Blois: Könige und Magier

Montag, 3. Juni 2024: Von Blois nach Château Chambord

Nach dem herrlichen Auftakt im nächtlichen Schlosshof schauen wir uns Blois heute bei Tag an. Die versprochene Sonne zieht sich noch eine Weile ihre Decke aus Hochnebel über den Kopf, bequemt sich aber gegen 11:30 Uhr dann doch zur Arbeit: Scheinen ☀️😎. Ach wie tut das gut!

Wir spazieren wieder zu Fuß in die Stadt und stracks auf die große Treppe zu, von deren Ende ein in Bronze gegossener Herr auf uns herniederschaut.

Papin und sein Kochtopf
Links oben am Topf sieht man ein kleines Gewicht an einer Schiene, das ist das verstellbare Überdruckventil

Der bronzene Herr ist ein gewisser Denis Papin, von Beruf Physiker und Mathematiker. Er hat zur Entwicklung von Dampfmaschine, Kreiselpumpe und U-Boot beigetragen und gilt als Erfinder des Schnellkochtopfes. Der Prototyp zerbarst allerdings bei der Vorführung, erst als Papin das passende Sicherheitsventil erfand, wurde der Papinsche Topf patentiert. Papin lebte und lehrte ab 1675 in London und Marburg, weil er als Protestant in Frankreich Repressalien ausgesetzt war. Er arbeitete mit berühmten Naturwissenschaftlern wie Huygens, Leibniz, von Guericke und Boyle zusammen.

2018 zum 20-jährigen Bestehen des Maison de la Magie.
Quelle: Ville de Blois wikimedia CC BY-SA 4.0.  

Die Treppe entstand zwischen 1862 und 1865. Sie sollte eigentlich noch Brunnen und Balustraden bekommen, es blieb aber bei einem dekorativen runden Blumenbeet. Heute ist sie eine der Attraktionen der Stadt, die 120 Stufen werden alljährlich mit neuen Motiven versehen, die immer einen aktuellen Bezug haben. 2024 inspirieren die olympischen Spiele die begehbare Leinwand.

2019 lächelte sogar die Mona Lisa milde auf Bewohner und Besucher der Stadt hinab. Hier ein kleines Video dazu.

Kathedrale St. Louis

Wir gehen zur Kathedrale von Blois und drumherum in den Jardin de l‘ Evêché, den Bischofsgarten. Von hier oben hat man einen herrlichen Ausblick auf die Stadt und den Fluss.

Das Bischofspalais, heute Rathaus
Darf auch in Blois nicht fehlen: Jeanne d’Arc

Durch die Oberstadt spazieren wir dann wieder in Richtung Schloss. Auf dem Boden fallen uns immer wieder kleine bronzene Markierungen auf, die hier mit einem Stachelschwein verziert sind.

Das Tier begegnet uns dann erneut unterhalb der lebensgroßen Reiterstatue Ludwigs XII. am Schlossportal: Es ist sein Wappentier.

Von MFSG – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2747149

Ein kleiner Exkurs noch zum Schloss Blois und den Schlössern der Loire im Allgemeinen:
Viele Schlösser bzw. Burgen an der Loire entstanden während des Hundertjährigen Krieges (1337 bis 1453) als Grenzfestungen gegen den von England besetzten Norden. Nach dem Krieg verloren sie ihre Bedeutung und bröselten vor sich hin. Einige verfielen und wurden aufgegeben wurden, auf den Fundamenten anderer errichtete man seit dem Beginn der Renaissance im 16. Jahrhundert neue Schlösser. Wegen der Schönheit des Tales ließ sich der Adel an der Loire nieder, hielt hier Hof und verwaltet von hier aus seinen Besitz. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde hier die französische Politik gemacht, so dass Paris zeitweise provinziellen Charakter annahm. Man spricht von den Loire-Königen, namentlich die Karls Nummer 7 und 8, die Ludwige 11 und 12 und Franz der Erste (in der Reihenfolge K-L-K-L-F). Die königliche Verwaltung war zwischen Paris und der jeweils aktuellen Residenz des Königs aufgeteilt, so dass sich beispielsweise Blois für eine gewisse Zeit als Nebenhauptstadt etablieren konnte. Franz I. beendete die Zeit der Loire-Könige, obwohl er selbst noch eines der größten Loire-Schlösser erbauen ließ (Schloss Chambord). 1528 verlegte er die Hauptresidenz sowie die gesamte Verwaltung wieder nach Paris.
Die Schlösser der Loire dienten dann der Freizeitgestaltung, Ferienhäuser sozusagen, Sommerresidenzen, man lud zu Festen und zur Jagd. Viele der Anlagen wurden sogar noch erweitert und modernisiert. Man findet daher heute alle Baustile von der Renaissance über das Barock und den Klassizismus bis zum Historismus.

Der Hausherr:
J. E. Robert-Houdin

Wir machen ein Päuschen auf dem schönen Schlossvorhof und warten darauf, dass das Maison de la Magie um 14 Uhr wieder öffnet. Die Wartezeit verkürzt uns das magische Haus selbst: Alle halbe Stunde erscheint an der Fassade ein Spektakel mit 5 (eigentlich 6) riesigen Drachen. Ein echter Hingucker!

Blick über die Dächer von Blois: Ein Paradies für Schornsteinfeger!

Schließlich gewährt uns das magische Haus Einlass – und schon stehen wir Kopf 😂😂.

Wie nicht anders zu erwarten, dreht sich hier alles um die Zauberkunst. Viele Requisiten, Plakate, alte Filme – man könnte stundenlang hier herumstöbern.

Im 3. Stock ist ein großer Raum zum Mitmachen, Entdecken und Ausprobieren hergerichtet, ein „echter“ Zauberer zeigt Kartentricks und der ein oder andere wird auch verraten.

Die zweite Etage ist dem Namensgeber des Hauses, Jean Eugène Robert-Houdin, gewidmet. Man denkt gleich an den berühmten Entfesselungskünstler Harry Houdini – und das stimmt auch ein wenig: Er hat sich nach Houdin benannt, der für ihn ein großes Vorbild war. Houdin ist übrigens der Name von Robert-Houdins Ehefrau, er hieß vor der Heirat einfach nur Robert.

Jean Eugène Robert-Houdin ist 1803 in Blois geboren und gilt als Vater der modernen Magie. Er erfand viele Kunststücke, die zu Klassikern wurden, z. B. den Vorläufer der „Schwebenden Jungfrau“. Robert-Houdin zauberte für die Spitzen der Gesellschaft, hatte ein Theater in Paris und unternahm Tourneen in Großbritannien und Deutschland. Viele seiner Illusionen hatten trickreiche mechanische Geheimnisse und beruhten auf Einsatz von Elektrizität. Bei der Konstruktion seiner Apparate kam ihm die Herkunft aus einer Uhrmacherfamilie zu Gute, er selbst hatte das Handwerk auch erlernt.

Ende der 1830er Jahre begann Robert-Houdin „mysteriöse“ Uhren zu bauen:
Das Uhrwerk verbirgt sich unsichtbar im Fuß der Uhr, aber wie können sich die Zeiger bewegen? Das Geheimnis sind ein doppelter Glaszylinder und zwei übereinanderliegende „Ziffern“blätter – ein feststehendes mit den Ziffern, ein drehbares mit den Zeigern. Schräge Verbindungen mit Zahnrädchen am Ende verbergen sich im Inneren der Uhr und drehen den inneren Zylinder, der wiederum die Glasscheibe mit den (feststehenden) Zeigern. 

Den Abschluss und Höhepunkt liefert eine 45-minütige, toll inszenierte Zaubershow mit vielen verblüffenden Tricks, zum Beispiel dem Mensch in der dreiteiligen Kiste, die man dann auseinandernimmt, wobei er mit der Hand aus einem Teil herauswinkt. Ich bin da ja immer völlig hin und weg.

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Off the record: Ich muss doch mal die gruseligen französischen Ampelmännchen hier vorstellen: Magersüchtige Gesellen sind das im Vergleich zu den unsrigen und erst Recht zu den wohlgenährten Ampel-Mainzelmännchen.

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Die Navette bringt uns dann für umme zurück zum Stellplatz, den wir auch sogleich verlassen, um zum nächsten Schloss umzuziehen. Auf dem Stellplatz hat die Sonne die Batterien vom HoGo wieder voll aufgeladen und wir machen uns auf zum nahegelegenen Château Chambord, wenige Kilometer entfernt, mitten in der Pampa.

Von Blois (F) zum Château Chambord (G), 15 km

Park4Night gibt den Tipp, auf dem Besucherparkplatz des Schlosses zu übernachten und so in den Genuss der nächtlichen Schloss-Illumination zu komme!

Ein großartiger Tipp, wie man unschwer erkennen kann.

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