Carentan-les-Marais

31. Mai bis 2. Juni 2025

Die vier Tage in Bayeux hat’s wirklich gebraucht. Es gab doch sehr viel zu sehen und zu erleben. Wir könnten eigentlich eher noch langsamer reisen. Wie auch immer, die Reservierung auf dem Campingplatz in Bayeux ist nun rum, und Uschi hat uns für morgen in Carentan-les-Marais eine schnuckelige Bootstour organisiert. Bis um 12 Uhr müssen wir den Campingplatz verlassen haben, also gehen wir es gemütlich an.

Ich gebärde mich zunächst mal als Gollum 🤣. Ganz üble Harztropfen von der Kiefer über uns sind zu entfernen.

An der Dumpe erleben wir unser wahres Schlauch-Wunder. Vor allem alles andere als appetitlich ist das. Wir lassen nur ab, frisches Wasser nehmen wir mit dem uns hier gebotenen Gedöns nicht an Bord. An unserem heutigen Zielstellplatz können wir auch Frischwasser tanken. So begeben wir uns auf Weiterreise. Auf der Karte sieht man auch die Halbinsel Cotentin, auf der wir die nächsten Tage unterwegs sind.

Von Bayeux (H) an den Ausfahrten zu Ohama-Beach und Point-du-Hoc vorbei nach
Carentan-les-Marais (I), 47 km
Auch Heiner, die Fußmatte, kommt mal wieder zum Einsatz.

Wir komplettieren die Wagenburg des Camping Car Park am Port de Plaisance in Carentan. Sieht „schlimmer“ aus als es ist, neben dem Hogo können wir uns ganz gemütlich im Grünen einrichten.

Während Uschi bloggt und uns ein lecker Essen zubereitet, mache ich mal wieder Schritte. „Du kannst ja mal ein paar Caches einsammeln“, motiviert mich Uschi. Gesagt, getan.

Der absolute Hammer allerdings ist die durchaus viel befahrene Brücke, an der ich auch einen Cache gesucht habe. Nach deutschen Verhältnissen wäre die Brücke schon längst verbarrikadiert und gesperrt.

Hier in Frankreich schraubt man über die maroden Holzbohlen einfach ein paar Sperrholz-bretter drüber und fertig ist der Lack. Während ich etwa fünf Minuten lang den Cache suche, passieren gut zwanzig Autos die Brücke, während die Bohlen ächzen und jaulen. Da beklagen wir uns in Deutschland über Infrastrukturprobleme.

Am Sonntag Morgen heißt es recht früh aufstehen, denn wir sollen um 10 Uhr an der Embarcadère (Anlegestelle) der Bateliers des Marais du Cotentin sein. Gesagt, getan. Während unser Kapitän als Mädchen für alles noch die Fensterscheiben wienert, trudeln nach und nach 24 Fahrgäste ein, damit ist das 70-Personen-Schiff nur mäßig besetzt. Sehr angenehm!

Wegen der geringen Tiefe des Flusses hat das Schiff einen Plattboden und nur 40 cm Tiefgang

Pünktlich legt die Rosée du Soleil ab (und nein, das heißt nicht Morgenröte, sondern Sonnentau 🤭).


Das Feuchtgebiet im Süden der Halbinsel Cotentin entstand nach der letzten Eiszeit, als das Schmelzwasser den Meeresspiegel anhob und Salzwasser in die tiefen Flusstäler eindrang. Die Gezeiten lagerte Ton und Sand ab, der wiederum ein weiteres Eindringen des Meeres verhinderte. Über die nächsten 5.000 Jahre bildete sich eine Torfschicht. Die wurde dann durch einen nochmaligen Anstieg des Meeres und weitere Ablagerungen eingeschlossen und versteinert. Die einst tiefen Täler wurden dabei aufgefüllt, aber es blieben bis heute zahlreiche kleine und 5 größere Wasserläufe. Einen davon, den Fluss Taute, befahren wir heute.

Der Regen, vor allem heftige Winterregen setzten und setzen dieses Feuchtgebiet unter Wasser und wegen des geringen Gefälles und dem Einfluss der Gezeiten der nahen Küste kann es nicht ablaufen.

Seit hunderten von Jahren hat man versucht, die Sümpfe zugänglicher und nutzbar zu machen, gelungen ist es im 16. Jahrhundert dem Marschall Bellefonds. Er erfand Fluttore, die in die großen Wasserläufe eingebaut wurden: Wie Schleusentore sind sie im Winkel in Richtung Meer gebaut, sie öffnen sich, wenn Wasser ausströmt, schließen sich wenn es eindringt. Eine genial einfache und effektive Konstruktion. Hinzu kommt ein System von Kanälen und Entwässerungsgräben. So gelang es, die Sümpfe trockenzulegen und Weideland zu gewinnen. Auf 80% der Fläche grasen heutzutage Milchkühe!

Allerdings nur von Mai bis Oktober: Die Winter- und Frühjahrsregen verwandeln die Marais verts, die grünen Sümpfe, in die Marais blancs, die weißen: Der trübe Winterhimmel spiegelt sich in den überfluteten Wiesen und verschmilzt mit ihnen zu einer riesigen, homogenen Fläche. Ein white-out ohne Schnee, sozusagen.

Entwässerungsgraben
Sperrwerk
Fluttor
Funktionsweise

Während wir langsam dahinschippern, erklärt unser Guide Nummer 2 (die Namen nennen sie uns leider nicht oder ich hab’s nicht mitgekriegt) Fauna und Flora. Und da gibt es reichlich was zu sehen! Freie Auswahl für das Animal of the Day!

Zahllose Schwaben auf Insektenjagd

Vieles haben wir aber auch gar nicht fotografieren können, z.B. die pfeilschnellen Eisvögel, die vor uns vorbeiflitzen. Hecht, Zander und Aal bleiben unter Wasser, ebenso die Blutegel, die man früher hier gesammelt und an Apotheken verkauft hat. Dazu wurden geflochtene Schnüre ins Wasser gehängt, an denen sich die Tierchen festgesetzt haben. Hab leider nicht verstanden, aus welchem Material und vergessen nachzufragen 🤭.

Mein AoD ist der kleine Terrier unserer Sitznachbarn. Ein lebhaftes Kerlchen (Terrier halt) aber eigentlich ganz brav. Bis unser Guide die Plastikmodelle der heimischen Enten präsentiert. Da dreht er durch und kläfft und jault – das ganze Boot amüsiert sich köstlich! Das Kerlchen hört übrigens (wenn es hört) auf den Namen … Opium 🤣🤣🤣. Ich hab extra nachgefragt und Frauchen hat es bestätigt. Opium – von Yves St. Laurent.

In der Ferne kommt nach gut einer Stunde unser Tagesziel in Sicht, die Eclusière, das Schleusenwärterhäuschen von Les Graines.

Das Häuschen ist liebevoll restauriert und wird von den Bateliers für ihre Gäste bewirtschaftet. In unserem Ticketpreis von 35 Euro p.P. ist nämlich noch ein repas du terroir enthalten und das kann sich wirklich sehen lassen:

Alles Produkte aus der Region, beim Bauern gekauft. Sogar die Butter ist eine regionale Spezialität, beurre d’Isigny von Kühen aus dem Marais. Brot und Wasser und als Nachtisch Teurgoule, eine Spezialität der Normandie: Milchreis mit Zimt. Dazu gibt es als Aperitif Pommeau, das ist Apfelsaft mit Calvados (lecker, wir kaufen gleich ein Fläschchen für den Anleger), Cidre, Kaffee und einen besonderen Tee aus Rosmarin, Zitronenverbene und Schafgarbe. Richtig köstlich alles und man bekommt sogar Nachschlag, die lassen sich wirklich nicht lumpen!

Teurgoule – fait à la maison

Dann geht es wieder retour und unsere Guides erzählen noch Geschichten aus dem 2. Weltkrieg. Weil das Zuhören sehr anstrengend ist und ich ohnehin nur die Hälfte (oder weniger) mitbekomme, höre ich nicht wirklich zu. Was ich verstehe ist, dass Marschall Rommel, der Anfang 1944 von Afrika in die Normandie abkommandiert wurde, um die Verteidigungslinie des Atlantikwalls auszubauen und by the way das Gebiet um Carentan überfluten ließ: Er blockierte die ableitenden Kanäle und Fluttore und setzte alles unter Wasser. Vor allem die Luftlandetruppen und Fallschirmjäger der Alliierten erlitten hohe Verluste. Über die Schlacht um Cotentin könnten wir uns im hiesigen Museum informieren, aber es reicht nun. Das Thema Weltkriege haben wir erledigt (hier hat ja jedes Kaff ein Museum oder Memorial, das kann man unmöglich alles angucken – und wir wollen es auch nicht).

Abends in Carentan

Und es nimmt eh grad überhand: Die Jahresfeiern stehen an, olle Militärjeeps fahren rum, Zivilisten (ver)kleiden sich in amerikanische und britische Uniformen, alliierte Flaggen wo man hinschaut, Weltkriegskarneval. Zeit, dass wir hier wegkommen, bevor der Trubel richtig heftig wird. Aber zurück zum heutigen Tag.

Das war ein sehr schöner Ausflug, die Franzosen allesamt wieder super nett und freundlich. Ich fühle mich als Deutsche immer ein wenig unwohl, wenn es auf das Thema Weltkrieg zu sprechen kommt, grade hier in der Normandie, aber da spürt man keine Ressentiments, gar nichts. Da scheinen die Franzosen wirklich drüber weg zu sein. Gute Nachbarn 🇫🇷🇩🇪!

Wir verabschieden uns und fahren mit dem Radl noch ein wenig in der Hafengegend rum und sammeln einen Multi ein, den Volker gestern nicht gefunden hat.

Im Yachthafen liegt die Dreknor, ein 24 Meter langes Wikingerschiff, das zwei Privatleute originalgetreu rekonstruiert haben. Man kann es für Events oder Feiern mieten.

Am Abend bleibt die Bord-Küche kalt: Wir haben einen Tisch in einem der Hafenbistros reserviert: Es gibt Moules frites 😋. Die sind ganz gut – kein Vergleich allerdings zu denen, die wir im Haus Vennblick bei Brigitte und Rik bekommen (in Monaten mit R 😉).

Für B 💕

Leider fällt der erhoffte Abstecher dorthin aus – Betriebsurlaub! Den habt ihr euch verdient!!

Oben das Platzdeckchen und auf dessen Rückseite können die Kleinen ein „magnifique dessin“ ausmalen.

Durchaus irritierend finde ich die Tisch“deko“ des Hafenbistros. Aber sie beweist, was ich weiter oben beschrieben habe: Hier ist Weltkriegs-Event. Das Tischset lass ich noch durchgehen, aber das Mal-Angebot für die Kleinen geht gar nicht 🫣😲😐️.
Menno, wir haben weiland unsere Kleinkinder zum Ostermarsch mitgeschleppt und die Enkel sollen jetzt Kriegsbildchen ausmalen 🤮.

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