Sauna, Sonne, Saarland …Sprunggelenk

13.-21. Januar 2025

Zum Murmeltiertag am 14. Januar ist es fast schon Tradition: Irgendwo hin fahren, wo wir den Geburtstag und Hochzeitstag – es ist der 42ste, Granathochzeit – gemütlich verbringen können. Zur Wahl standen Schlemmen im Haus Vennblick und danach Maastricht oder Wellness in der Saarlandtherme und anschließend Besuch bei der Verwandtschaft, so lange man sie noch überirdisch antrifft. 

Die Wahl fällt auf die zweite Option, wobei die Therme und das schlechte Gewissen den Ausschlag  gegeben haben.

Zu Hause haben wir den HoGo aus dem Winterschlaf geweckt (kaum dass er in ihn gefallen ist) und wieder mit Frischwasser befüllt. Es steht eh noch ein Besuch in Dresden an und Anfang Februar ein etwa 2-wöchiges WoMo-Exil, während unsere Wärmepumpe installiert wird und das Haus kalt bleibt. Da isses schon besser, wir haben fließend Wasser!

Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir also am Montag über  Hornbach (Gas), Tegut (Proviant) und Obi St. Ingbert ( AdBlue) nach Kleinblittersdorf und beziehen Quartier auf dem bereits bekannten schönen Stellplatz direkt neben der Saarland-Therme.

Volker bringt von der Anmeldung noch ein Fläschchen Pfälzer Merlot mit (vom Weingut Nett in Duttweiler 😍, und ich köchele uns ein schönes warmes Zitronen-Linsen-Hühnersüppchen.

Dabei stimmen wir uns per Podcast auf das Saarland ein. Stichworte sind hier die Schlacht bei Spichern im Deutsch-Französischen-Krieg sowie das sog. Saarstatut. Aber davon später mehr.

Den 14. Januar verbringen wir wie geplant in der Therme, wieder ganz wunderbar 😅 mit Abendessen zum Abschluss.

Am Mittwoch morgen geht Volker Walken und ich will das WoMo-WC schonen und fix zur Stellplatz-Toilette gehen. Ich weiß nicht, was mich geritten hat, in meinen ollen roten Crocs die Abkürzung über die kleine Stellplatz-Böschung zu nehmen. Sie ist ja klar erkennbar mit raureifigem Gras bedeckt. Das muss also schiefgehen und tut es dann auch sehr gründlich: Die Füße rutschen nach vorne weg, ich lande auf dem Po, das rechte Knie geht nach innen, der Fuß nach außen, knallt auf den geraden Boden und ich höre es knacken 😱. Mir ist sofort klar, dass hier was Übles passiert ist.

Die Schräge vor Hogos Tür haut Uschi die Füße weg

Ich alarmiere Volker, mach mir ‘ne Tasse Kaffee und erkundige mich beim Notruf, wo die nächste Notaufnahme ist. Klinikum Saarbrücken auf dem Winterberg.

Volker parkt den sperrigen HoGo etwas dreist vor der Notfallambulanz und wir melden uns in dem proppevollen Raum an. Mehrere Stunden Wartezeit, je nach „Not“fall. Ich lande in der obersten Kategorie und weil ich ja eh ins Röntgen muss, dauert es nur knapp 1 Stunde. Dann geht alles seinen Gang:

Das Röntgenbild zeigt nicht einen, nicht zwei, nein, es zeigt drei Frakturen (nennt man trimalleolär), eine OP ist unumgänglich und da ich bis auf eine Tasse Kaffee um 9 Uhr nüchtern bin, organisiert Notarzt Bernardy gleich das volle Programm. Ich kriege ein EKG, einen Zugang, darein eine Pulle Novalgin und eine Schiene und lande in einem Krankenhausbett. Mit dem rollt mich die schnittige Tanja nochmal ins Röntgen, rammt ein anderes Bett und ruft dem darin stöhnenden Mann ein „dut mir lääd“ hinterher 😂😂😂 – wie im Slapstick (findet der Mann sicher nicht lustig). Aber alle sind voll nett und echt saarländisch. Immer wieder heißt es Ei jo 😂. Wie bei Familie Becker.

Volker findet einen guten Stellplatz in Laufweite zur Klinik (die Parkplatzsituation hier oben ist katastrophal) und um 16:15 Uhr werde ich von Frau Klein in den OP geschoben. Ich habe mich mit der Anästhesistin schon auf eine Vollnarkose geeinigt, da kommt ein junger Arzt vorbei und stimmt uns um auf eine Spinalanästhesie: Mit der Nadel zwischen den Dornfortsätzen hindurch wird Betäubungsmittel direkt in den Spinalkanal injiziert. Danach bin ich die Frau ohne Unterleib, da spürt man echt nix mehr, ich kriege noch deutschen HipHop auf die Ohren und dann beginnt das Schrauben, Bohren und Hämmern. Um 18:45 Uhr bin ich fertig versorgt und darf mich noch 45 Minuten, die anderthalb Stunden dauern, im Aufwachraum langweilen. Also spiele ich mit der Pulsfrequenz und atme die Sauerstoffsättigung hoch auf 100 %.

Der gute Volker hat tapfer gewartet und nimmt mich auf Station in Empfang. Ich kriege sogar noch was zu essen.

Die Nacht ist OK, meine Mitbewohnerinnen (zwei alte Frauen, eine Deutschrussin mit schlechtem Deutsch, die andere „nur zu Besuch“) schlafen recht ruhig und meine Schmerzen halten sich erfreulich in Grenzen. Schwester Olga, eine stattliche Kamerunerin, hat alles im Griff.

Um halb 2 in der Nacht kommt die Ärztin, die mich operiert hat, und meint, alles sei gut verlaufen, Knochen stabil und gut gerichtet. Damit das so bleibt darf ich nun 6 Wochen nicht auftreten. Ei jo.

Wie lange ich hier noch bleibe, weiß man nicht so genau, ich schätze 2-4 Tage, können auch mehr werden. Im Krankenhaus laufen die Uhren anders.

Heute nachmittag kommt Onkel Stefan mich besuchen, das war andersrum geplant, so ist auch schön!

So vergehen die Tage. Und Nächte. Zum Glück kann ich ganz gut schlafen. Die Entlassung wird mal fürs WE in Aussicht gestellt aber dann wird es doch Dienstag: ich muss erst den „Treppenschein“ machen: mit Krücken Stufen hoch und runter. Boah, da fehlt es an Kraft!

International geht es hier zu. Grade sind im Zimmer: Eine kurdische Patientin, eine Albanerin (Krankenschwester), Oma Grötsch aus Russland, eine Saarländerin und ich.

Liebevoll umsorgt werde ich auch von Volker, der tapfer die Stellung hält: in einer Wohnstraße mit (vor allem) Bungalows vergangener Chefärzte hat er eine der extrem raren Parklücken ergattert und stellt sich gut mit den Chefarztwitwen. Ein bisschen Mitleidstour, ein bisschen Charme und meine Schlüsselbänder als Dankeschön … läuft! Er bekommt sogar Geschenke für die verunfallte Gattin: französische Pralinés und Butterstollen (nun, der war wohl übrig 😂).

Am Dienstag, den 21.1. geht es nach Hause. HoGos Batterie ist nach knapp einer Woche Freistehen ohne Stromanschluss und im Januar mit zu wenigen Photonen auf die PV-Anlage auch allmählich am Ende. Nach vielen Telefonaten ist alles parat: Orthopäde, Physiotherapie (unsere treue Tanja) und Hausärztin. Das ist aber nun Frau Spiegelhoff, die Praxis Soltani steht nämlich unter Wasser. Wasserrohrbruch in Mikes Wohnung 💦🌊.

Eijo …

Volkers Programm derweil

Auf und um den Winterberg

Während Uschi in der Klinik Winterberg ihre ersten Tage der Genesung verbringt, lebe ich nun in 250 Meter Luftlinie von ihr entfernt und außerhalb der gebührenpflichtigen Zone äußerst gemütlich im HoGo. Ich besuche natürlich Uschi mehrmals am Tag, treibe Gymnastik vor dem HoGo und mache täglich Ausflüge in die Umgebung.

Geocachen auf dem Winterberg rund um die Klinik. Das orangene Zeichen zeigt Hogos Position.

Saarbrücken

Nachdem ich den Winterberg soweit erledigt habe, erweitere ich den Horizont und gehe zu Fuß in die Stadt. In knapp einer halben Stunde erreiche ich das Saarbrücker Schloss und besuche das in unmittelbarer Nachbarschaft liegende Historische Museum Saar. Uschi und ich hatten uns ja zu Beginn unseres diesjährigen Saarlandes mit dem historischen Podcast ein wenig eingegroovt.

Das Museum bietet eine sehr gut gemachte Slide-Show zum ständigen Hin- und Her des Saarlandes.

  • 1870/1871 Nach dem Deutsch-Französischen-Kriege annektiert das Deutsche Reich Elsass-Lothringen, und das Saarland verliert seine Grenzlage.
  • 1918 Nach der deutschen Niederlage im 1. Weltkrieg wird Elsass-Lothringen wieder französisch.
  • 1920 Der Versailler Vertrag bestimmt die Abtrennung des Saargebiets von Deutschland. Das Saargebiet steht unter der Verwaltung des Völkerbundes. Die saarländischen Gruben sind im französischen Besitz.
  • 1935 Der Versailler Vertrag sah allerdings auch eine Volksabstimmung im Saargebiet vor. Das Ergebnis: 0,4% Vereinigung mit Frankreich, 8,87% Status Quo, 90,73% Vereinigung mit Deutschland.
  • 1939 – 1945 Im Zweiten Weltkrieg besetzen deutsche Truppen Luxemburg und große Teile Frankreichs.
  • 1945 Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg kommt das Saarland unter französische Militärverwaltung.
  • November 1947 Der Franc wird das alleinige Zahlungsmittel und ein saarländischer Staat entsteht. Ab 1948 besitzt das Saarland eine eigene Verfassung, Flagge und Fußball-Nationalmannschaft. Es besteht eine Wirtschaftsunion mit Frankreich. Die saarländischen Gruben kommen erneut unter französische Verwaltung.
  • 1955 stimmt das Saarland ab, ob es ein eigener Staat unter europäischer Kontrolle sein möchte, das sog. Saarstatut. 32,29% stimmen dafür, 67,71 dagegen.
  • 1957 Die Ablehnung führt zur Angliederung an Deutschland, und das Saarland wird zehntes Bundesland. Mit der Einführung der Deutschen Mark erfolgt die wirtschaftliche Rückführung.

Die Positionen zu den Volksabstimmungen 1935 und 1955 werden äußerst aufschlussreich anhand der damaligen Wahlplakate aufgezeigt. Die Plakate zu den großdeutschen Phantasien im Jahre 1935 spare ich mir.

Der saarländische Ministerpräsident (1947 – 1955) befürwortete das 1954 zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland ausgehandelte Saarstatut zur „Europäisierung“ des Saarlandes im Rahmen der Westeuropäischen Union. Die Saarländer mochten dies allerdings mehrheitlich nicht. Obiges Plakat ist Synonym für den Widerstand.

Im Zuge unseres letztjährigen Saarlandbesuchs hatten wir uns ja schwerpunkmäßig mit der Eisenindustrie befasst und das Weltkulturerbe Völklinger Hütte sowie das Saarpolygon besucht.

So bedeutend Carl Röchling für die Etablierung des Eisenindustrie in der Region war, so bedenklich und verabscheuungswürdig war seine Rolle in der Kollaboration mit den Nazis und seine Rekrutierung von zig tausend ZwangsarbeiterInnen während des Zweiten Weltkriegs.

Vom Historischen Museum aus führt eine Treppe hinab in die Vergangenheit. 14 m unter der Erde sind die eindrucksvollen Architekturzeugnisse vom 13. bis ins 18. Jh. zu besichtigen.

Auf den Fundamenten der ehemaligen Burganlage ist das erste Saarbrücker Schloss aus der Zeit der Renaissance im 16. und 17. Jahrhundert erbaut. Beeindruckend sind auch die Wehranlagen und Kasematten des Renaissance-Schlosses

Nach gut drei Stunden Besuch des wirklich sehenswerten und interessanten Historischen Museums bin ich wirklich fix und alle. In der Ludwigskirche verspachtele ich sodann meine mitgebrachten Stullen, um wieder zu Kräften zu gelangen.

Zum Schluss meines erfüllten Tages mit ganz viel Saarbrücker Historie wechsele ich auf die andere Saarseite nach St. Johann und kehre zum frühen Abendessen ins Restaurant ÏU Saarbrücken ein.

Über die Alte Brücke mache ich mich auf zur Buslinie 108, die mich direkt und ohne Umsteigen zum Klinikum Winterberg, zur Uschi und zum Hogo fährt.

Die Erstürmung der Anhöhe von Spichern

Am nächsten Tag widme ich mich dem zweiten Thema unseres Pocasts am ersten Abend unserer Saarland Tour – der Schlacht auf der Spicherer Höhe im Deutsch-Französischen-Krieg am 6. August 1870. Der Landkarte ist zu entnehmen, dass sich die Location geradezu anbietet, wenn man auf dem Winterberg weilt. Zum Glück ist das Wetter phantastisch, blauer Himmel und schöne Aussichten. Und wenn man da wandert, ist bestens zu erfahren, dass die Franzosen glaubten, sie seien auf der Anhöhe den angreifenden Preußen gegenüber klar im Vorteil. Aber dem war nicht so. Fehleinschätzungen und taktische Fehler auf Seiten der Franzosen erlaubten den Preußen, wenngleich unter beachtlichen Verlusten, die Höhe einzunehmen.

In dem Gefecht starben 850 preußische Soldaten, 4.000 wurden verwundet. Auf französischer Seite fielen 320 Soldaten, 1.660 wurden verwundet und 2.100 gerieten in Gefangenschaft.

Die Schautafeln auf der Höhe sind sehr zahlreich und informativ. Ich reduziere dies auf die für mich zwei wesentlichen Tafeln.

Der „Friede von Frankfurt“ vom 10. Mai 1871 regelt nach Kriegsende die Friedensbestimmungen. Neben hohen Reparationszahlungen muss Frankreich folgende Gebiete abtreten:

  • das Elsass,
  • das ehemalige Departement Mosel, mit Ausnahme von Briey,
  • die Landkreise Chateau-Salins („Salzburg“) und Sarrebourg („Saarburg“), (ehemals Teile des Departements Meurthe),
  • Die Kantone Saales und Schirmeck in den Vogesen.

Diese an das Deutsche Reich abgetretenen Gebiete werden zum Reichsland erklärt und die Deutschen treiben eine progressive Germanisierung voran (Unterricht der deutschen Sprache, Schaffung administrativer und wirtschaftlicher Strukturen usw.).

Dieses Denkmal ist den am 6. August 1870 gefallenen französischen Soldaten gewidmet. Der Standort wurde so gewählt, dass das 15 Meter hohe Denkmal vom Saartal aus sichtbar ist. Das Denkmal wurde am 30. September 1934 im Beisein von über 10.000 Personen im Geiste der Versöhnung eingeweiht, da am selben Tag an den deutschen Denkmälern auf dem Gelände ebenfalls Kränze niedergelegt wurden.

Auf dem Rückweg über die Rother Höhe ist der strategische Vorteil der Verteidigungsstellung gut zu erleben. In der Ferne ist die Klinik Winterberg zu sehen.

Für die schöne Wanderung belohne ich mich in der Tabaksmühle mit Kaffee und Kuchen.

Am folgenden Tag, Montag den 20. Januar gehe ich nochmal zu Fuß in die Stadt zum Abendessen. Am Dienstag wird Uschi aus der Klinik entlassen und wir fahren aus dem schönen Saarland wieder nach Hause.

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