Beaune: Wein, Wein Wein und das Hotel Gottes

Mittwoch, 22. Mai 2024: Besichtigung von Beaune und Weiterfahrt ins Zentrum der Bourgogne

Nach einer sehr ruhigen Nacht (trotz Bauernhof!) statten wir am Morgen zuerst dem Rinderstall und dann dem Hofladen einen Besuch ab. Pascal und Stéphanie Peulson produzieren Rindfleisch von Charolais und – ich vermute – Limousin-Rindern (die braunen). Im großen Laufstall sind die Mutterkühe mit den sehr jungen Kälbern untergebracht. Alle wirken sehr zufrieden und entspannt!

Dann geht es weiter Richtung Beaune und wir kommen an die Côte de Beaune, eine der 5 Weinbauregionen des Burgund. Eigentlich sind es 7, denn im Nordwesten kommen noch Auxerrois und Chablis hinzu.
An den Côtes d’Or – den Goldenen Hängen – zwischen Dijon und Santenay wachsen nicht irgendwelche Reben: Hier gedeiht Wein auf Weltkulturerbe! Die Climats du vignoble de Bourgogne*) gehören seit 2015 dazu.
*) 60 km lang und nur 1-2 km breit

Ein „Climat“ bezeichnet nicht etwa das Wetter, sondern eine Rebparzelle, die über Jahrhunderte hinweg genau begrenzt und benannt wurde, die ihre eigene Geschichte besitzt und sich durch spezifische geologische und klimatische Eigenschaften auszeichnet. Also wie unser deutsches Terroir, nur wesentlich spezifischer. Die Zisterzienser, die sich hier ansiedelten (Citeaux ist nicht weit von Beaune) klassifizierten penibel jede Parzelle, Hangneigung, Sonneneinstrahlung, Wasserversorgung, Ober- und Unterboden … Sie vergaben Namen für die Spitzenlagen, die bis heute Bestand haben. Wie schon gestern oder vorgestern geschrieben: In Frankreich ist die Lage das A und O. Gefolgt vom Jahrgang.

So weit das Auge reicht. Alle Weinberge werden von Hand kultiviert und gelesen.
1.247 Climats – Rebparzellen – sind als Welterbe klassifiziert.

Volker liest in unserem Reiseführer, die besten Weine kämen aus dem Dorf Meursault. Also fahren wir dahin und werfen einen Blick auf das Rebenmeer. Aber mit Blicken ist es ja beim Wein nicht getan 🙄.

Das Universum meint es gut mit uns:

Dieses einladende Häuschen ist die Vinothek der Domaine François Gaunoux. Unter kundiger Anleitung probieren wir den Wein aus dem Weltkulturerbe.

Weil wir ja noch fahren müssen, belassen wir es bei einem Weißwein und zwei Rotweinen und entscheiden uns zum Erwerb einer Flasche Meursault, auf den Volker es eh abgesehen hatte, und für den Volnay Premier Cru aus dem Jahr 2013. Beide stammen aus Clos – mit Mauern umgrenzten Weinbergen. Monopole bedeutet übrigens, dass der gesamte Weinberg ausschließlich von Gaunoux bewirtschaftet wird, 3 ha und 47 a in diesem Fall, wie die Flasche verrät. Von der Preisvorstellung von 20 Euro pro Flasche muss Volker sich allerdings verabschieden. Man lebt nur einmal!

Es wird viel in in Magnum- und Doppelmagnumflaschen verkauft. Da muss man schon richtig tief in die Tasche greifen. Das Dorf Pommard, aus dem das Stöffchen auf dem Foto stammt, ist übrigens mit Nackenheim verbandelt. Ob die Nackenheimer auch solche Preise aufrufen können, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Wir trinken noch einen Espresso auf der Terrasse und ich fachsimpele mit der netten Dame über Wein, so gut es eben auf Französisch geht. Sie meint anerkennend, wir seien ja schon richtige Weinkenner! Weit über dem Durchschnitt! Ich fühle mich sehr geehrt und freue mich 😇. Der Espresso geht auf’s Haus.

Nächster Halt: Beaune. Wobei das mit dem Halten nicht so einfach ist. Wir umrunden die komplette Altstadt um festzustellen, dass der anvisierte Parkplatz schon voll ist. Die nächste Möglichkeit ist zwar ganz in der Nähe, aber in Beaune führen die (Einbahn-)Straßen nur entgegen dem Uhrzeigersinn um die Stadt. Wir sind auf 12 Uhr, um auf 13 Uhr zu kommen müssen wir erneut einmal komplett rum. Immerhin fließt es wunderbar, so ganz ohne Gegenverkehr 😂.

Wir stellen den HoGo ca. einen Kilometer außerhalb der Stadtmauer ab und sammeln bald erste Eindrücke:

„In der lebhaften Stadt ist der Wein raison d’être (Lebenszweck) und Quelle der joie de vivre (Lebensfreude): „Wein machen, Wein verkosten, Wein verkaufen und vor allem Wein trinken.“ So beschreibt der „Lonely Planet“-Reiseführer das lebhafte Städtchen. Und in der Tat: In der Innenstadt reiht sich ein Weinladen an den anderen. Sogar in den Buchläden wird Wein und Weinzubehör verkauft. In Beaune dominiert der Wein alles!

Einer von sehr vielen

Selbst die Hauptattraktion der Stadt, das Hôtel Dieu der Hospices civil de Beaune, ist gleichzeitig historisches Hospital, moderne Krankenhausgesellschaft und … natürlich … Weingut.
Die Hospizgesellschaft von Beaune geht zurück auf das Jahr 1443. Der Hundertjährige Krieg hatte das Land verwüstet, die Pest die Hälfte der Bevölkerung dahingerafft. Armut und Hunger beherrschten den Alltag.

Nicht wenige sahen darin eine Strafe Gottes. Auch der Kanzler des burgundischen Herzogs, Nicolas Rolin, sorgte sich um sein Seelenheil. Als Eintrittskarte für das Himmelreich stiftete er in Beaune ein Hospital:

Ich, Nicolas Rolin, Ritter, Bürger von Autun, Herr von Authume und Kanzler von Burgund, an diesem Sonntag, dem 4. des Monats August, im Jahr des Herrn 1443 … im Interesse meines Heils und in dem Wunsch, die zeitlichen Güter gegen himmlische Güter einzutauschen … gründe ich in der Stadt Beaune unwiderruflich ein Krankenhaus für arme Kranke mit einer Kapelle zu Ehren Gottes und seiner glorreichen Mutter … und statte es aus.

Nun gut – ein wenig Wohltätertum und Fürsorge für Bedürftige war wohl auch dabei. Ein Hospital war damals kein Krankenhaus im heutigen Sinne, es war Altersheim, Armenhaus, Unterkunft für bedürftige Reisende, Waisenhaus, Kreißsaal und natürlich wurden auch Kranke versorgt. Aber wer es sich leisten konnte, ging nie und nimmer ins Hospital, sondern ließ Leibärzte zu sich kommen.

Die Räume des Hôtel Dieu – Krankensäle, Küche, Vorratsräume, Apotheke, Kapelle, Wohnräume – umrunden komplett den rechteckigen Innenhof

Das, was er erbauen und ausstatten ließ, ist überaus prachtvoll geraten. Die spitzen Türmchen und bunten Dachziegel hatte sich Rolin in Flandern abgeguckt.

Neben der Ausstattung sorgte der Kanzler für eine jährliche Zahlung aus den Erträgen der Saline von Salins les Bains. Die pflegerischen Aufgaben übernahmen Ordensschwestern, für das Seelenheil gab es zwei Kapläne.

Das Hospital erhielt im Lauf der Zeit viele Schenkungen und Landbesitz, unter anderem gehören bis heute 2 Weingüter zum Besitz.

Noch nach dem 2. Weltkrieg versorgte das Hôtel Dieu Alte, Behinderte, Waisen, Kranke, Gebärende und Notleidende. Danach wurde es durch moderne Krankenhausbauten ersetzt und in ein Museum umgewandelt.

Der große Armensaal mit 50 Betten. Diese stammen aus dem 19.Jahrhundert. Sie waren im früheren Zeiten mit 2-3 Patienten belegt.
Im 2. Weltkrieg diente das Hôtel Dieu als Lazarett
Labor
Genial die mechanische Vorrichtung zum Mörsern
Apotheke (19. Jahrhundert)

Natürlich spielte auch Frömmigkeit und Beten eine große Rolle. Die Kapelle zierte ein Altarbild mit der Darstellung des jüngsten Gerichts. Auch hier wieder die bekannte Darstellung: Die Menschen werden „gewogen“. Die Guten – federleicht – hüpfen fröhlich und dankbar nach links in den Himmel. Die bösen Schwerenöter kriechen und krauchen Richtung Hölle.

Sehr beeindruckend, das Hotel Dieu!


Die Kathedrale Notre Dame ↥ „erledigen“ wir im Vorbeigehen und ebenfalls im Vorbeigehen entsteht dieser Schnappschuss eines typischen Presse/Tabac-Ladens:
Eng, tief und vollgestopft bis zum geht nicht mehr! Rubbellose gibt es hier auch, wie man an der älteren Dame mit den stylischen Schuhen sieht.

Nachdem wir Beaune ein weiteres Mal umrundet haben, fahren wir in das zu Recht völlig unbekannte Bligny-sur-Ouche. Der dortige Campingplatz ist preiswert, hübsch, fast leer und feucht. Trotz des warnenden Aushangs am Empfang lassen wir uns vom sehr freundlichen Patron dazu überreden, rückwärts auf die Wiese zu setzen. Dummerweise versuchen wir, die leichte Schräglage des HoGo durch Auffahrkeile zu beheben, was aber leider nur dazu führt, dass sich unsere Vorderräder in die nasse Wiese eingraben. Wie wir da wieder rauskommen wird sich weisen 🤔. (Siehe Bild unten in der Mitte: Das Vorderrad hat gewühlt 😖).

Am Abend gibt es eine, wenn nicht die Spezialität Burgunds: Bœuf burguignon! Mit einem schönen Bouquet garni, für das ich mir in der Stadt extra die Hacken abgelaufen habe. Mit den Vorräten an Rosmarin und Lorbeer komme ich locker über die nächsten Jahre.

Zum Schluß noch zwei kleine Beispiele für die Tücken der automatischen Übersetzung: Die Abkürzung der Wochentage führt zu lustigen Überschriften und wer alle Cookies ablehnt bekommt Wörter für Kekse!

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