Abschied von der Loire

Montag, 10. Juni 2024: Von La Possonière zum Weingut Domaine La Galloire

Heute müssen wir dringend unsere Vorräte auffüllen und entern als erstes einen Intermarché. Viel mehr haben wir eigentlich auch nicht vor, so machen wir einen Abstecher zum Bahnhof von Hintertupfingen für unseren Cache of the Day, der uns viel Freude bereitet.

Von La Possioniere (C) nach Drain (D), 60 km
Domaine La Galloire: Gratis-Stellplatz with a view!

Um halb drei sind wir dann schon an unserem Tagesziel angekommen, der Domaine La Galloire (France Passion). Weil es noch zu früh ist für eine Weinprobe, vertreten wir uns erst einmal die Füße und wandern ein wenig durch die Weinberge.

Wir begegnen den Rindern der domaine, das ist die Rasse Rouges des Prés, die man neben ihrer Fellfärbung an dem Herz auf der Stirn erkennt. Allerliebst! Das 🤍haben die wirklich alle!

Wingertshäuschen heißen hier Cabane
Einen Zipfel der Loire kann man in der Ferne von hier aus sehen

In der Ferne dräuen Wolken und wir schaffen es, pünktlich mit den ersten Regentropfen zurück am HoGo zu sein. Timing! Ich bereite das Abendessen vor (heute gibt es neue Kartoffeln mit Spargel und Fischfilet) und gegen halb 6 geht es nebenan in die Vinothek. Die ist hier jeden Tag (außer Sonntag) vor- und nachmittags geöffnet und bietet wirklich tolle Weinproben! Vorher bietet sich noch die kleine Hauskapelle als dankbares Fotomotiv an. Außen schlicht, überrascht sie innen mit vielen Heiligenfiguren: Maria, Margareta, Johannes, Christophorus und der Hl. Josef. da kann ja nix mehr schiefgehen!

Das Weingut wird seit 7 Generationen von der Familie Toublanc geführt und bewirtschaftet stolze 50 ha Weinberge und 50 ha Weideland. Das ist schon ein richtig großer Betrieb. Entsprechend schön und groß und gut bestückt ist die Vinothek.

Es wird voll in der Garage

Wir probieren uns durch mehrere Weiß-, Rosé- und Rotweine (und einen Cremant) und brauchen uns jetzt über die Weinversorgung in der Bretagne keine Sorgen zu machen. 2 Flaschen Muscadet, 2 Sauvignon blanc und 2 sehr feine Rosé „Pimpante“ der Rebsorte Plantet noir. Eine alte Züchtung, die wieder in Mode kommt, weil sie pilzresistent ist. Auch der rot ausgebaute „Exquisse“ aus dieser Rebsorte kann uns überzeugen: Heidelbeere und Himbeere kann man wirklich schmecken. wie ein Bonbon, meint Volker. Dazu einen Cabernet Franc aus alten Reben im Eichenfass ausgebaut und den Anjou 50, der seinen Namen von 50 Tagen Mazeration hat (also 50 Tage auf der Beerenhaut gelegen, dann erst die Maische filtriert).

Alle Weine sind ohne Zusatz von Sulfiten hergestellt und auch wenn es kein zertifizierter Biobetrieb ist, legt man viel Wert auf ökologische Arbeitsweisen. So werden 80% der Weinberge ausschließlich mechanisch gejätet und der Einsatz pilzresistenter Rebsorten reduziert den Einsatz von Fungiziden. Als Dünger dient der Mist der eigenen Rinder. Das klingt hier alles sehr vernünftig! Vor allem aber schmeckt der Wein vorzüglich und preislich ist es der Knaller! Wir haben für die 2 Kisten Wein gerade mal gut 90 Euro gezahlt!

Um 21 Uhr haben sich die Regenwolken verzogen und ein fulminanter Sonnenuntergang kündigt sich am frisch gewaschenen Himmel an. Ganz wunderbar!

Und bei all dem hat sich heimlich, still und leise (und vermutlich langsam) das Animal of the day im Rosenbeet ein schönes Bett ausgesucht. Nennt man das dann einschleimen 🤔😉?

Was bleibt zu sagen zum Loiretal?

Nun, ehrlich gesagt hatte wir uns das im Ganzen imposanter vorgestellt. Klar sind die Schlösser fantastisch und beeindruckend, aber vor unserem geistigen Auge haben wir eher sowas wie im Rheintal erwartet: Man fährt eng am Fluss entlang und eine Burg nach der anderen zieht an einem vorbei, von Weitem sichtbar.

Nun, dass die Schlösser nicht auf Bergen am Ufer liegen war uns schon klar. Aber die meisten liegen noch nicht mal an der Loire, sondern irgendwo in der Pampa an Nebenflüssen und man sieht sie erst, wenn man knapp davor steht. Inzwischen ist uns klar warum: Ein „Ufer“ kennt die Loire nicht, man muss Abstand halten.

Die angeblich atemberaubend berückende Schönheit des Loiretals hat sich uns nicht wirklich erschlossen. Der Fluss ist in der Tat beeindruckend, viele Seitenarme, Flussinseln und Sandbänke. Aber ein richtiges Ufer gibt es nicht. Alles Überschwemmungsgebiet. Auch die Straße muss meist Abstand halten. Die kleinen Ortschaften, durch die wir gefahren sind, haben uns im Vergleich zu denen im Burgund ebenfalls nicht vom Sockel gerissen.

Wir fragen uns inzwischen, warum die ganzen Adeligen sich ihre Prunkbauten genau hier hingesetzt haben, wo es sumpfig ist, der Fluss entweder über die Ufer tritt oder verlandet, schwer zu überbrücken ist und man im Sommer von Stechmücken überfallen wird. Vermutlich hat einer angefangen, und die anderen haben es nachgemacht. Schneeballsystem. Ein Schloss im Loiretal war ein must have.

Stellplätze sind kein Problem, hier sind es aber weniger die putzigen Camping municipal, sondern CampingCar-Parks mit Bezahlschranke. Ist alles sehr viel touristischer als im beschaulichen Burgund.

Das soll jetzt aber kein Verriss werden! Kann es gar nicht, weil wir nur wenig wirklich angeschaut. Wir hatten hier wunderschöne und unvergessliche Eindrücke (grad auch der herrliche Sonnenuntergang), die Städte Blois und Saumur haben uns super gut gefallen und die Schlösser sind wirklich „grand cru“ 😉. Landschaftlich haben die Troglodytes (Kalkhöhlen) einen Höhepunkt gesetzt. Man kann wunderbar Fahrrad fahren, „Loire à velo“ wird überall beworben und an Wein und Esskultur mangelt es auch nicht. Überhaupt herrscht kein Mangel an irgendwas, es ist eher zuviel, man kommt den Sehenswürdigkeiten nicht hinterher. Das ist eigentlich ein Grund für‘s Wiederkommen, vor die Wahl gestellt, würden wir uns jedoch für die beschauliche Bourgogne entscheiden.

So, Schluss mit der Manöverkritik, jetzt geht es in die Bretagne!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert