Montag, 7. August 2023, Hornöbryggen
Am Montag morgen fahren wir erst einmal mit dem HoGo durch die Waschanlage.
Quatsch – natürlich nicht, aber so kommen wir uns wirklich vor, als zum Frühstück ein oberheftiges Gewitter auf uns niederprasselt. Land unter! Es ist das Tief Hans, das die nördliche Hälfte Europas fest im Griff hat.
Sintflutartige Regenfälle setzen ganze Landstriche unter Wasser, in Südschweden ist es besonders schlimm. Zum Glück kriegen wir ab und an (siehe gestern 🌞) noch etwas vom Hoch über Russland und Finnland ab. Aber im Ganzen ist es ist sehr instabil und wechselhaft! Auf die Prognosen kann man sich nicht verlassen: Statt Wetterbericht zu lesen, guckt man besser aus dem Fenster und schaut sich das Wetter vor Ort persönlich an.
Heute ist es sehr durchwachsen, auch wenn der Sturzregen vom Morgen zum Glück aufhört. Wir packen nach drei Übernachtungen unsere Siebensachen zusammen und verlassen den netten Stellplatz von Köpmansholmen. Drei Nächte – das hatten wir bisher nur in Stavanger, sonst sind wir nach maximal 2 Übernachtungen weiter.
Dem Schietwetter mit tiefhängenden Wolken fällt der Besuch des Skuleberget anheim: Es macht keinen Sinn, von da oben runterzugucken, denn Aussicht ist nicht! Also sparen wir uns die 40 Öcken für die Seilbahn (das Hoch“wandern“ hatten wir eh abgeschrieben).
Wir steuern das verträumte Fischerdorf Bönhamn an und kommen hier bei Kaffee und Kuchen zu dem Schluss: Kennste eines, kennste alle 🤷♂️🤷♀️.
Also weiter im Reiseplan nach Rotsidan. Ob der Bilder im Internet erwarten wir eine 6 Kilometer lange feuer(orange)rote Felsküste aus Nordingra-Granit. Die gibt es zwar, aber mit ohne Sonne nicht feurig und bei weitem nicht endlos.
Vielmehr wieder die Klapperstein-Felder und der verwitterte, gebrochene Granit. Merke: Das hatten wir alles schon auf Trysunda 👆. Nur das viele Driftwood ist neu.
Dem Animal of the Day macht der Regen vermutlich nichts baus, schon eher die Kälte. Der Mini-Frosch ist ziemlich unbeweglich.
Nachdem also die Bilanz des Vormittags eher nüchtern ausfällt, kleppern wir ein Ei über die Höga Kusten! Besser als Trysunda wird es nicht, wir haben alles gesehen, was es zu sehen gibt und genau dann soll man aufhören! Da wussten wir noch nicht, wo wir heute übernachten würden 😍😍.
Volker macht den Vorschlag, kurz vor der Höga Kusten Brücke über den Fluss Angermanälven von der E4 abzufahren und unser Glück bei einem feinen kleinen Stellplätzchen an der Marina von Hörno Brygga zu versuchen. Tolle Bewertungen in P4N8, aber nur 4 Plätze.
Und was’n Glück, als wir gegen 16 Uhr dort eintreffen, steht da nur ein kleiner Van mit 2 jungen Leuten und einem Golden Retriever. Philipp und Lara aus Wetzlar (er gebürtiger Taunussteiner) packen gerade ihre Sachen zusammen und schwärmen in höchsten Tönen von diesem Ort: Ein Servicehäuschen mit Couch, Fernseher und Küche, natürlich warme Dusche, für jeden der 4 Plätze gibt es einen Picknicktisch mit eigener Feuerstelle und im Preis von 300 SEK inbegriffen ist sogar eine Sauna mit Blick auf Fluss und Marina. Do it yourself – Holz hacken und einheizen muss/darf man selber. Es ist der Hammer!
Die Sauna hat eine Panoramafront zur Marina, einfach toll. Fast so toll wie in Hov!
Es ist keine Frage, dass Volker sich sofort ans Holzhacken begibt und den Ofen anfeuert! Wir machen Sauna auf skandinavisch, also mit Badeanzug rein, quatschen, viel Wasser auf die Steine kippen, danach Abkühlen im Fluss und gleich wieder rein. Herrlich! Nach zwei Runden übergeben wir die Sauna an unsere inzwischen eingetroffenen schweizerischen Nachbarn.
Damit nicht genug! Die zwei jungen Leute hatten uns von einem hochgepriesenen Restaurant erzählt, grad gegenüber gelegen, und Volker hat einen Tisch für 19:30 Uhr reserviert. Also machen wir uns landfein und laufen den Kilometer um die Bucht zu Björkudden’s Hotell & Restaurang.
Uns erwartet ein feines kleines Herrenhaus in einem wunderbaren Park am Ufer des Angermanälven. Fast eine Zeitreise in die zwanziger Jahre – nur Turnschuhe und Freizeitkleidung der Gäste passen nicht ins Bild 😂.
Das Essen ist exquisit, das Ambiente traumhaft, der Service freundlich und unaufdringlich – ein Genuss! Angesichts der außergewöhnlichen Zutaten vermute ich, dass der Koch im Nebenerwerb Gärtner ist oder Förster, auf jeden Fall experimentierfreudig. Doch auch die Zutaten, bei denen wir etwas skeptich sind wie Lakritz, Lavedel, Tannensprossen oder Rentierflechte sind sehr dezent eingesetzt und ein angenehmes geschmackliches Erlebnis.
Statt einer Nachspeise, ziehen wir uns mit Kaffee und Whisky in den Park zurück und genießen die ruhige Abendstimmung 😚😚 und den sanften Sonnenuntergang über dem Angermansälven.
Zurück am Stellpatz schwatze ich mit den Schweizern, und Volker „schießt“ noch ein paar stimmungsvolle Aufnahmen von unserem „Zuhause für einen Tag“.
Den für mich unangefochtenen Star des Abends habe ich bisher noch verschwiegen oder zurückgehalten. Es ist die Högakustenbron – ein echter Hingucker! Mit einer Stützweite von 1.210 Metern ist sie nur 70 Meter kürzer als ihre berühmte „Schwester“, die Golden Gate Bridge. Allerdings 60 Jahre jünger (1997/1937).
Ihre volle Schönheit offenbart die Hängebrücke bei Nacht. Das nenne ich nun man wirklich atemberaubend – zumindest musste ich kurz nach Luft schnappen, als ich Volkers Bild zum ersten Mal gesehen habe.
Ein wenig wird die schöne Stimmung getrübt, als sich gegen 23 Uhr drei große Wohnmobile mit Anhängern auf den zwei (!) freien Stellplätzen breit und lang machen. Etwa 10 Jugendliche und ein paar Erwachsen okkupieren Tische und Bänke und machen keine Anstalten, zu Bett zu gehen. Immerhin lärmen sie aber nicht, sondern sind ganz manierlich. Am nächsten Morgen sehen wir, dass in den Anhängern Motorräder/Enduros sind, es ist eine Motorsport-Jugendgruppe mit Betreuern. Dennoch ziemlich dreist, wie sie alles in Beschlag genommen haben.
Dieser kleine Hafen hat die absolut schönsten Stellplätze, die wir bisher besucht haben! Das hat sich jemand wirklich Gedanken darum gemacht, dass die Gäste sich wohlfühlen sollen. 2 alte Fahrräder stehen bereit, im „Wohnzimmer“ gibt es Spiele und Spielzeug für Groß und Klein, und alles ist fein sauber, denn man soll das Häuschen nur ohne Schuhe betreten. Damit man die bequem wieder anziehen kann, ist sogar ein Schuhlöffel parat! Alles ist durchdacht und liebevoll gemacht. Wir haben uns pudelwohl gefühlt!
Und jetzt noch in aller Kürze unsere heutige Strecke.