Tag 5: Von Sevelen nach Arbon

Rhein(sch)auen und Einsauen

Nach der abendlichen Pflichtlektüre mit Elke waren wir auf fast alles vorbereitet. Nur nicht auf das Wetter, obwohl wir natürlich auch da mit allem gerechnet haben. Also wird am Morgen erst mal der Regenponcho eingeweiht.

Wir radeln bei Landregen durch das immer breiter werdende Rheintal, durch schöne Dörfer, Werdenberg, die kleinste Stadt der Schweiz, zwischen Wiesen und weidenden Kühen, die sich über das Wetter keinen Kopp machen. Der Rhein ist weit weg, aber zahlreiche Kanäle durchziehen das Ried.

Nach einer Weile geht es wieder zum eigentlichen Fluss und um den Radweg an der Autobahn zu vermeiden, wechseln wir auf die österreichische Seite. 

Hier geht es schnurstracks immer auf dem Damm lang, links den kanalisierten Fluss, vor uns der regennasse Asphalt.

Doch halt!!! Was ist das? Ein kleines rosa Etwas mitten auf dem Weg ?. Achtlos von einem Kleinkind im Regen ausgesetzt. Wir taufen es das Schilli (nach der ehemaligen Landeswährung) und nehmen es mit. Schlappmann wird sich freuen.

Nach 53 km erreichen wir Lustenau und schauen uns die Ausstellung im Museum Rhein.schauen an. Es geht um die Geschichte der Regulierung des Alpenrheins. Kurzfassung: Der Rhein führt aus seinem Quellgebiet und durch seine Zuflüsse sehr viel Geröll, Kies und Sand, sogenanntes Geschiebe, mit. mäandrierende Rhein hat zahlreiche katastrophale Hochwasser verursacht. Sobald sich sein Gefälle und damit die Fließgeschwindigkeit verringert, lagert er dieses Material in seinem Bett ab. Dadurch tritt er über die Ufer und verursacht Überschwemmungen. Im 19. Jahrhundert mäandrierte der Alpenrhein in einem 200 bis 300 m breiten Flussbett. Die Bewohner der Dörfer bauen nach Gutdünken sogenannte Wuhren, die das Wasser von ihnen fernhalten sollten … das dann den Nachbarn überschwemmte.

Um der „Rheinnot“ Einhalt zu gebieten, wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts gemeinsam von den Anrainerstaaten Schweiz, Österreich und Liechtenstein zunächst Dämme gebaut und der Rhein begradigt, später verengte und vertiefte man das Flussbett, damit durch die erhöhte Fließgeschwindigkeit das Geröll weitertransportiert und nicht abgelagert wurde.

Der Rhein erhielt sogar eine neue Mündung in den Bodensee (Fußacher Durchstich). An der Mündung ist natürlich Schluss mit Fließgeschwindigkeit, also lagert sich das Geschiebe nun hier ab und wird fleißig ausgebaggert. Damit feinere Sand nicht auch noch die Mündung verstopft, hat man diese „vorgestreckt“: auf dem abgelagerten Geröll und Kies wurden Dämme gebaut, die den Rhein mehrere Kilometer weit in den See hineinleiten. Dort erst sinkt dann der Sand auf den Seegrund. Und fertig sind die Ingenieure noch lange nicht in ihrem Bestreben, das dem Rhein abgetrotzte Land zu verteidigen und den Status quo zu erhalten. Elke vergnügt uns mit einem Zitat von Albert Einstein, der seinem Sohn, welcher sich als Ingenieur mit der Strömungsdynamik des Rheins befasste, geraten haben soll: „Lass es sein, das ist viel zu kompliziert“.

Genug der Theorie! Wir radeln nun über den künstlich angelegten Neuen Rhein zum Alten Rhein und wieder auf Schweizer Staatsgebiet. Wer glaubt, das ehemalige Rheindelta sei ein naturbelassenes Schutzgebiet, der irrt: Landwirtschaft, Wohnbebauung, Industrie, sogar einen Flughafen gibt es hier. Die Tiere am Alten Rhein stört es wenig, unser Animal of the Day ist der Reiher, den es hier zuhauf gibt.

Und weil hier so wenig zu sehen ist, fallen uns dann ganz andere Sachen auf. Zum Beispiel die Beschilderung der Gehwege:

Wo in Deutschland eine Frau ein geschlechtsneutrales Kind an der Hand führt, weil das Fahrrad im Keller steht, entführt in Österreich ein Mann mit Hut ein kleines Mädchen, nachdem er ihr Rädchen entsorgt hat. Sachen gibt‘s ???  

Hinter Altenrhein erhaschen wir dann auch den ersten Blick auf den Bodensee

Und radeln eher minder als mehr am Ufer entlang. Nach 79km erreichen wir unser Tagesziel Arbon, ein hübsches Städtchen, wie sich noch zeigen wird. Für heute haben wir aber genug, Essen und Bett!

Und noch nicht mal bloggen, denn unsere Website wurde gesperrt, weil angeblich ein Hacker sie mit Schadsoftware infiziert hat. Nicht diesen Blog, aber  der musste auch drunter leiden.

Wir lassen uns von Elke und Tom noch auf den morgigen Tag einstimmen (Der Rhein wird erwachsen, meint sie) und schnarcheln dann sanft vor uns hin.

Fakten: 79 km, Wetter sehr bescheiden, zum Nachmittag hin etwas besser. Übernachtung Arbon, Rotes Kreuz. Animal of the Day: Reiher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.