Spargel und „Theo“logie im Weingut
29. April – 2. Mai 2022
Am Freitag schnappen wir uns in Klingenmünster das ein paar Tage zuvor errechnete Final des kleinen Multis im Park (das uns ordentlich bergauf schickt) und rüsten dann zur Umsiedlung nach Nußdorf ins Weingut PAN der Familie Pfaffmann. Hier waren wir letztes Jahr mit Christiane und Henning und Seniorchef Theo ist uns in bester Erinnerung geblieben. Gäbe es ihn nicht, man müsste ihn erfinden.
Aber der Reihe nach: Gegen 15 Uhr kommen wir an und machen auf der WoMo-Wiese Bekanntschaft mit den „Nachbarn“ Hartmut und Steffi aus Karlsruhe mit ihrem bezaubernden Mischlingshund Houdini. Morgen werden noch weitere Gäste anreisen, Hartmut hat den Überblick.
Wir ötteln ein wenig rum, klappen die Liegestühle auf und genießen die Sonne ☀️. Abends gibt es für mich Lets Dance 💃🕺.
Am Samstag machen wir uns mit den Fahrrädern auf nach Landau und spielen dort eine schöne Audio-Letterbox mit einer witzigen Zeitreisegeschichte: Ein junger Mann reist zurück ins Jahr 1851, um den Stempel der Stempler zu finden, die damit die Welt mit Bürokratie und Formalismus überziehen wollen.
Das Setting der Story sind die Relikte von Festung und Fort Landau.
Schon bei unserer Hinfahrt durch Landau, war ich überrascht über das Aussehen der Innenstadt: so gar nicht pfälzisch sieht es hier aus, lauter große, vornehme Häuser, irgendwie seltsam. Nun, wir erfahren bald warum: Landau gehörte von 1648 bis 1815 zu Frankreich, erst als eine Art Protektorat nach dem 30jährigen Krieg, ab 1680 komplett. Die Franzosen bauten die Stadt unter Leitung des berühmten Architekten Sebastien le Preste de Vauban zu einer Festung aus. Zu Pass kam ihnen dabei, dass bei einem Großbrand 1689 fast die komplette Innenstadt zerstört wurde, „423 Häuser minderer Qualität“, wie Vauban vor dem Feuer konstatierte. Insofern wundert es nicht, dass Brandstiftung durch die Franzosen auch heute noch vermutet wird 🔥.
So entstand neben der typisch französischen Festung mit 8 Bastionen auch gleich eine neue Kernstadt, die auf die Bedürfnisse des Militärs zugeschnitten war: Stattliche Offiziershäuser, Magazine, Militärgefängnis, Präfektur etc., alles quadratisch, praktisch, gut und in Rechtecke aufgeteilt.
Womit das eingangs erwähnte, „unpfälzische“ Aussehen der Stadt erklärt wäre.
Im 18. Jahrhundert wurde weiter befestigt und verbessert.
Durch ein ausgeklügeltes System von Wehren und Schleusen wurde der Fluss Queich in den „Bürgergraben“ umgeleitet, man konnte das Vorfeld der Bastionen fluten und so die Mauern sturmfrei machen. Solch eine Inondationsschleuse gab es auch in der ehemaligen Festung Mainz, sie setzte das Gartenfeld unter Wasser.
Weil die Festung im Nordosten vom Kaffenberg aus angreifbar war, baute man dort noch ein Fort. Heute ist das der Campus der Uni.
Nach dem Sturz Napoleons fiel Landau 1816 zurück an Deutschland, genaugenommen an das Königreich Bayern. 1831 wurde die Stadt Bundesfestung, war also dem Deutschen Bund unterstellt. Die Bayern stellten weiterhin die Garnison.
Nach 1871 gab man die mittlerweile völlig veraltete und militärisch überholte Festung auf und schleifte die Anlagen. Es ist aber noch einiges erhalten.
Die Letterbox führt uns also zu den Relikten von Fort und Festung. Die gut erzählte Story lässt keine Langeweile aufkommen, zumal wir manchmal ganz schön überlegen müssen, wo es denn nun langgeht. Lustig ist der pfälzische Zungenschlag mit seinen verschliffenen, weichen Konsonanten: Ledderbox, Stembel, Straase, Noddtor und so weiter 😂. Leider werden wir am Final nicht fündig, die Dose scheint gemuggelt, denn wir sind am richtigen Ort. Nun ja, der Weg war das Ziel und wir haben Interessantes gesehen und gelernt.
Zurück in Nußdorf steht das Event an, wegen dem wir gekommen sind: das Spargelessen im Weingut PAN. In der großen Halle haben die Pfaffmänner und -frauen große runde Tische eingedeckt und nach einem Begrüßungs-Secco beginnt das Schlemmen um 18 Uhr. Natürlich nicht ohne gebührende Ansprache, vor allem von Theo. Sein Sohn Thomas, der Weinmacher, sei das Bild und er der Rahmen, so stellt er die Arbeitsteilung der Familie vor. Weil „Tommy“ so guten Wein macht, wohne er noch hier und wenn er ihn nicht für umsonst bekäme, würde er ihn sogar kaufen. „Auf das schöne Leben“ stoßen wir alle an.
Über den Abend verteilt folgen weitere Bonmots aus der philosophischen Schatzkiste des Theobald P. 😂, wie „Ich kann den Zufall organisieren“ und „Gott ist eher so eine Orientierungshilfe“.
Das mit dem Zufall scheint irgendwie zu stimmen, denn unter den Gästen ist – rein zufällig – Michael B., ein toller Klavierspieler und Entertainer, der auf dem pfaffmannschen Klavier bis Mitternacht die Hütte zum Kochen bringt. Von Volksmusik über Schlager und Udo Jürgens bis hin zu Elvis, Joe Cocker und Frank Sinatra – und vor allem die Mädels singen begeistert mit. Ich bin natürlich auch in meinem Element 🎶💃🏻.
Ein herrlicher Abend! Natürlich ist das alles andere als „corona-konform“, aber das ist uns heute herzlich egal. Sollten wir uns angesteckt haben, es hat sich gelohnt! Immerhin gilt hier die 3G-Regel: Grauburgunder, Gewürztraminer, Grap-PAN. (3G+ mit Gin) 😂😂.
Ganz spannend ist auch noch die Unterhaltung mit dem jungen Künstler Christian Feig, dessen großformatige Gemälde die Halle schmücken. Sie haben Namen wie Madrid und Stockholm, was sich einem bestenfalls auf den 2. Blick erschließt. Christian Feig, im Hauptberuf Lehrer für Kunst und Geografie, erklärt uns, die Bilder sind auf Landkarten entstanden über die er Acrylfarbe mit einem großen Rakel aufgetragen hat. Wenn man genau hinschaut, kann man das angeblich erkennen. Die Bilder seien aber bewusst sehr abstrakt, es soll jeder darin erkennen, was er eben sieht. Theo z.B. sieht den Klimawandel oder die Rodung des Amazonas-Regenwalds. Für mich ist es Trockenbeerenauslese, für unseren Tischnachbarn Jägermeister.
Kurz nach 12 fallen wir in die Kojen und stellen beruhigt fest, dass wir es trotz der vorzüglichen Weine mit dem Alkohol nicht übertrieben haben 😅.
Am Sonntag besuchen uns Fe und Abi mit dem kleinen Schatz, der mit seinem Ikea-Lauflernwagen über die Wiese wetzt, voll süß! Derweil findet im Weingut die 2. Runde des Spargelessens statt und Theo schwingt schon wieder Reden, sabriert Sektflaschen 🍾🗡 und trinkt fleißig mit seinen Gästen 🍷🥂. Seine Leberwerte würden mich echt interessieren 🤭.
Wir lassen den Nachmittag geruhsam ausklingen, am End stehen wir allein auf der Wiese am Wingert, alle anderen sind abgereist. Abends gibt es das obligatorische Sonntagsprogramm: Tatort.