Oh du schöhöhöner … noch mehr alte Bekannte

25. bis 29. August 2022

Wir machen die „Drohung“ des letzten Weihnachtskärtchens wahr und besuchen jetzt alte Bekannte am Fließband: Christoph in W., mit Peter B. treffen wir uns in Marienstatt und den krönenden Abschluss macht Uller in R. (das ist dann nicht mehr im Westerwald)

Davon berichten wir hier nicht – wir plaudern nicht aus anderer Leute Nähkästchen – nur soviel sei gesagt: As time goes by; der Zahn der Zeit nagt. An einem mehr, am anderen weniger 😉.

Zumindest Flash sieht man das nicht an:

In der Abtei Marienstatt, wo uns unser alter Studienfreund Peter Dienstag Abend „hinbestellt“ hat, haben wir vorher noch Zeit, die schöne Klosteranlage zu besichtigen – natürlich im Rahmen eines Multis, den übrigens die Mönche selbst gelegt haben!

Die uralte Zisterzienserabtei (gegründet 1212) wurde nach der Säkularisation 1888 wieder „in Betrieb“ genommen, heute sind es aber nur noch wenige Mönche, die hier die Geschicke leiten. Neben der Abtei gibt es hier eine frühgotische Basilika (immerhin eine Basilica minor – haben wir in Fritzlar gelernt!) mit der größten Orgel im Westerwald, eine Bibliothek, ein Brauhaus mit Restaurant, eine Buch- und Kunsthandlung, ein Gästehaus und ein altsprachliches Gymnasium in privater Trägerschaft.

Interessant ist, dass der gesamte Komplex zu über 50 Prozent mit selbsterzeugter Energie versorgt wird: Das Wasser der Nister wird durch einen 400 Meter langen Tunnel abgezweigt und in ein Turbinenhaus geleitet. 500.000 kWh Strom werden erzeugt und betreiben Wärmetauscher für die Beheizung der Gebäude. Auch PV und thermische Solaranlagen gibt es. Energetisch sicherlich ein Vorzeigeobjekt!

Allerdings leben nur noch 14 Mönche hier. Aber die sind wie gesagt auf Zack, sind ökologisch vorne dabei, legen Geocaches und fahren Moped. Sind halt auch nur Menschen.

Praktischerweise können wir mit dem HoGo gleich auf der anderen Straßenseite an der alten Schulturnhalle/Kolpinghaus über Nacht stehen bleiben. Am nächsten Morgen, also Mittwoch, fahren wir dann die paar Kilometer nach Hachenburg und nehmen Quartier auf dem dortigen Stellplatz am Burgpark.

Skyline Hachenburg

Hachenburg entpuppt sich, wie von unseren Westerwälder Freunden versprochen, als wunderschönes Städtchen. Es ist zweimal abgebrannt, das letzte Mal 1654, aber danach ist nix mehr passiert und so steht hier ein schönes Fachwerkhaus neben dem anderen. Und ein opulentes Schloss. Das geht zurück auf das Jahr 1180, als die Grafen zu Sayn hier unmissverständlich an der Handelsstraße Köln-Leipzig ihren Einfluss in Stein dokumentierten.

Diese Burg nahm 1654 bei einem großen Brand erheblich Schaden und ab 1719 ließen die Sayn-Hachenburger an seiner Stelle ein prachtvolles fünfflügeliges Barockschloss errichten.

Das fiel nach den Gebietsreformen des Wiener Kongresses 1816 an das Haus Nassau, nach dem 1. deutsch-deutschen Krieg 1866 an Preußen. Seither beherbergte das Schloss Behörden und Dienststellen, Wohnungen für deren Beamte, eine Forstschule, im 2. WK der Arbeitsdienst, 1946 das Finanzamt, ein Heimatmuseum, später diente es sogar als Obdachlosenasyl. Geld für Sanierungen war keines da und das Schloss verfiel mehr und mehr. So konnte es nicht weitergehen, 1971 schließlich verkaufte das Land RLP das Anwesen für 400.000 DM an eine eigens gegründete GmbH. Die versprach, beim Umbau in Wohnungen und ein Luxushotel die historische Bausubstanz zu erhalten, roppte aber dann doch einfach alles Morsche raus – Treppen, Stuckdecken, Kamine, baute sogar Zwischengeschosse ein. 3 Jahre später ging die Schloss-GmbH trotz oder wegen ihrer hochtrabenden Pläne Konkurs.

Die deutsche Bundesbank sprang in die Breche, kaufte das Anwesen und versuchte zu retten, was zu retten war. Heute beherbergt das Schloss die Fachhochschule der Deutschen Bundesbank.

Innenhof Oberschloss

Vom Schloss gelangt man durch einen Torbogen direkt auf den Marktplatz der Stadt. Ein schönes Fachwerkhaus neben dem anderen und das „Steinerne Haus“, das Gasthaus Krone säumen den Platz. In seiner Mitte steht der Marktbrunnen mit dem doppelschwänzigen Löwen, Wappentier des Hauses Sayn-Wittgenstein.

Marktplatz mit Marktbrunnen
Spiegelbild

Natürlich genehmigen wir uns in der Krone ein Hachenburger Pils. Die Brauerei sei 500 Meter die Straße runter, berichtet der sehr ortskundige Kellner. Er erzählt uns auch, das Hachenburg im 2. WK keine nennenswerten Schäden davon getragen hat und sich im Originalzustand präsentiert. Das sind fast alles Gebäude aus der Zeit nach 1654, dem Jahr des letzten großen Brandes. Acht verheerende Stadtbrände sind zwischen 1400 und 1676 dokumentiert, so dass Hachenburg im Schnitt alle 35 Jahre niedergebrannt ist.

Ein Bauerngarten in der Unterstadt
Doppelhaushälften wörtlich genommen

Man kann auch ganz nett shoppen im Städtchen, so erwerben wir in der Bücherei das Neinhorn-Spiel und einen Hamburg-Stadtführer und ich ergattere sogar ein sehr schönes Sommerkleid, einen blumigen Kaftan aus Viskose!

Abends werfen wir die Paella-Pfanne an und endlich wird mal wieder am HoGo gekocht. Nach einer ruhigen Nacht geht es dann weiter nach Rösrath, mit Zwischenstopp an einer etwas abenteuerlichen V+E-Station irgendwo im Nirgendwo. Wir kommen gegen 13 Uhr bei U. an und passen grade so vor ihre Garage. Die Fahrräder stehen zwar über, aber die Müllabfuhr kommt gut durch!

Auch hier ist die Wiedersehensfreude groß und es ist so schön zu erleben, dass die Vertrautheit geblieben ist, auch wenn man sich nur noch sporadisch sieht. Wir lernen M. kennen, Ingenieur, Künstler, Buddhist und Pole, ein sehr sympathischer Mann! Mit dem vorherigen M. hat er zum Glück nur den Anfangsbuchstaben gemeinsam 😂. Wir erzählen viel über den Besuch von Bernd in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021. Einen Meter hoch stand das Wasser im Wohnzimmer 😥. Zum Glück hat die Versicherung gezahlt und U. ist vor 2 Wochen wieder eingezogen.

Parallelstraße: Ein riesiges TB-Hotel im ausgedienten Spielhaus der inzwischen erwachsenen Kinder 👍💜.

Am nächsten Morgen wird ausgiebig gefrühstückt, geduscht und noch ein wenig geklönt, bevor wir gegen 14 Uhr wieder weiter ziehen.

Tschüs bis zum nächsten Mal.

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