Freitag, 3. Juli bis Montag, 7. Juli: CP Sägmühle im Pfälzer Wald
Die von Volker verhassten Google-News auf dem Handy sind zugegebenermaßen zumeist nur clickbait, aber manchmal dann eben doch nicht: Als Geheimtipp in RLP wurde hier vor ein paar Wochen die Karlstalschlucht angepriesen und siehe da, die liegt doch genau am Weg in die Ardennen, die wir ansteuern möchten. Zwar nur ein paar Kilometer südlich von Kaiserslautern, aber schon so richtig im Pfälzer Wald. Das dazu gehörige Städtchen heißt Trippstadt und verfügt – neben der Schlucht – über ein Barockschloss und einen dazu gehörigen Wassertunnel. Einen Campingplatz gibt‘s auch ein wenig außerhalb an einem kleinen Stauweiher des Kottelbachs. Ich fackele nicht lange und buche uns ein paar Tage vor der Abfahrt dort ein Plätzchen. Besser ist es, in der Ferienzeit nicht auf gut Glück anzureisen.

Der nette junge Mann an der Rezeption weist uns (ob der Reservierung oder sowieso) tatsächlich einen Platz direkt am Ufer des kleinen Sees zu, ganz idyllisch, im Schatten einer Schwarzerle und wirklich nur 2 Meter vom Wasser.




Den Nachmittag rühren wir uns nicht vom Fleck, nur um mal eine Runde zu schwimmen. Man stand fürwahr schon schlechter!



Um 18:15 Uhr offenbart sich der Haken an der Sache – vor allem für Volker: Livemusik von nebenan! Vom Herzilein, das nicht traurig sein muss, über den schönen Pfälzerwald (wo die Sau geschlacht und die Worscht gemacht wird) bis zu Heidiheidoheida – alles dabei. Mit Blasmusik natürlich und singen tun sie auch, alles leicht schräg. Mein Favorit ist ganz klar die Darbietung von La Paloma wie weiland Hans Albers mit viel Schluchz und verwaschener Aussprache 🤣. Ich find’s herrlich. Es passt total hierher! Gestern war Tanzabend, morgen ist Schnitzelabend, und heute eben Dicke Backen Musik 🎷🥁🎺. Dorfleben.

Mit oder ohne Musik – wir genießen die Abendstimmung an „unserem“ kleinen See, die Badegäste gehen, das Licht wird diffus, der Wind legt sich und in der stillen Wasseroberfläche spiegelt sich die Welt – zumindest der Teil der jetzt gerade für uns zählt!

Samstag, 4. Juli 2025: Der Hackesche Triathlon
Die angekündigte Wetterverschlechterung verspätet sich (scheinbar ist in diesem Land nix mehr pünktlich), aber das soll uns recht sein. Heute steht die Karlstalschlucht auf dem Programm. Die ist eigentlich recht übersichtlich, so richtig schluchtzen tut es nur auf etwa einem Kilometer, auf dem die Moosalbe ihr Bett durch den Sandstein gezwängt und mit Felsbrocken um sich geschmissen hat.
Das gefiel auch dem Landschaftsarchitekten Friedrich Ludwig von Sckell, der im Auftrag des amtierenden Trippstädter Freiherrn Karl Theodor von Hacke um 1790 dessen Schlossgarten aufhübschte. Von Sckell war einer der ersten Gestalter von Landschaftsgärten überhaupt (z.B. Schwetzingen, Englischer Garten München, Schönbusch in Aschaffenburg). Vom Karlstal war er restlos begeistert:
„Eines der schönsten Thäler, die ich in dieser Art gesehen … habe …, liegt in der Herrschaft Trippstadt …, damals das Karlstal genannt.“
Auf Wunsch des Freiherrn motzte Sckell das 1 km lange Herzstück der Schlucht mit kleinen Holzbrücken und einem hölzernen Pavillon auf, und machte es quasi zur Verlängerung des Schlossparks. Ursprünglich hieß es Wüstetal, dann erhielt es nach Freiherr Karl Theodor von Hacke den Namen Karlstal. Wer zahlt, bestimmt.
Wir radeln wenige Kilometer bis zum Einstieg in die Schlucht – okee, es sind sehr wenige, genaugenommen nur 2, aber 2 hin und 2 zurück macht 4 und die Mehrkilometer möchte ich meinem Knöchel noch nicht zumuten.

Unser „Rundweg“ ist sehr unrund: Er führt gut 3 Kilometer oberhalb der Moosalbe flussab und dann unten durch die Schlucht wieder zurück. Auch wenn die Verlockung groß ist, wir gehen erst den langweiligeren Weg und sparen uns the best for last.

Aber auch oben gibt es Schönes zu entdecken, nämlich ganz viele Schmetterlinge, die umhergaukeln und von den Brombeerblüten naschen. Vor allem sind es Kaisermäntel, aber auch die besonders schönen Tagpfauenaugen.



Ziemlich fix erreichen wir Unterhammer, eine ehemalige Hammermühle und Eisenschmiede. Eisenherstellung hatte im Pfälzerwald eine lange Tradition, es gab wohl schon vor dem 30-jährigen Kriegen eine „Eisenschmelz“ im Moosalbtal. Lokale Eisenerzvorkommen, viel Holz für die Holzkohleherstellung und Wasserkraft waren günstige Standortfaktoren für die vorindustrielle Eisengewinnung- und verarbeitung.
Die uns bereits begegnete Sippschaft der Freiherrn von Hacke machte auch in Eisen, so ließ einer Anfang des 18. Jahrhunderts den „Unterhammer“ bauen, eine große Eisenschmelze und Schmiede und gleich noch weitere Hammerwerke an der Moosalb, den Mittel- und Oberhammer. Ab 1800 verscherbelten sie die Eisenwerke (und 1833 das Schloss!) an eine Familie Gienanth, die sich einen der größten vorindustriellen deutschen Eisenhüttenkonzerne zusammenkaufte, mit drei Hochhöfen und Werken in Trippstadt, Eisenberg, Hochstein und Schönau. Am Unterhammer wurde groß investiert in ein Herrenhaus, eine neue Zufahrtsstraße, ein Blechwalzwerk und einen neuen Hochofen.
Aber es half am End alles nichts: Holzkohle und Wasserkraft konnten mit der Dampfmaschine nicht konkurrieren. Vor allem fehlte es an einer Anbindung an das Eisenbahnnetz, das ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Industrialisierung vorantrieb.




Aber der Unterhammer hat die Zeiten trotzdem gut „überlebt“: Die ehemalige Schmiede wird restauriert und man kann dort Schmiedekurse belegen. Noch in diesem Jahr soll wieder ein Mühlrad eingebaut werden (es liegt schon bereit!), angetrieben vom Wasser des Stauweihers der Moosalbe. Da hab ich mich gleich mal für den Newsletter registriert, das will ich mir anschauen, wenn es fertig ist. Außerdem gibt es hier verschiedene Gesundheitsbetriebe, ein Café und eine Brauerei. Deren Produkte mussten wir natürlich probieren: Sehr gutes Bier machen die, das haben wir in einem aufopferungsvollen Selbstversuch getestet 🍻! Vermutlich gibt es auch guten Kuchen, der aber erstaunlicherweise nur einmal gegessen werden kann 🤣. Gut, dass man drauf hinweist!

Wir machen uns etwas bierselig auf den (Rück-) Weg Richtung Schlucht. Die Moosalbe fließt neben uns ganz gemächlich durch ein breites, sumpfiges Tal.


Unterwegs kommen wir an einem hübschen Quellbecken mit spiegelglatter Oberfläche vorbei. Magisch!
Hier hat sich übrigens Thymianseide über das Quellmoos hergemacht, eine parasitäre Pflanze, die wir in der Bretagne das erste mal gesehen haben.

Und dann kündigt sich endlich das Herzstück der Wanderung an, die Karlstalschlucht.

Aus dem träge dahinströmenden Wässerchen wird ein munterer kleiner Bach, der über Stock und Stein dahinplätschert. Eine willkommene Abkühlung! Kinder planschen, Hunde ebenso und auch wir tauchen die Füße in das kühle Nass.
Hübsch ist sie, die Karlstalschlucht, wenn auch wenig spektakulär im Vergleich zu so mancher Klamm im Alpen(vor)land. Und in der Tat ein sehr beliebtes Ausflugsziel für Groß und Klein. Hier hätten unsere Enkelchen sicher auch ihren Spaß.





Zu der Zeit konnten sie etwas oberhalb, in der Aḿseldell, noch einen Irrgarten, eine Kegelbahn und einen Schießstand besuchen.


Ein sehr alter Geocache (von 2003) bringt uns noch auf einen kleinen Abstecher zu dieser Felsenhöhle, in der eine sehr verblichene und kaum lesbare Gedenktafel vom tragischen Tod des jungen Fräuleins von Wilenstein kündet. Sie hatte sich unstandesgemäß in einen Schäfer verliebt, der aber ums Leben kam. Trost suchte sie beim Klausner in ebendieser Felsenbehausung. Der konnte sie aber auch nicht trösten und sie ertränkte sich im Bach (das muss man auch erst mal hinkriegen, aber vielleicht war ja Hochwasser).
Wir finden in der Höhle die Koordinaten für die finale Tupperdose, für die wir nochmal wenige hundert Meter den Bersch enuff müssen. Was tut man nicht alles für sein Hobby.

Am opulenten Denkmal für einen verblichenen Oberförster aus der Familie der von Hackes ist unsere Wanderung beendet, gut 7 Kilometer waren es. Genug für meinen Knöchel, aber nicht zu viel. Es wird!

Wir radeln zurück zum Campingplatz und stürzen uns nochmal beherzt in die Fluten des Badesees, womit wir die dritte Disziplin des Hacke-Triathlons absolviert haben 🚶♂️🚴🏊️.
Am Abend gibt’s Schnitzel in der Sägmühle, doch das ist eher ein Reinfall. Wir warten elend lange und dann ist zumindest mein Schnitzel eher eine Kinderportion. Und das in der Pfalz. Sachen gibt’s. Schwamm drüber.
*** Fortsetzung an dieser Stelle folgt ***