Camping am Mittellandkanal, Samstag 6. bis Dienstag 9. August
Unser nächstes Ziel ist Minden. Auch diese Stadt kam auf die Liste der Urlaubsziele, weil da in der Nähe sehr vielversprechende Geocaches liegen. Zudem ein gut bewerteter Stellplatz mit Dusche und vor allem Waschmaschine. Das brauchen wir dringend.
Minden liegt nicht etwa an der Minde, sondern am Mittellandkanal (der immerhin mit „Mi“ anfängt) und an der Weser. Das wird uns noch beschäftigen, aber erst mal ist Cachen angesagt. Das heißt, vorher müssen wir noch unsere ECGA ergänzen, wir bringen den Heart of Gold in eine enge Umlaufbahn um den Saturn und tauschen dort 1499 in Kupfer gepresste Latinum-Scheibchen gegen einen einen Radiowellenempfänger. Sprich: Wir kaufen ein Radio. Ein ganz kleines, mit Batteriebetrieb und UKW-Antenne 📻. Oldschool! Wir ergattern das letzte, und ob der Saturn für Nachschub sorgt, wage ich zu bezweifeln. Obwohl ja jeder Haushalt für den Katastrophenfall sowas vorrätig haben soll. Am besten mit Kurbelbetrieb. Aber lassen wir das, ich schweife ab.
Der Stellplatz am Mittellandkanal ist überaus SCHÖN! Da zahlt man gerne 19 Euro plus 3 Euro Flatrate für Strom.
Dafür kann sich der HoGo ungestört den MLK angucken und wir natürlich auch. Sogar ein Schatten spendender Baum ist im Preis inbegriffen!
Als unsere dreckigen Klamotten ihre Runde in der Maschine gegen 15 Uhr beendet haben, kommen wir zum Ernst der Sache. Wir sind ja nicht zum Spaß hier, sondern zum Cachen. Zielobjekt heute ist die Letterbox Das Buch der Schatten, Large natürlich, mit sage und schreibe 97% Favoritenpunkten. Und das seit 5 Jahren!
Das Werk steht beim owner im Hof, nicht zu übersehen, ein riesiges Hexenhaus! Der Owner, Sito1505 (das steht für Silvia und Tobias, wobei „To“ der Macher ist!), kommt auch prompt ums Eck, begrüßt uns … und schickt uns gleich wieder 20 Meter zurück: Da geht’s los 🙈.
Was folgt ist ein Feuerwerk aus grandiosen Konstruktionen, alles total massiv und stabil und sieht aus wie nagelneu. Wir sind geplättet und Sito meint nur, ihm sei damals im Winter langweilig gewesen und da habe er das halt gebaut 😂😂. Da hat er wohl kein Ende gefunden, das Ganze besteht aus 4 Teilen, 5 sogar, wenn man die Hexenbörse mitzählt, in der man Spenden einwerfen kann. Und einen mehrteiligen Bonus gibt es auch noch.
Am schwierigsten ist das Holzpuzzle, das wir am Anfang zusammensetzen müssen. Wir probieren ewig mit einem Lösungsfilmchen auf youtube, am End krieg ich es aber ganz ohne dem hin, das eigene Hirn Gehirn einschalten und zack! Auch an den anderen Aufgaben hab ich schnell den Dreh raus – heute hab ich echt einen Lauf!
Leider müssen wir beim Bonus aufgeben: Unser Foto vom Hexomaten ist zu undeutlich, wir können die geforderten Dinge (Totenköpfe, Raben …) nicht richtig abzählen. Also kleppern wir ein Ei drüber, denn es ist schon spät.
Auf dem Weg zurück machen wir Halt an der Windmühle von Hartum, wo heute Abend eine Kabarettaufführung ist, es gibt Essen und Trinken und wir genehmigen uns ein leckeres Kaltgetränk.
Wir erfahren, dass wir uns hier an der Straße der Windmühlen befinden und ganz viele von ihnen bieten ein Kulturpogramm. So auch diese. Das erzählt uns eine nette Frau, mit der wir ob ihres Buttons „Omas gegen rechts“ gleich ins Gespräch kommen. Sie berichtet sehr lebhaft von ihrem Kampf für Ökologie und Frauenrechte als einzige Grüne im „schwarzen“ Gemeinderat – ein bisschen wie Don Quichotte gegen die Windmühlen. Den Button schenkt sie mir 😍.
Am Sonntag stehen die nächsten Sito1505-Caches auf dem Programm: 5 Multis in Folge zum Thema „Indiana Jones“ mit Namen wie Der verschollene Mayatempel oder Das goldene Idol. Letztlich geht es darum, die Codes für die zahllosen Vorhängeschlösser zu errätseln, mit denen die „Verstecke“ gesichert sind. Suchen muss man die nicht – Wachtendonk lässt grüßen!
Die Rätsel und Aufgaben sind mal leicht, mal schwer, mal erfordern sie Geduld. Wer Vigenère nicht kennt und das Freimaureralphabet noch nie gesehen hat, kommt nicht weit. Also nix für Anfänger! Wir kämpfen zudem mit dem sehr starken Neodymagneten, der – an eine Schnur gebunden – Petlinge aus Rohren angeln soll, sich aber mit einem vernehmlichen „Klack“ an die Metallklemmen schmiegt (von innen versteht sich). So müssen wir immer das Seil drumwickeln, um ihn abzuschirmen. Das dauert!
Heute kommt auch unser Radiochen zum Einsatz, eine ganz tolle Station, wo Sito sogar einen UKW-Sender verbaut hat! Wir sind schwerst beeindruckt.
Leider bleibt uns auch hier ein Erfolg bei der Bonusletterbox verwehrt. Entweder haben wir einen entscheidenden Hinweis übersehen oder wir sind einfach zu doof, um aus den Bonuszahlen A bis D eine Koordinate zu basteln. Was uns einfällt führt auf den Friedhof und da ist keine Finalstation. Oder sie ist so gut getarnt, dass wir sie nicht erkannt haben. Als Grab zum Beispiel. Das täte ja zum Titel passen: Der letzte Tempelritter. Groß gesucht haben wir auf dem Friedhof nicht, da besteht bei uns eine natürliche „Beißhemmung“.
Wir sind aber nicht traurig, nach einem Tag mit so hohem Spaß- und Spielfaktor wäre ein Superbonus vielleicht sogar zu viel des Guten gewesen. Wir genehmigen uns einen Absacker im netten Hafenrestaurant beim Campingplatz, kochen was leckeres (Linsen-Kartoffelgemüse mit Brokkoli-Vinaigrette) und gucken Tatort über’s CP-WLan (das sehr gut ist!). Ist ja schließlich Sonntag!
Am Montag (wir haben um einen Tag verlängert) ist dann aber Bildungsurlaub angesagt. Hier in Minden befindet sich das größte Wasserstraßenkreuz Deutschlands: Der Mittellandkanal überquert die Weser. Das wäre an und für sich ja kein Thema, aber da gibt es auch noch Zu- und Abfahrten für die Schiffe, wie bei einem Autobahnkreuz halt. Allerdings mit Wasser und das ist dann doch etwas komplizierter.
Der Mittellandkanal wurde zwischen 1906 und 1938 gebaut. Er ist die einzige West-Ost-Wasserstraße in Norddeutschland und mit 321 km der längste Kanal der BRD.
Er zweigt vom Dortmund-Ems-Kanal ab und endet bei Magdeburg mit Übergang in den Elbe-Havel-Kanal. Unterwegs binden Stichkanäle wichtige Industriegebiete an. Sieht man auf der Karte. Damit hat das Ruhrgebiet Anschluss nach Polen. Das sieht man auch: Am Campingplatz fahren viele Frachtschiffe aus Polen /Stettin vorbei. Volker sagt, er erkennt sie am Motorgeräusch und an den Abgasen 🙈😜.
Ganz fertig war der MLK bis zur Wende nicht: Für den direkten Anschluss an den Elbe-Havel-Kanal hätte man nämlich bei Magdeburg eine „Überführung“ über die Elbe bauen müssen. Dies verhinderte der 2. WK. Erst nach der Wende wird das Wasserstraßenkreuz Magdeburg gebaut (1998-2003), bis dahin mussten die Schiffe einen Umweg nehmen: MLK -> Elbe -> EHK . Darüber hatten wir lange Diskussionen geführt und recherchiert, jetzt haben wir es kapiert und deshalb schreibe ich es hier auch rein!
Der MLK überwindet – im Gegensatz z.B. zum Rhein-Main-Donau-Kanal – sehr geringe Höhenunterschiede. Daher braucht man nur drei „Wasserhaltungen“, das sind die Abschnitte zwischen den Stauwehren/Schleusen. Am Anfang liegt der Wasserspiegel bei NN +50,30 m und bleibt 174 km (!) konstant. Dann steigt er auf die „Scheitelhaltung“ (Höhe NN +65 m) und in Wolfsburg geht es wieder runter auf NN +56 m. Dafür braucht es nur 2 Schleusen, die dritte erst am Übergang in den Elbe-Havel-Kanal mit einem Wasserspiegel in Höhe von NN +37,45 m. Insofern sind die Schiffe auch flott unterwegs, denn das Schleusen hält auf.
Durch Schleusenbetrieb, Verdunstung und Versickerung verliert der Kanal ständig Wasser. Das wird in Minden durch ein Pumpwerk (Baujahr 1915) aus der Weser in den Kanal gepumpt. Super Idee, könnte man jetzt sagen, dann ist bald die Weser leer 😱. Damit genau das nicht passiert, wurde die Edertalsperre 1914 gleich mit gebaut. Über die Fulda speist sie Wasser in die Weser. Dass es dann am End irgendwo doch fehlt, werden wir spätestens in den nächsten Jahrzehnten zu spüren bekommen, glaube ich. Andererseits ist die Binnenschiffahrt eine umweltschonende Transportmethode, wie uns das Infozentrum anschaulich mitteilt.
Bei Minden nun kreuzt der MLK die Weser. Das ist an und für sich kein Problem, die fließt in einem 13 Meter tiefer gelegenen Tal, man baut also eine lange Badewanne, setzt sie auf Stelzen (das nennt man dann Trogbrücke), und gut ist.
Aber … die Weser ist ja auch eine wichtige Wasserstraße und da will man natürlich einen Übergang Weser <-> MLK. Und den hat man gleich von Anfang an mitgebaut. Die Abbildung zeigt, was alles dazu gehört:
Man kann also linksrum über die alte Schachtschleuse und die inzwischen daneben befindliche neue, größere Weserschleuse abbiegen oder aber rechts rum durch obere und untere Schleuse. Oder man macht ein Päuschen im Industriehafen.
Die Schachtschleuse – das ist per definitionem eine Schleuse mit Hub über 10 Meter – ist ein Industriedenkmal aus dem Jahr 1914. In den Türmen sind die Gegengewichte für das vordere Hubtor (hinten ist ein Klapptor, das braucht das nicht). Sie hat noch 4 weitere Türme, das sind Ventiltürme, unter denen sich Sparkammern befinden: In die strömt das Wasser beim Schleusen bergab rein, bergauf wieder raus in die Schleusenkammern. So wird 70% des Wassers gespart, das sonst wegrauschen würde. Über die Ventiltürme werden die Sparkammern gesteuert. Dazu gibt es im Infozentrum des WSA eine schöne Simulation:
Heute werden alle Schleusen als Sparschleusen gebaut. Die Becken sind neben der Schleusenkammer terrassenförmig angelegt. Wir können die Weserschleuse in Betrieb beobachten, als ein polnischer Frachter abgeschleust wird. Während der Steuerstand in den Tiefen des Schleusenbeckens verschwindet, schießt das Wasser mit richtig Schmackes in die fast leeren Sparbecken und ratzfatz sind die voll.
Kernstück des Wasserstraßenkreuzes ist natürlich die Trogbrücke, besser gesagt die Trogbrücken, denn neben der alten wurde ab 1993 eine neue Fahrt gebaut. In der Mitte kann man auf der rund 1 km langen Aussichtsplattform entlanglaufen.
Und so sieht das Ganze aus der Luft aus:
Zu gern hätten wir mit einem Schiffschebootsche der Weißen Flotte Minden eine kleine „Probefahrt“ auf dem MLK und durch die Schleusen gemacht, aber leider fahren die Montags nicht. Ruhetag. So ein Mist. Nachdem wir uns das Wasserstraßenkreuz also wirklich von allen Seiten angeschaut haben, fahren wir in die Altstadt von Minden. Das kann man nun wirklich kurz halten, denn etwas wirklich Erwähnenswertes ist uns dort nicht begegnet. Das Beste war fast die Fahrradstraße schnurstracks zurück zum Campingplatz.
Der/die Mindener mögen uns verzeihen, vielleicht waren wir auch einfach schon zu überladen mit Eindrücken.