Flitterwoche

vom 14. bis zum 22. Januar 2023 in Monschau und Aachen

Rubinhochzeit – so nennt man das, wenn man/frau 40 Jahre zusammen durchgehalten haben. Durch Höhen und Tiefen, aber deutlich mehr Höhen – sonst gäbe es ja dieses Jubiläum nicht. 40 Jahre GZSZ im real life 💑.

Weil es ja auch mein Geburtstag ist, darf ich mir dann doch wünschen, was wir machen und ich entscheide sehr zeitig und spontan: Wir fahren zu Rik und Brigitte essen 😋😋. Und weil das ja eine etwas zu lange Anreise wäre, um nur dort zu schlemmen, hängen wir noch eine Woche Aachen hintendran. Die Wetterprognosen sind 😳🥴😲😖🥶, also Städteurlaub statt Eifelwandern.

Meinem Obelix (so beschreibe ich ihn: stellt euch Obelix vor und ihr habt Rik 😉) und seiner lieben Frau geht es gut. Jünger werden die 2 auch nicht, also verkleinern sie, das Hotel machen sie gar nicht mehr, die Öffnungszeiten vom Restaurant sind kürzer und die Urlaube länger! Der große Parkplatz gegenüber ist verkauft. Sicher vernünftig, aber wir sind ein bissel wehmütig, denn über den hatten wir uns ja kennengelernt: wir brauchten für einige Eifelsteigetappen eine Abstellmöglichkeit für unser Auto und fanden die zufällig auf diesem Parkplatz beim Haus Vennblick. Das war 2010! Kinder, wie die Zeit vergeht 👴👵.

Auch vor die Garagen passt der HoGo!

„Unser“ Tisch ist für uns reserviert; doch zuerst gibt es ein ausgiebiges warm-up an der Theke, Brigitte verwöhnt uns schon mit selbstgemachtem Heringssalat und Frühlingsröllchen als amuse gueule.
Dann schlemmen wir uns durch die Speisekarte – Ziegenkäse, Hirschschinken, Schnecken in Kräuterbutter, Rumpsteak und Hirschgulasch. Und dazu Riks belgische Fritten mit homemade Majonnaise 🤤😋.

Entsprechend satt fallen wir in die Betten und schlafen am Sonntag gemütlich aus. Auf dem Weg nach Aachen machen wir noch einen Abstecher zur Senfmühle und decken uns mit Köstlichkeiten (und Geburtstagsgeschenken) ein.

Eigentlich heißt Aachen ja Bad Aachen, aber das nutzen die Aachener nicht, weil sie dann im Städteverzeichnis nicht mehr an erster Stelle stehen würden. Und selbst nennen sie sich Öcher!

Der Stellplatz ist 2,5 km vom Zentrum im eingemeindeten Ortsteil Burtscheid und kann sich sehen lassen mit 47 Standplätzen und allem Komfort, inklusive Duschen und Waschmaschine/Trockner. Alles piccobello! 2 Nächte maximale Aufenthaltsdauer sieht man – zumindest im Winter – nicht so eng, wir können so lange bleiben, wie wir wollen. Der Platz ist gut frequentiert, 10-15 WoMos stehen hier täglich auch im tiefsten Winter, das hätten wir nicht vermutet.

Da in Aachen-Stadtmitte heute nix zu holen ist, spazieren wir nach Burtscheid, dem Kurviertel Aachens.

Im (heutigen) Stadtgebiet von Aachen gibt es zwei Quellzüge, an denen – wie an der Schnur aufgereiht – das heiße Wasser aus ca. 3.000 Metern Tiefe aus dem Kalkgestein austritt. Der in der Innenstadt verläuft unter dem Dom, der zweite, noch größere, ist in Burtscheid. Es sind die heißesten Thermalquellen Europas mit bis zu 74°C.

Viel sieht man allerdings nicht von diesen Quellen, die allermeisten fristen ihr Dasein verborgen unter schnöden Kanaldeckeln. Ausnahme ist der Marktbrunnen hier in Burtscheid, aber auch der ist wegen Wartungsarbeiten außer Betrieb.

Marktbrunnen: Hier käme das heiße Wasser der Landesbadquelle(n) raus

Er würde gespeist aus der Landesbadquelle, der heißesten Thermalquelle Mitteleuropas. Sagenhafte 60.000 Liter pro Minute kommen hier mit stolzen 74 °C aus der Tiefe. Die Quellfassung ist nicht öffentlich zugänglich, das Wasser wird zum Marktbrunnen geleitet, an dem es dann noch eine Austrittstemperatur von 64°C hat. Das Wässerchen hat es auch chemisch in sich, ist reich an Mineralien und vor allem an Schwefelverbindungen. Vermutlich haben die Römer die heißen Quellen mit den Nasen entdeckt 👃. Der Mineral- und Schwefelgehalt führt allerdings auch dazu, dass keine flächendeckende Nutzung der Wärme möglich ist: Rohre setzen sich zu und korrodieren, so sagt man uns. Dennoch gewinnt man in Burtscheid seit 2017 über einen Wärmetauscher 4.8 Millionen Kilowattstunden Wärme zum Heizen von Kurbad und Gebäuden. Geht doch!

Ansonsten bietet Burtscheid ein paar sehenswerte Kirchen und Gebäude, ein Stadttor und einen eher überschaubaren Kurpark.

Nachdem wir zwei Multis und einen EC abgearbeitet haben (mit mäßigem Erfolg) verspachteln wir im HoGo den Rest der mitgebrachten Petersilienwurzelsuppe und schauen dann – auch im HoGo – obligatorisch – den Tatort, und zwar über das hervorragende öffentliche WLAN der Stadt Aachen, das auch auf dem Stellplatz bestens *funzt*.

Montag, der 16. Januar empfängt uns mit gar scheußlichem Wetter: Windig, kalt und nass 🥶 ☔ – Brrrr. Also bleiben die Fahrräder auf dem Träger und wir fahren mit dem Bus in die Stadt zur Touri-Info am Elisenbrunnen. Da decken wir uns mit Wochenkarten für den Bus (à 25 Euro) und einem Ticket für 6 Museen (je 4 Euro) ein. Museum ist aber nicht, da Montags geschlossen, also ist mal wieder Geocachen angesagt.

Wir beginnen mit dem Earthcache am Elisenbrunnen:

Elisenbrunnen, der im Winter allerdings etwas trissiger dreinschaut als hier auf dem Bild im beginnenden Frühling

Das ist irgendwie der einzige Brunnen der an Thermalquellen so reichen Stadt Aachen, der Rest verbirgt sich unter (Kanal)deckeln, aus denen es im Winter dann manchmal dampft. Und stinkt. Weil die Aachener Quellen nicht ganz so heiß sind wie die Burtscheider, enthalten sie mehr Schwefelwasserstoff. Und das riecht man. Der Elisenbrunnen reißt es dann raus und klotzt so richtig: Erbaut unter preußischer Regierung, eröffnet 1827 und benannt nach der preußischen Kronprinzessin Elisabeth (von Bayern), genannt Elise, im 2. WK Krieg zerstört und 1950 fast originalgetreu wieder aufgebaut. Der zentrale Seepferdchenbrunnen zog 1971 nach Burtscheid um (siehe oben), das Wasser sprudelt heute aus zwei goldenen Löwenmäulern.

Marmortafeln erinnern an die prominenten Verkoster des Wässerchens, darunter Peter der Große, der ebensolche Friedrich, Händel und Casanova, die jedoch lange vor der Errichtung des Elisenbrunnens schon das Zeitliche gesegnet hatten, also wohl woanders ihr Becherchen gefüllt hatten. Und trotz des inzwischen angebrachten Hinweises Kein Trinkwasser wird es immer noch getrunken 🤢😖 … Volker übrigens auch, restlos unerschrocken.

Hinter dem klassizistischen Tempelbau geht es durch den Elisenpark Richtung Dom. Wir halten an am Kreislauf des Geldes, einem wie ich finde herrlich gelungenen Brunnen. Das Wasser im Brunnen fließt im Kreis und die Figuren stellen dar Geiz, Gier, Gönnerhaftigkeit und Bettelei. Gespendet übrigens von der Sparkasse Aachen, die kennen sich aus 😂.

Weiter geht es zum Dom (den kriegen wir genauer am Mittwoch), zum Katschhof, dem großen Platz zwischen Dom und Rathaus, zum Marktplatz mit Karlsbrunnen, zum Grashaus, dem ehemaligen Rathaus, später Gefängnis und in weitere Ecken der Altstadt.

Oktogon der Pfalzkapelle
Katschhof – und nein, das ist nicht der Dom, sondern der Turm der Foillankirche
Rathaus und Karlsbrunnen

Wir lassen uns leiten von dem sehr aufwendigen, witzigen Virtual Der virtuelle Karl: Demnach ist die Geschichte des Mittelalters gefälscht, weil 297 Jahre hinzu erfunden wurden 😂. Und dafür findet man tatsächlich „Belege“ in Form von Lücken in der Geschichtsschreibung. Der VC erklärt uns neben vielem anderen auch das Zustandekommen der vielen dreieckigen Plätze in Aachens Innenstadt: Die Römer, die zwischen 0 und 400 n.d.Z. hier in Aquae Granni siedelten, richteten ihre Straßen am natürlichen Geländeverlauf aus, von Nordost nach Südwest (siehe auch die Karte der Quellzüge weiter oben!). Die um 800 erbaute Pfalzkapelle war jedoch – wie üblich nach Osten ausgerichtet und an ihr orientierte sich dann die übrige fränkische und folgende Bebauung. Die römischen Hauptstraßen wurden aber beibehalten und so sind Straßen und Häuser um ca. 40° „verdreht“: Dadurch sind in der Altstadt viele dreieckige Plätze entstanden!

Geometrie der Aachener Altstadt

Leider schmiert kurz vor Ende an Stage 10 das Handy im Regen ab und der Browserverlauf führt immer nur an den Anfang des VC. So ein Mist! Wir fahren also zurück zum Stellplatz, es gibt Pilzomelette und – in Vorbereitung des übernächsten Tages – Avatar I – natürlich über das tolle Stellplatz WLAN.

Und noch etwas ist bemerkenswert an diesem Montag: Verteidigungsministerin Lambrecht tritt zurück. Mit welchen Schuhen weiß man nicht, aber jedenfalls sind wir sie los. Vermutlich zum Glück – aber das Urteil will ich mir dann doch nicht endgültig anmaßen.

An unserem Flittertag Nr. 4, Dienstag, 17.1.2023, steht etwas Besonders an: Ein Multi in der Stadtbibliothek, Lux Libris. Vom Macher von Scottys Spacecruises 😊.

Langer Rede, kurzer Sinn: GROSSARTIG!

Geocacher ACHTUNG SPOILER

Die ersten Hinweise sind in den Katalog eingepflegt 😁
Finale

Die Aufgaben sind nicht einfach, aber es gibt Hinweise und einen „Notbutton“. Den müssen wir bei der letzten Aufgabe drücken – Zauberwürfel ist echt nix für uns 😐.

SPOILER ENDE

Im Anschluss gibt es bei herrlichem Wetter nomma den virtuellen Karl im Schnelldurchlauf sowie ein paar sonnige Bilder von Öche.

Granusturm, bis etwa halbe Höhe aus karolingischer Zeit

Am Mittwoch ist dann vormittags Kultur angesagt! Wir besichtigen zuerst das Rathaus: Um 1350 wurde es von der Aachener Bürgerschaft errichtet, Zeichen der Macht und des Einflusses der Freien Reichsstadt Aachen. Das Rathaus steht auf den Resten der alten Kaiserpfalz, der Aula regia – auch das durchaus symbolträchtig! Teile davon, wie der mächtige Granusturm, bestehen bis heute. Allerdings musste als Zugeständnis an den Status der Stadt als Krönungsort der Kaiser und Könige des Heiligen römischen Reichs (deutscher Nation) ein Saal für das festliche Krönungsmahl (im Anschluss an die Krönung im Dom,) eingebaut werden.

Dieser Saal ist wirklich prächtig, heute wird hier unter anderem der Karlspreis vergeben, mit dem Verdienste um die Einheit Europas gewürdigt werden. 2023 wird dieser Preis an Herrn Selenskyi und das ukrainische Volk vergeben – wobei mir ehrlich gesagt nicht klar ist, womit die sich um die Einheit Europas verdient gemacht haben. Indem sie sich von Putins Schergen ermorden lassen müssen? Hätte Russlands Autokrat statt der Ukraine zuerst Moldau angegriffen, hätten dann die den Preis gekriegt? Naja, die Ukraine staubt ja alle möglichen Ehrungen ab, das scheint so eine Art Opferpolitik zu sein, oder wie man es nennen mag. Ich gönn‘ es ihnen ja, aber ob diese Taktik wirklich hilft?

Im Kapellenerker des Saals sind Duplikate der Reichskleinodien ausgestellt. Die Originale wurden um 1800 vor Napoleon in der Hofburg in Wien in Sicherheit gebracht und sind dort bis heute. Die meisten Teile des Schatzes waren ohnehin nie in Aachen aufbewahrt, sondern in Nürnberg, bis auf Stephansbursa, Reichsevangeliar und den sogenannte Säbel Karls des Großen. Bis auf das Evangeliar (ein prächtiges Buch) stammen so ziemlich alle Teile aus der Zeit nach Karl dem Großen, explizit auch der Säbel! Aber die machen hier so ein Bohei um den Großen Karl, dass man versucht ist, ihm auch mal was Falsches zuzuschreiben.

Nach dem Rathaus ergattern wir etwas unverhofft eine Domführung. Wir steigen hoch unter die Kuppel des Oktogons der Pfalzkapelle, ein Blick den man ohne Führung nicht bekommt. Die sehr sachkundige Domführerin erzählt viel über Karl den Großen (wie könnte es anders sein), der wohl wirklich ein sehr frommer Mann gewesen sein soll. Allerdings stammt alles, was wir über ihn wissen, aus der Feder seines Biographen, des Mönches Einhard. Einhard bewunderte den Kaiser sehr und machte aus ihm einen Helden. Da er das Leben Karls erst zwanzig Jahre später niederschrieb, kann man davon ausgehen, dass er schon Manches vergessen hatte und dafür Anderes hinzu erfand. Ist also mit Vorsicht zu genießen. Sicherlich fühlte sich Karl dem Versprechen seines Vaters Pippin verpflichtet, Papsttum und Kirche zu (be)schützen, aber das war ja ein Deal auf Gegenseitigkeit, weil die Kirche die Frankendynastie legitimierte – vor Gott und damit vor den Menschen. „Frömmigkeit“ im Jahr 800 war sicherlich etwas anderes als heute, erst recht, wenn es ein mächtiger Herrscher war, der sie praktizierte. Ein bisschen ist es heute in Amerika noch so, da musst du als Präsident auch fromm sein oder es zumindest vorgeben, auf die Bibel schwören und sonntags in die Kirche gehen.

Jedenfalls ließ Karl der Große die Pfalzkapelle nebst Pfalzpalast (oder umgekehrt) um das Jahr 800 hier in Aachen errichten. Er war ja seit seinem Machtantritt 768 ständig unterwegs, eroberte halb Europa und musste als Reisekaiser seine Herrschaft durch persönliche Beziehungen vor Ort ausüben und festigen. Es gab ja keine Infrastruktur, keinen Verwaltungsapparat, mittels dessen man von einer Hauptstadt aus hätte regieren können. Außerdem hätten die Ressourcen und die Logistik nicht gereicht, um einen Hofstaat auf Dauer an einem Ort zu unterhalten. Also wanderte der Hof zu den Lebensmitteln etc. und reiste von Pfalz zu Pfalz. Aachen war Karls Lieblingspfalz, man munkelt, wegen der heißen Quellen, die die Schmerzen seiner gichtgeplagten Gelenke linderten. Das hat man davon, wenn man zu viel Fleisch futtert!

Die Pfalzanlage entstand ab 780 (vorher gab es schon kleinere Gebäude), nach seiner Kaiserkrönung im Jahr 800 bezog Karl – so sagt man – die fertige Residenz und blieb dort – zumindest in den Wintermonaten – bis zu seinem Tod 814.

vorne rechts Pfalzkapelle, hinten links die Aula regia mit Granusturm (links), der Platz dazwischen ist heute der Katschhof. Es gab einen Verbindungsgang zur Pfalzkapelle

Nun aber zum Dom! Sein Kernstück ist wie gesagt die karolingische Pfalzkapelle, ein oktogonaler Kuppelbau, der Kirche von Ravenna (und anderen Vorbildern) nachempfunden. Was müssen die Eifeler gestaunt haben! Der erste Kuppelbau nördlich der Alpen. Hier!

Damit wollte der Frankenkönig und (spätere) Kaiser Karl sicherlich auch seinen Machtanspruch als Nachfolger der römischen Kaiser demonstrieren – in Stein gemeißelt sozusagen. Nur für fromme Gebete und christliche Demut hätte es ja ein Holzkirchlein mit Flachdach auch getan 😜. Irgendwie passt mir das frömmelnde Bild, das die Domführerin malt, nicht zusammen mit einem Hünen, Krieger, Feldherrn, Jäger, mit 4-5 Ehefrauen, einer Handvoll Nebenfrauen und zig Kindern und einem Weltreich.

Die prächtige Kapelle wurde dann in den 1200 Jahre ihres Bestehens noch vielfach umgebaut und erweitert:

Wenn man heute den Dom betritt, fallen einem als erstes im Vorbau des Westwerks zwei Bronzestatuen auf: Ein Pinienzapfen und ein Tier, das als Wolf oder Bär durchgehen kann, gemeinhin als Wölfin bezeichnet wird.

Beide verweisen auf die Dombausage, nach der die Bauherren wegen Geldmangel einen Pakt mit dem Teufel schlossen. Als Gegenleistung für die Finanzierungszusage versprach man ihm die erste Seele, die den Dom betreten würde – ein bekanntes Thema, das in vielen Sagen so oder so ähnlich vorkommt. Und so ahnt man schon was kommt: Es war kein Mensch, der den Dom, als erstes betrat, sondern man schickte eine gefangene Wölfin hinein. Der Teufel entriss ihr die Seele – symbolisiert durch den Pinienzapfen – war aber not amused und schlug die Tür beim „Abschied“ so heftig zu, dass sie 1. einen Riss bekam und er sich 2. den Daumen abquetschte, beides heute noch zu sehen.

Wir nehmen aber einen Seiteneingang und steigen über eine Wendeltreppe hoch unter die Kuppel des Oktogons.

In der Kuppel reichen 24 Herrscher Jesus ihre „Kränze“ (Kronen?)
Das Kuppelmosaik wurde zuletzt im späten19. Jahrhundert überarbeitet
Blick in die gotische Chorhalle mit dem Karlsschrein

Oben bewundern wird dann noch den „Karlsthron“ oder Aachener Königsthron, auf dem Karl zwar nicht gekrönt wurde (dafür nach ihm alle Könige bis 1531) – auf er aber wohl den Messen beigewohnt hat. Ob das Ding da immer schon im 1. Stock stand – keine Ahnung. Der Thron ist schlicht, aus Marmorplatten zusammengesetzt und die sind quasi recycelte Diebesbeute, sie stammen nämlich aus der Grabeskirche in Jerusalem. An einer Seite ist ein Mühlebrett eingeritzt, die Platten wurden also vermutlich vorher schonmal in einem Profanbau genutzt.

Udo Jürgens zum Trotz starb Karl der Große im Alter von 66 Jahren am 28. Januar 814 in Aachen und ließ sich dort – angeblich – in einem prachtvollen Sarkophag bestatten, der schon zu seiner Zeit eine Antiquität war (aus dem 3. Jhdt) und den er zu Lebzeiten mühsam über die Alpen nach Aachen habe transportieren lassen.

Im Jahr 1000 ließ Otto III. das Grab öffnen, fand Karl angeblich sitzend darin vor – wie das in der Kiste gehen soll, weiß nur Otto. Der Kaiser müffelte etwas, war aber noch gut in Schuss, bis auf die fehlende Nasenspitze. Die ließ Otto durch eine goldene ersetzen, machte ein paar weitere Ausbesserungen und nahm sich einen Zahn als Souvenir mit, bevor er das Grab wieder zumauerte 😂😂. So berichtet Wissen.de mit Verweis auf eine nicht spezifizierte Quelle. Der Wahrheitsgehalt ist fragwürdig! Der marmorne Sarkophag steht im Aachener Dommuseum, da waren wir aber nicht.

Der Nächste, der Hand an den verblichenen Karl anlegte, war niemand Geringerer als Friedrich Barbarossa: Er ließ Karl 1165 heiligsprechen – allerdings nicht von Alexander III. in Rom, sondern vom damaligen Gegenpapst einem gewissen Paschalis III. und dem Kölner Erzbischof. Das war ein kölscher Klüngel, die sich irgendwie alle gegenseitig eingesetzt hatten, also nicht so ganz ernst zu nehmen. Rom erkannte die Heiligsprechung auch nicht an, gestand aber immerhin später den Aachenern und Osnabrückern (?) zu, sie könnten ihn regional verehren.

1215 veranlasste dann Barbarossas Enkel Friedrich II. die Umbettung der Gebeine (inzwischen war dann doch nicht mehr übrig) in einen eigens angefertigten prächtigen Goldschrein. Der steht in der Chorhalle, die wird aber grad renoviert, also konnten wir nur aus der Ferne von oben schauen. Die darin befindlichen Knochen sind inzwischen wissenschaftlich untersucht, die Ergebnisse lassen durchaus zu, dass es sich wirklich um Karl den Großen handelt.
Da liegt er also nun.

Nach so viel Kultur genehmigen wir uns ein Bierchen mit Frikadelle im König Bräu und verbringen die folgenden 4 Stunden im Kino: Avatar II in 3D und Wackelsessel. Sehr schön! Danach essen wir im Kapuzinerhof im Kaiser Wetter. Der Kaiser lässt uns also heute nicht los.

Tag 6, Donnerstag, ist schnell erzählt. Da waren wir nämlich den ganzen Tag in den Carolus Thermen schwitzen. Herrlich!

Sonst nix? Ach doch: wir haben einen neuen Verteidigungsminister, Boris Pistorius, den man aus dem niedersächsischen Innenministerium abgezogen hat. Der soll’s nun richten. Wohlan!

Freitag, den 20. Januar haben wir zum Glück als Museumstag auserkoren. Der morgendliche Blick aus dem Fenster offenbart Schnee so weit das Auge reicht. Es schneit dicke Flocken und spätestens jetzt sind wir froh, dass wir nicht mit dem Fahrrad, sondern mit dem Bus in die Stadt fahren.

Katschhof im Schnee

Wir beginnen mit dem Couven-Museum, dass neben hübschen Möbeln aus der Zeit des Stadtbaumeisters Couven (um 1750) eine Fotoausstellung über Frida Kahlo zeigt. Mit einer „Doppelgängerin“ werden Selbstportraits der mexikanischen Malerin nachgestellt, durchaus beeindruckend auch für uns als bekennende Kunstbanausen.

Frida Kahlo (1907-1954) hat einen deutschen Vater, der in jungen Jahren nach Mexiko auswanderte und sein Geld als Fotograf verdiente. Frida erkrankte als sechsjährige an Kinderlähmung, davon blieb ein verkürztes, schwaches Bein zurück. Mit 17 wurde sie Opfer eines schweren Busunglücks bei dem sich eine Stahlstange durch ihr Becken bohrte. Auch wenn sie wieder gehen lernte, litt sie ihr ganzes Leben unter den Folgen dieses Unfalls und musste ihren Alltag immer wieder liegend und in einem Ganzkörpergips oder Stahlkorsett verbringen und viele Operationen über sich ergehen lassen. Auch Kinder konnte sie aufgrund des Unfalls nichts bekommen. Aus Langeweile begann sie im Bett zu malen. 1929 heiratete sie Diego Rivera, einen Lebemann, 20 Jahre älter als sie, ein bekannter mexikanischer Maler und Trotzkist. Er betrog sie nach Strich und Faden, sie flüchtete in Alkohol und Affären, ließ sich scheiden, um ihn kurz drauf nochmal zu ehelichen. In der Folge ließ Frida nichts mehr anbrennen, hatte Liebschaften mit Frauen und Männern (unter anderem mit Trotzki), trug Männerkleider und exotische Gewänder, rauchte Zigarren. Sie war wie ihr Mann überzeugte (man könnte fast sagen fanatische) Kommunistin, gegen Ende ihres Lebens auch eine Verehrerin Stalins, zugleich fühlte sie sich der Herkunft ihrer Mutter aus der indigenen Bevölkerung Mexikos verbunden. Kahlo starb mit nur 47 Jahren – vielleicht ein Suizid, vielleicht eine Lungenembolie, man weiß es nicht.

In Ihren Bildern verarbeitet sie – wie könnte es anders sein – dieses außergewöhnliche Leben, Ehe, Unglück, Kinderlosigkeit, Tod, Krankheit, Liebe. Sie hinterließ 144 Bilder, ein gutes Drittel davon sind Selbstportaits oder „Selfies“, wie man heute sagen würde. Auf vielen überbetont sie ihren Damenbart und die markanten Augenbrauen.

Im Zuge der Frauenbewegung der 1970er Jahre wurde aus der bis dahin unbekannten „Frau von Rivera“ eine geachtete Künstlerin, die ihren Mann an Popularität heute weit übertrifft.

Ich finde die Bilder teils ziemlich verstörend, nun ja, sie werden eingeordnet als surrealistisch, da gehört das wohl dazu.

Ausstellung „Die Augen der Frida Kahlo“
Original
nachgestellt

Danach gehen wir ins Centre Charlemagne, wie das runderneuerte Stadtmuseum etwas großspurig heißt. Durchaus schick, aber wenig zusammenhängende Informationen, wie wir finden, sondern Streiflichter anhand von Ausstellungsstücken aus 2000 Jahren Stadtgeschichte. Aber das Bistro macht einen exzellenten Flat white!

Am besten gefällt uns das Internationale Zeitungsmuseum! Das weltweit erste und (inzwischen wieder) einzige seiner Art,. so erklärt uns der sehr engagierter Mitarbeiter am Empfang und gibt uns eine ausführliche Einweisung, bevor er uns in die Ausstellungsräume entlässt. Und hier sind wirklich viele faszinierende Dinge aus hunderten Jahren Journalismus zu bewundern, nicht nur (aber auch) historische Zeitungsausschnitte. Dazu wirklich gut aufgearbeitete Informationen über Publizistik, Journalismus, Medien in Politik und Gesellschaft, berühmte Persönlichkeiten, über die Art der Verbreitung von Nachrichten und vieles andere mehr.

ab 2008
Logo bis 2008

Aufhänger ist die Person von Paul Julius Reuter, 1816 in Kassel geboren, 1899 in Nizza gestorben und niemand geringerer als der Begründer einer der weltweit ersten und lange Zeit größten Nachrichtenagenturen: Reuters Telegraphic Comp. Incorporated mit Sitz in London.
2008 wurde sie mit der kanadischen Agentur Thomson vereint und ist nach New York umgesiedelt.

Im 1. Raum des Zeitungsmuseums

Reuters war ein sehr umtriebiger Mann, eigentlich ein jüdischer Bankkaufmann namens Israel Beer Josaphat, der später konvertierte und sich umbenannte. Er lernte in Göttingen Friedrich Gauß kennen und half bei frühen Experimenten zur Entwicklung der Telegrafie. In Berlin gründete er ein Verlagshaus und publizierte 1848/49 demokratisch gesinnte Schriften, was ihm ein Exil in Paris einbrachte. Dort war er als Übersetzer in einem Nachrichtenbüro angestellt und das brachte ihn wohl auf die Idee, sich in diesem Bereich selbstständig zu machen. In Aachen gründete er die Nachrichtenagentur Reuter, die die Lücke in der Telegrafenverbindung zwischen Berlin und Paris schloss: Die hörte nämlich in Brüssel auf und ging erst in Aachen weiter und normalerweise wurden die Nachrichten per Postkutsche von B. nach A. gebracht. Reuter hatte die geniale Idee, statt dessen die viel schnelleren Brieftauben einzusetzen und hatte damit großen Erfolg. 1851 wurden die Brieftauben durch eine Telegrafenlinie ersetzt und Reuters musste sein Geschäftsmodell erweitern. Dies tat er in London bzw. Irland: Die Nachrichten die per Schiff von Amerika nach London sollten, ließ er vor der irischen Küste in Kanistern über Bord werfen, fischte sie aus dem Wasser, schaffte sie nach Cork, wo die Telegrafenlinie begann und telegrafierte sie nach London, wo sie vor den Schiffen eintrafen. Nach der Entwicklung der Telegrafie hatte Reuters eigene Korrespondenten und Agenturen in allen wichtigen Städten der Welt und verfügte mit seiner Aktiengesellschaft Reuters Telegraphic Comp. Incorporated über ein Nachrichtenmonopol.
Damit nicht genug, war Reuter sogar Gründer Imperial Bank of Persia, der ehemaligen persischen Zentralbank.
Sein Einfluss brachte ihm auch zwei Adelstitel ein, einen deutschen Freiherrn und einen britischen Baron.

Blick in die Zukunft
Im Ei

Nach so viel Wissen genehmigen wir uns im urigen „Postwagen“ am Rathaus ein Bierchen bzw. Weinchen. Es ist das einzige Holzhaus, das den großen Stadtbrand von 1656 überlebt hat.

Der Postwagen

Tja, und dann wollen wir nach Hause fahren, aber oh weh:

In Aachen ist der Busverkehr eingestellt, zu viele Unfälle im Stadtgebiet haben den Verkehr lahmgelegt. Und nix genaues weiß man nicht, weil gleichzeitig noch die Homepage der ASEAG nicht erreichbar ist.

Speisekarte per Tablet!

Also machen wir das Beste draus und gehen im Brauhaus gegenüber vom Theater zünftig essen. Um 20 Uhr sind wir satt und zufrieden und zum Glück fahren auch die Busse wieder.

Zurück im Hogo fang ich endlich mal an den Blog zu schreiben. Volker klimpft. Pistorius zählt Panzer 😣

Am Samstag scheint die Sonne 😎🌞, aber es ist immer noch bitterkalt.

Auf dem Programm steht Cachen im Stadtpark. Eine Fortsetzung der Geschichte von Lux Libris mit Johanna und Opa Friedrich: Viele Worte am Wingertsberg. Doch zuerst ein großer Schreck! Nachdem ich das Sonnenfoto vom HoGo gemacht habe, hab ich das Handy nicht ordentlich verstaut und es ist mir aus der Brusttasche der Jacke gefallen. Jedenfalls ist es weg 😲! Ich mach’s kurz: Dank Volkers know how haben wir es sehr schnell wiedergefunden, ein freundlicher Herr hat es gleich an der Einfahrt vom Stellplatz gefunden und mit nach Hause genommen. Und das konnten wir mit Samsungs „find my mobile“ orten. Glück gehabt 😅.

Der Cache im Park ist wirklich schön! Wir lesen die Geschichte, und wir müssen an jeder Station Begriffe finden, in Raster eintragen (die hab ich zuvor abgezeichnet) und daraus je Station ein Wort erraten, denn wir navigieren nicht mit Koordinaten, sondern mit What3words. Das macht Spaß! Dazu kommt der schöne Stadtpark im Schnee und gut gelaunte Menschen.

Aachen rodelt
und baut Schneefrauen 😂

Am alten Friedhof ist der Spaß dann leider erst mal vorbei, denn unter Schnee und Eis können wir keine Grabplatten ablesen und so bleibt uns auch der gesuchte Vorname der verblichenen Frau Böhme verborgen. Außerdem ist uns kalt 🥶🥶. Zum Glück findet Volker per Tante Google das Café Restaurant Vier Jahreszeiten. Das liegt zwar auf dem Gelände des Seniorenheims (wie wir später lesen, dem von Opa Friedrich aus der Geschichte 😂), ist aber für jedermann zugänglich. Hier bringen wir uns mit Erbseneintopf wieder auf Betriebstemperatur und mit dem Multi kommen wir auch bestens voran, denn man kann ja schon einiges tüfteln, raten, extrapolieren, plausibilisieren. Am End müssen wir eigentlich nur noch zu einer einzigen Station und zwar zu dieser hier:

Da haben die Aachener doch tatsächlich einen Weinberg! Müsste mal geschnitten und gebunden werden, aber immerhin! Nun ja, es ist ja auch der Wingertsberg.

Den Cache finden wir dann bei schieben.vorsicht.anfassen und sind sehr zufrieden.

Auf dem Rückweg fahren wir dann noch über den alnatura in Burtscheid, wo wir uns mit schönen Sachen eindecken und ich koch uns gemütlich gefüllte Paprikaschoten zum Abendessen.

Letzter Tag: Sonntag ist Stadtführung! Wir sind gespannt, ob überhaupt jemand kommt und fürwahr, eine sehr muntere, kleine ältere Dame stellt sich uns als Stadtführerin vor. (Namen hab ich entweder nicht gehört oder vergessen oder sie hat ihn nicht genannt. Mit uns noch zwei weitere Paare, eins davon ebenfalls mit dem WoMo auf dem Stellplatz. Und los geht’s!

2 volle Stunden dauert die Führung und dabei redet das Öcher Mädsche fast ohne Punkt und Komma. Sie zeigt uns Ecken, an denen wir trotz einer Woche Aachen noch nicht gewesen sind und erzählt Sachen, die wir noch nicht wussten. Zum Beispiel, dass Printen von pressen (englisch to print) kommt, weil man den Teig früher in Modeln gepresst hat.

Die Dame hat Connections: Printenverkostung bei Klein

Sie zeigt uns auch die Mayersche Buchhandlung, die seit 2019 zu Thalia gehört und bis dahin die viertgrößte Buchhandlung in Deutschland war und eine der ältesten aus dem Jahr 1817. Der Trend zum eBook setzt den Buchhandlungen zu, so hat sich die Mayersche in Aachen deutlich verkleinert und Flächen anderweitig verpachtet.

Natürlich kommen wir auch am Bahkauv vorbei, das ich bisher unterschlagen habe, obwohl wir da natürlich schon waren und sogar einen 👻 geloggt haben.

Das Bahkauv – Bachkalb – lauerte nachts auf Passanten, vornehmlich Betrunkene auf dem Heimweg, krallte sich auf deren Schulter fest und ließ sich nicht abschütteln. Betete der so Überfallene , machte sich das Bahkauv schwerer, fluchte er, wurde es leichter. Ein wahres Teufelsviech. Zu Hause angekommen, ließ das Untier von seinem Opfer ab und suchte sich ein neues. Der so malträtierte Kneipengänger konnte seine späte Heimkehr dann damit begründen, das Bahkauv habe ihn erwischt und sei sooooo schwer gewesen.

Nach 2 Stunden verabschieden wir uns, kaufen erst mal leckere Printen ein und hocken uns dann ins älteste Café Aachens (auch das hat sie uns gezeigt), das van den Daele. Die machen belgische Confiserie vom allerfeinsten und belgische Reiskuchen – dünner Teig, viel Milchreis drauf und Obst oder Schoki als Topping. Lecker!

Mit dem obligatorischen Tatort beschließen wir dann den Abend im HoGo .

Und am nächsten Vormittag fahren wir nach Hause. Schee war’s 😍.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert