Intermezzo in Mittelerde und Lisieux

25. Mai 2025: Miserai – Brasserie du Perche

Was Tolkien verheimlicht hat: Das Auenland nebst Hobbingen liegt in der Normandie 🤗. Wir haben es entdeckt und sind im Grünen Drachen eingekehrt! Er tarnt sich als „Brauerei zum Barsch“, ist aber unverkennbar.

Volker hat diesen Ort bei France Passion entdeckt und ich musste sofort an den Herrn der Ringe denken. Hätte mich nicht gewundert, wenn da hinten Bilbo Pfeife schmauchend an einem der Holztische gesessen wäre oder Pippin und Merry ein Liedchen zum Besten gegeben hätten.

Aber ich greife vor! Erst mal sind wir eine ganze Weile über Land gefahren. Wirklich Land. Also Pampa. Noch nicht mal Kreisel gab’s, das will in Frankreich was heißen! Kurz hinter Chartres verlassen wir die Region Haut val de la Loire und sind nun in der Normandie.

Von Chartres (D) gelangen wir kurz vor Moutiers du Perche in die Normandie und fahren weiter über L’Hôme-Chamondot (E) zur Brasserie du Perche (F), 80 km

Gegen 14 Uhr biegen wir auf den für unsereins ausgewiesenen Platz ein und verspachteln – inspiriert von den französischen Nachbarn – erst mal weltkulturerbig ein Käseplättchen mit einem Glas Rotwein.

Die Landkarte ist auch vom Auenland inspiriert

Und DANN spazieren wir die paar Dutzend Meter zum Grünen Drachen zur Brasserie du Perche.

Das ist nun wirklich ein Ort, der aus der Zeit gefallen ist. Märchenhaft und wunderbar!

Wir spazieren erst mal eine kleine Runde durch den Auenwald und lassen uns dann später selbstgebrautes Bier und Pizza schmecken.

Die Bierprobe

Übernachten können wir vor Ort mutterseelenallein in der Stille des Waldes. Nur ein Zilpzalp-Pärchen unterhält sich lautstark in der Früh.

Ein herrlicher Zwischenstopp!

Montag, 26. Mai 2025: Lisieux

Am Montag morgen ist das Wetter erst mal etwas trissig, und nach einer Runde Frühsport machen wir uns über Land auf nach Lisieux. Wir sind inzwischen in der Mitte der Normandie angekommen – man denkt ja immer nur an die Küste und an Strände und Klippen, aber es gibt auch ein Hinterland und das ist sehr grün und hügelig.

Mir fallen schon seit gestern die typischen Häuser auf: Alle Konturen – Fenster, Türen, Ecken und Kanten – sind mit Backstein ummauert.

Von der Brasserie du Perche (F) nach Lisieux (G), 83 km
Einer der vielen Stellplätze von Lisieux

Lisieux bietet uns einen zwar nicht wirklich schönen, aber praktischen Stellplatz für umme. Also wird nicht gemeckert! Von dort radeln wir durch das direkt nebenan gelegene schöne Arboretum bergab zur Hauptsehenswürdigkeit der Stadt.

Unser Ziel ist die Basilika der Heiligen Theresa, ein Riesentrumm von kuppelbekrönter Kirche, die so ganz untypisch für Frankreich ist. Kein Wunder: Sie stammt aus dem 20. Jahrhundert (erbaut ab 1929, geweiht 1954) und ist eine der größten Kirchen, die überhaupt in dieser Zeit gebaut wurden.

Nach Lourdes sei dies die am zweitmeisten frequentierte Pilgerstätte Frankreichs, heißt es. Also in Lourdes war ich mal mit Claudia B. so um 2005, als wir für die Männer auf Pyrenäenradtour den Besenwagen gemacht haben. Da hat der Bär gesteppt! Deshalb vermute ich mal, Platz 2 ist ziemlich abgeschlagen, denn im direkten Vergleich ist hier tote Hose.

Es interessiert uns natürlich, wer denn die hier so opulent verehrte heilige Theresa überhaupt ist. Die wohlbekannte Mutter Teresa jedenfalls ist es nicht! Da wäre der Baubeginn 1929 etwas früh gewesen. Die hiesige ist 1873 als jüngstes von 9 Kindern geboren, und war ein sehr aufmüpfiges Kind, bis sie im Alter von 14 Jahren eine Kehrtwendung machte und von heute auf morgen fromm wurde. Konsequent wie sie nach wie vor war, setzte sie durch, schon als Jugendliche ins Kloster aufgenommen zu werden.

Sie starb 1897 im Alter von 26 Jahren an Tuberkulose und ehrlich gesagt hab ich nicht verstanden, warum sie heilig gesprochen wurde. Bis auf eine ziemlich radikale Glaubensauffassung hat sie eigentlich nix Herausragendes getan – zumindest nichts, was ich als besonders verehrungswürdig einstufen würde. Aber die Katholiken haben da sicher andere Maßstäbe als ich.

Die Basilika wirkt auf mich im Inneren viel kleiner als von außen. Das täuscht vermutlich, denn 4.000 Menschen passen rein. Der Stil ist neo-byzantinisch, also ist alles mit Mosaiken verziert.

Ich kann mir nicht helfen, das Brimborium stößt mich irgendwie ab. Ich kann mich auch nicht in Menschen hineinversetzen, die hierher kommen und glauben, eine tote junge Frau könnte für sie vor Gott ein gutes Wort einlegen. Selbst wenn: Dass Gott sich nicht um die Lösung irdischer Probleme schert, das sieht man ja wohl jeden Tag (okee – ich geb’s ja zu, das ist ein invalides Argument, denn so arbeitet er nicht – leider!).

Nun denn 🤷‍♀️🤷‍♂️. Wir kehren dem üppig dimensionierten Gotteshaus den Rücken, rollen weiter runter in die Stadt und sammeln derweil ein paar irdische Geocaches ein.

Über den Handel lernen wir, dass Lisieux seit jeher ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt war, was ihm zuerst eine römische Besiedelung, später mehrere Fürstbischofe und letztlich die Zerstörung (durch die Alliierten!) im 2. Weltkrieg einbrachte.

St. Peter, die gotische Bischofskirche
Der Bischofspalast vom schönen bischöflichen Garten aus gesehen
ältestes Haus

Von den ehemals über 3.000 prächtigen mittelalterlichen Fachwerkhäusern sind nur noch 10% übrig – damit kann Lisieux kein geschlossenes Stadtbild mehr bieten – worauf die touristische Literatur in ihren Lobesreden leider nicht hinweist. Daher bin ich etwas enttäuscht!.

Das was es vereinzelt noch gibt, ist aber überaus sehenswert.

Wir erkunden das Ganze mal wieder mittels Geocache als Reiseführer und sind damit auch ganz zufrieden. Das schicke Finalkistchen finden wir in der Touristeninfo, aber wir scheitern am Vorhängeschloss:

Es will einfach nicht aufgehen. Auch zwei freundliche Mitarbeiterinnen der Touri-Info kriegen es nicht auf. Shit happens …

Zum Schluss zwei schöne Fotos, die Volker im Garten des Bischofspalasts mit dem Samsung S24 gemacht und nachbearbeitet hat. Wer braucht da noch eine teure Kamera und extra Fotosoftware?

Zum Abendessen gib’t es übrigens low-carb-Pizza mit Spinatsalat: Pizzaboden aus Blumenkohlstrünken und -Blättern und der Salat aus Spinatstielen. Schmeckt super lecker! #nowaste #roottoleave #resteverwertung

Die Nacht war super ruhig 😴😴.

Damit ist heute eine Woche rum und wir haben von daheim 822 km zurückgelegt.

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