ABC: Another Bloody Cataract

Nein, wir meinen nicht den Grauen Star, sondern einen Wasserfall! ABC klingt halt schöner als ABW. Im Original ist es übrigens Another Bloody Cathedral.

Mittwoch, 7. Juni 2023: Es geht auf Landpartie! Nachdem wir uns das morgendliche Hafenkino auf dem immer noch rappelvollen Stellplatz beim Frühstück angeschaut haben, geben wir unseren Stellplatz für den ersten Neuankömmling in der Warteschlange frei und düsen ab.

Logo der Routen

Es geht über die Landschaftsroute Hardanger zum gleichnamigen Fjord. Es gibt 18 Landschaftsrouten in Norwegen, landschaftlich und kulturell besonders schöne Strecken und an Rastplätzen und Aussichtspunkten zudem oft mit architektonischen Gadgets ausgestattet. Die Sitzgruppen am Ropeid-Kai vor ein paar Tagen waren zum Beispiel sowas.

Der Hardangerfjord ist Norwegens zweitgrößter Fjord, 190 km lang und bis zu 893 m tief.

Von Ulamm 03:33, 29 January 2008 (UTC) – www.maps-for-free.com, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3470906

Wir setzen über mit der Fähre von Tørvikbygb nach Jonda und so sieht das dann in echt aus: Schneebedeckte Berge säumen den Fjord und spiegeln sich im Wasser 😍.

Heute und morgen ist Wasserfall-Tag! Wir schließen uns über WhatsApp mit der selbsternannten Wasserfall-Qualitätsbeauftragten Fenja kurz, und beginnen alsdann mit dem Mørkhølsfossen:

Der ist zugegebenermaßen durchaus steigerungsfähig, wir legen kurz drauf nach mit Wasserfall Numero Zwo, dem Fossen Bratte oder Brattefossen, der es immerhin schon auf 80 m Fallhöhe bringt. Das sieht dann so aus:

Unsere Qualitätsmanagerin ist noch nicht überzeugt 🥱.

Nu aber: Der Steinsdalsfossen. WIR sind begeistert!

Hier fällt das Wasser zwar „nur“ 50 m in die Tiefe, das aber besonders hübsch!

Und der Special effect: Hinter dem Wasserfall kann man durchgehen!

Das sieht sooooo schön aus! Ich bin völlig geflasht. Wir haben auch Glück, denn wegen der Schneeschmelze hat der Wasserfall ordentlich Schmackes. Es geht noch mehr, aber heute ist schon viel. Auch die QM ist zufrieden – geht doch!

Zur Beruhigung gibt es dann erst mal wieder Fjord.

Dann folgen wir der Empfehlung der Dame vom Steinsdalsfossen-Infocenter und fahren nach Utne, das ist ganz oben, wo der Hardangerfjord so eine Biege macht. Wir setzen mit der Fähre rüber nach Kinsavik und nehmen die Route am Ostufer des Sørfjords. Volker hat unten wie immer die Strecke abgebildet.

Holla die Waldfee! Die Dame meinte, die Straße sei schmal, aber zweispurig! Das war großspurig. Bestensfalls ist es schmalspurig! Oder sie dachte wir fahren Moped. Dazu gibt es massenweise Tunnels im ersten Teil der Strecke. Die sind immer so finster, weil ich vergesse die Sonnenbrille abzunehmen 😎🤣.

Landschaftlich wirklich wunderschön, türkisfarbenes Waser, schneebedeckte Berge, üppige Vegetation, bunte Dörfer. Nur viel rumgucken kann man nicht, Volker muss auf Straße und Verkehr achten und ich kann dann auch nicht entspannt: „Guck mal hier“ und „Schau mal da“ rufen und ihn ablenken.

Am Ende kommen wir durch einen Teil von Hardanger, in dem viele Apfelbäume und andere Obstbäume wachsen. Die Gegend ist berühmt für ihre aromatischen Äpfel, Klima und Boden sorgen für einen besonders guten Geschmack. Sie werden zu Saft und Cider verarbeitet!

Davon überzeugen wir uns gleich mal selbst, nachdem wir auf dem Campingplatz in Lofthus Quartier bezogen haben. Danach bin ich leicht angesäuselt – 2 Wochen kein Alkohol und ich vertrag nix mehr 😂. Da werd ich zu Hause aber trainieren müssen.

Prickelnder Cider vom Hardangerfjord vor eigener Bergkulisse

Nett steht man hier unter Kirschbäumen (wir als Spätankömmlinge am Rand) und der Blick ist auch vom Feinsten:

Einziger Kritikpunkt: Der Strom für einen Tag kostet 125 NOK 😯. Ob der Betreiber den selber macht und sein Kraftwerk noch abstottern muss? Wir hängen aus Prinzip (oder ist es Protest?) ALLES was wir haben an die Ladegeräte und ich stell den Kühlschrank auf Stufe 5, damit wir wenigstens einen kleinen Teil der Kilowattstunden verbrauchen, die man damit kaufen könnte 😂. Den muss ich nur morgen wieder runterstellen, sonst ist das Gas bald alle. Wer anderen eine Grube gräbt …

Ganz ohne Strom: Blick vom hinteren Ende des Platzes über die Apfelbäumchen

Von Bergen (B) über Norheimsund (C), mit der Fähre von Torvikbygd (D) nach Jondal (E), weiter nach Utne (F), dort mit der Fähre übersetzen nach Kinsarvik und weiter zu unserem heutigen Ziel Lofthus (G), insgesamt 141 km in knapp 7 Stunden.

Einer geht noch. Und was für einer! Am Donnerstag wird der HoGo nochmal frisch entleert/betankt und auf geht es zu einem der bekanntesten Wasserfälle Norwegens, dem Vøringsfossen. Der liegt ziemlich hoch, auf 760 m, über dem hintersten Ende des Hardangerfjords, dem Eidsfjord.

Die Straße da hinauf ist spektakulär, aber zum Glück wirklich zweispurig. Und weitgehend unterirdisch. Es fängt an mit diesem abgespacten Kreisel, dem Abzweig auf die Hardanger-Brücke:

Dann folgen viele Kurven und zweimal schraubt sich die Straße im Tunnel hoch und kreuzt sich dabei selbst:

Oben angekommen erwartet uns ein großer, kostenloser Parkplatz und ein weiter Blick: Die Berge gehen hier in eine Vidda über, eine Hochebene, auf der jetzt noch die letzten Schneefelder in der Sonne verbrutzeln.

Tja, und dann erkunden wir den Wasserfall von den vielen Stegen und Plattformen aus allen möglichen Perspektiven und machen Unmengen Fotos 📸 📱:

Von links kommt der Voringsfossen, rechts ein weiterer Wasserfall aus Schmelzwasser, unten fließt beides dann im Flüsschen Bjoreio weiter zu Tal. Der weiße Fleck ist ein Schneefeld

Die Gesamthöhe ist 183 Meter, davon 145 Meter im freien Fall. Oberhalb des Wasserfalls ist der Fluss zur Stromproduktion gestaut. Vom 1. Juni bis 15. September lässt man 12 m³ Wasser pro Sekunde durch, damit die Touristen was zu sehen kriegen. Ohne den Staudamm wäre das zumindest zeitweise ein noch viel größeres Spektakel. Aber auch so sind wir mords beeindruckt. Hier einfach mal ein paar (viele) Bilder und kurze Videos ohne Worte:

Im Oberlauf
noch weiter oben
Schwindelerregend: die neue Brücke

Und zum Schluss nochmal alles auf einen Blick:

Kommentar unserer Wasserfall-Beauftragten: Oh wow 😮. Das nehmen wir mal als Kompliment.

Zur Beruhigung gibt es jetzt erst mal etwas Botanik:

Schön, wie die Farne ihr „Gefieder“ aufrollen und bald ausbreiten.

Nun haben wir den Fossen aber wirklich von überall bewundert und uns eine Pause verdient. Die gibt es im Fossli-Hotel, das hier im Jahr 1887 seine ersten Gäste begrüßte. Das haben wir den Engländern zu verdanken. Englische Touristen fanden, ein Hotel hier oben, sei eine super Idee und man könnte bestimmt reich damit werden, oder zumindest berühmt. Ein gewisser Ola L. Garen setzte um 1880 diese Schnapsidee in die Tat um. Als erstes musste er eine Straße bauen, damit Packpferde das Material überhaupt hier hoch schleppen konnten. Das Hotel wurde bald eine Attraktion und zog viele Künstler und andere Promis an, unter anderem verbrachte Edvard Grieg hier den Sommer 1896 und komponierte fleißig.

Das Hotel gehört heute in der 4. Generation dem Ur-Urenkel des Gründers, Erik Garen. Ob die Familie reich wurde, weiß ich nicht, aber berühmt wurde zumindest das Hotel.

Wir gönnen uns leckere Waffeln die wir im norwegian style mit sour cream, Marmelade und Braunkäse, dem Gulbrandsdalsost, verzehren. Lecker!

Dann geht es den Bersch wieder runter und wir halten Ausschau nach einem Übernachtungsplatz, denn hier gibt es sie dann doch: nette kostenlose Parkplätze mit schöner Aussicht. der unsrige liegt am alten Fähranleger von Kinsarvik, den man seit Inbetriebnahme der Hardanger Brücke nicht mehr braucht. Es gibt Toiletten, Wasser und sogar eine funktionstüchtige Fuhrwerkswaage. Wir wiegen 4040 Kilo 😂.

Man stand schon schlechter – und teurer.

Dazu gibt es schöne Abendstimmung.

Unser kostenloser Stellplatz bietet einen tadellosen Blick auf die Hadangerbrua zusammen mit unserem heutigen Cruise Ship of the Day (mangels Animal of the Day), der Silver Dawn. Die Brücke, die wir morgen nutzen werden, hat eine Spannweite von 1.310 Meter und war bei Eröffnung in 2013 die längste Brücke in Norwegen und weltweit auf Platz 10.

Von Lofthus (G) fahren wir über Eidfjord hoch zum Vøringsfossen (H), nach Besichtigung wieder zurück in Richtung Hardangerbrua und halten in Brimnes (I). Heute waren es 97 km.

Ein Kommentar

  1. Ich bin keinesfalls qualifiziert als Wasserfallqualitätsbeurteilungsbeauftragte, aber senfen kann ich ja nun. 😎
    „WOW!!!“ 👀🤩

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