim Bau und beim Betrieb anfällt. Zum Bauen muss man jahrelang in Trockendocks arbeiten und ganze Gewässer leer pumpen. Das Salzwasser macht die Instandhaltung schwierig und Schlamm etc. behindern den Betrieb. Verlandung und Versalzung und die Blockade von Passagen für Meerestiere sind ökologische Probleme. In Anbetracht der moderaten Leistung werden solche Kraftwerke heutzutage nicht mehr geplant. Statt dessen rücken Meeresströmungs-Anlagen in den Fokus, bei denen im Grunde genommen nur eine Turbine frei am Meeresboden verankert wird. Man stellt sie in die Strömung, wie ein Windrad in den Wind. Davon gibt es seit den 2010er Jahren einige Testanlagen.
Wir nehmen mit den Fahrrädern den Weg über den Damm – sehr unangenehm, weil man über Gitterroste fahren muss. Doch die wahre Herausforderung erwartet uns erst auf der anderen Seite: Ein Stück weit geht der offiziell ausgeschilderte Fahrradweg über den GR 34. Holla die Waldfee, über Stock und Stein und steil bergauf.
Es ist der einzige Weg zu unserem nächsten Ziel, dem Schiffsfriedhof von Quelmer. Schiffswracks üben irgendwie einen besonderen Reiz aus und hier haben sie noch einen besondern Touch, denn Streetart-Künstler haben sie als „Leinwand“ benutzt. So nagt der Zahn der Erosion an beidem: an den Wracks und an den Bildern.
Für den Rückweg entscheiden wir uns für die Route über Sant Malo und kommen so noch in Aleth vorbei, der ursprünglichen Siedlung südlich von Intra muros, sozusagen hinter dem Hafen von Saint Malo gelegen. Heute segeln hier die großen Trimanane mit ihrer markanten schwarzen Takelage vor der Kulisse der Pointe Malouine in Dinard.
Wir nehmen von Saint Malo aus wieder das Schiffschebootsche nach Dinard (diesmal die Konkurrenz zu den Bateaux rouges), kostet zwar 19 Euro, aber das ist es uns allemale wert, um nicht den gleichen Weg zurück nehmen zu müssen.
Zurück am CP packen wir die Bikes wieder auf den Fahrradträger: Morgen verlassen wir Saint Malo und auch die Bretagne. Unser nächstes Ziel liegt schon in der Normandie.