Unbesiegbare Gallier, ein Löwe und 130 Gigabyte

Freitag, 10. Mai 2024: Belfort

Nun ist es heute doch eine kryptische Überschrift geworden, aber die ein oder andere lässt sich schon verkraften.

Wir verbringen die Nacht auf dem Stellplatz von Belfort auf der Place d’Épide. Google übersetzt das mit „Epidemieparken“ 😂😂. Er ist groß und hässlich aber für umme und dicht an der Stadt. Und die wollen wir besichtigen, also wird nicht gemeckert.

Belfort ist eine Festungsstadt. Und nicht irgendeine! Sie gehört zum Eisernen Gürtel  des genialen Festungsarchitekten Vauban, der in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts die Ostgrenze Frankreichs befestigen ließ. 12 seiner Festungsbauten sind in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen worden!

Belfort gehört zwar nicht dazu und ist doch besonders. Wie man auf dem Plan sieht, umschließt die Festung die Altstadt – ich muss unwillkürlich an das kleine gallische Dorf von Asterix und Obelix denken. Und so unbeugsam wie die Helden von Goscinny und Uderzo sind auch die Soldaten von Belfort: Die Zitadelle galt als uneinnehmbar.

Ihre Sternstunde hatte sie im deutsch französischen Krieg 1870/71, als sie 103 Tage lang der Belagerung und dem Beschuss der preußischen Truppen standhielt, bevor man schließlich – auf Befehl der französischen Regierung – kapitulierte. Im folgenden Friedensvertrag von Frankfurt blieb Belfort als einzige Grenzstadt französisch! Ich sag ja: Wie ein kleines gallisches Dorf im Feindesland!

Zum Gedenken an diese Heldentat schuf der Bildhauer Frédéric-Auguste Bartholdi 1875-1880 die Skulptur eines Löwen aus rotem Sandstein, die von einer Terrasse unterhalb des Kommandatenbaus seither über die Stadt wacht.

Das ist er: Der monumentale Löwe von Belfort: 11 Meter hoch und 22 Meter lang.

Bartholdi arbeitete gleichzeitig an seinem bekanntesten Werk, vermutlich der berühmtesten Skulptur ever: Der Freiheitsstatue.

Vom Löwen geht es noch höher hinauf auf die oberste Ebene der inneren, ältesten Bastionen. Von hier hat man einen fantastischen Blick über die Stadt auf der einen und die äußeren Verteidigungsanlagen auf der anderen Seite.

Sieht aus wie eine BMX-Bahn, ist aber ein ausgeklügeltes System aus Gräben, Tunneln und Geschützstellungen.

Ich muss ja sagen, ich habe ein Faible für diese Festungsbauten! Nicht umsonst hab ich mich bei der Mainzer Zitadelle ziemlich in dieses Thema reingegraben.

Wir stapfen dann wieder nach unten und biegen links ab in die Altstadt. Es ist angenehm wenig Trubel hier, nur auf dem großen zentralen Place d’Armes, dem Exerzierplatz, ist mehr Betrieb, man sitzt im Café oder im Restaurant, eine entspannte Atmosphäre.

Place de la Grand Fontaine

Am Place d’Armes finden sich auch das Rathaus, die Kathedrale und ein weiteres heroisches Denkmal für die Verteidiger von Belfort. Das wird hier gefeiert!

Gegen 13 Uhr sind wir „durch“ mit Belfort und bevor es weiter nach Besancon geht, lenken wir den HoGo in die Suburbs zum E.Leclerc-Supermarkt. Der verkauft alles, aber wir wollen nur eines: Bytes! Und zwar viele! Die soll es hier geben, für kleines Geld.

Das Thema „Internet auf Reisen“ treibt wohl jeden Wohnmobilisten um. Und es werden zahlreiche teure Lösungen angeboten – WLan-Router zum Beispiel. Da ist man schnell sehr viel Geld los, denn zu dem Blech muss ja auch noch eine SIM mit Datenvolumen gekauft werden. Wir haben uns überlegt, ein altes Handy mit Prepaid-Karte als Hotspot zu benutzen. Und bei Leclerc gibt es extrem günstige Prepaid-Karten! Aber einige Fragen haben wir natürlich noch, nicht dass wir am End einen lebenslangen Handyvertrag in Frankreich abschließen und alle Jahr ein neues iPhone dazu kaufen müssen – oder so. Für die Fragen bin ich zuständig und schildere der jungen Verkäuferin, was unsere Absicht ist. Hocherfreut beginnt sie, im Tempo eines Schnellfeuergewehrs auf mich einzureden – ich verstehe nur Bahnhof! Die Franzosen sagen ja auch nicht „SIM-Card“, „prepaid“, „online“, „Gigabyte“ oder „Hotspot“ – neeiiiin, das ist alles eingefranzösischt. Und das hab ich natürlich nie gelernt (online heißt au ligne, soviel weiß ich jetzt). Aber am End hab ich doch 85-90% kapiert, der Rest ist Risk und Fun. Und der Reglo-Mobile-Tarif unfassbar günstig.

Als wir den Leclerc verlassen sind wir stolze Besitzer einer SIM-Karte mit 130 GB Datenvolumen pro Monat für schlappe 9,50 Öcken! Auch die Aktivierung ist einfach und es funzt! Jetzt können wir entspannt den Sonntags-Tatort streamen und ich die Let’s dance-Staffel zu Ende gucken.

Wir entscheiden uns gegen den Parkplatz am Stadtzentrum von Besancon und steuern statt dessen den Campingplatz 8 km außerhalb an. Bei dem herrlichen Wetter haben wir keinen Bock auf Asphalt. Hier ist es schön!

Am späten Abend gibt es noch ein ganz besonderes und für unsere Breiten super seltenes Himmelsspektakel zu bewundern:
Aurora borealis – Polarlichter! Man glaubt es kaum!

Abi informiert uns um 22:19, dass daheim über Bensheim der Himmel brennt. Und tatsächlich auch hier bei Besancon am 47. Breitengrad können wir unser erstes Polarlicht bewundern. Echt toll. Das Bild beschönigt nichts, es sah wirklich so aus. Viele weitere Handy-Fotos habe übelst übertrieben, die wir hier besser nicht zeigen.

Von Belfort (G) bis zum Camping de Besancon Chalezeule (J), 90 km

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