Jonsok

22. bis 24. Juni in Bud (sprich Büd mit einem ganz leisen „d“)

Jonsok – die Johanniswache – das feiert man in Norwegen in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni*, den angeblichen Geburtstag Johannes des Täufers. Halt wie bei uns Johannisnacht. Und wie Weihnachten Bezug zur Wintersonnwende hat, so ist das Johannisfest mit der Sommersonnwende (21. Juni) verbunden. Heidnische Bräuche vermengen sich mit dem christlichen Fest. Das sind die Johannisfeuer, die es heute noch auch mancherorts in Deutschland gibt. *Die Schweden feiern die Sonnwende – Midsommar – an einem Samstag zwischen dem 20. und 26. Juni. Hier in Bud gibt es auch ein Feuer, das wird schon um 18 Uhr in einer kleinen Bucht vor der Stadt entzündet. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen.

Aber noch ist Vormittag, der Regen hat aufgehört, aber es ist immer noch trüb und etwas windig. Wir machen uns auf die Wanderung über den Kyststi(en), der im weiten Bogen über ca. 7 km um das Ort herum führt. Weil unser Campingplatz in der unteren rechten Ecke der Karte liegt, kommen noch gut 3 km An- und Abmarsch hinzu. Und sehr unnorwegische 60 Höhenmetern!

Das erste Drittel führt durch eine bewaldete Moorlandschaft – ich bin mal wieder völlig entzückt 😍.

Schwarzkiefer

Hier wachsen auch prächtige Nadelbäume und die Kiefern sehen aus, als habe sie jemand mit Kerzen geschmückt.
Wir kommen natürlich kaum voran wegen der ganzen Botanik 🌾🌼🍂🌺🌸. Dafür gibt es jetzt sehr schöne Bilder. Diese beiden Schönheit zuerst:

Bachnelkenwurz und Knabenkraut
Grünzeug: Frauenmantel, Goldenes Frauenhaarmoos und eine Kinderstube FrauenWurmfarn

Besonders schön ist Volker diese Aufnahme ins pralle Leben gelungen:

Daneben findet man noch allerhand Kurioses und Liebenswertes am Wegesrand, einen Baumtroll, Tafeln mit Sinnsprüchen, Herzen und einen Schnullerbaum.

Der nächste Abschnitt führt dann an der Küste entlang: Gletscherpolierter Gneis, der weite Atlantik, Gischt an den zahllosen Schären und Riffen – da schlägt das Herz des Hamburgers höher.

Im Vordergrund Reste des deutschen Atlantikwalls aus dem 2. Weltkrieg

Dieser Küstenabschnitt hat zahlreiche Schiffe auf dem Gewissen, 20 Schiffwracks liegen hier auf Grund.

Ob Schatzsucher sich dafür interessieren, wissen wir nicht. Sie sollten jedenfalls bei der Wahl eines Tauchboots aufpassen: Gestern hat man Trümmerteile der Titan gefunden, mit der 5 Schatzsuchende zum Wrack der Titanic unterwegs waren. Der Wasserdruck hat wohl das zylindrische Tauchboot wie eine Getränkedose zerquetscht.

2019 wären die Klippen beinah der norwegischen Viking Sky mit knapp 1.400 Menschen an Bord zum Verhängnis geworden: Vor der Küste fielen in schwerer See alle 4 Maschinen aus und das Schiff trieb schnurstracks auf die Küste zu. In letzter Minute gelang es, die Fahrt mit Ankern abzustoppen. Ursache für die „Motorpanne“ war der Füllstand der Schmieröltanks: Entgegen der Empfehlung der MAN (Hersteller) waren sie nicht zu 70%, sondern nur zu etwa 35% gefüllt.

Die Viking Sky am 23.3.2019. Unten Anker und Track.
Der Anker rechts unten im Bild ist beim „Bremsversuch“ glatt abgerissen.

Wer es genauer wissen möchte, kann bei Wikipedia nachlesen oder sich dieses Video anschauen.

Kurz vor dem Dorf haben wir so richtiges Glück, denn es begegnet uns diese Schönheit, eindeutig das Animal of the Day!

Das ist kein Reh, das ist eine Hirschkuh

In Bud fällt uns als erstes eine riesige Steilwand auf. Sie ist Teil der Atlantikwall-Festung Ergan, einer riesigen Bunkeranlage mit Geschützstellungen, Schutzbunkern und einem unterirdischen Lazarett. Alles originalgetreu ausgestattet und eingerichtet! All das könnte man besichtigen, wenn man denn ab dem 26. Juni hier wäre. Nicht dass wir so Militärfreaks wären, aber wir finden, es gehört zur Erinnerungskultur.

So gehen wir also draußen umher, in den ein oder anderen kleineren unterirschen Raum oder Verbindungsgang kann man auch hineinsteigen. Immerhin bekommen wir einen Eindruck von der Größe der Anlage. Und auf unserem Weg entlang der Küste sind wir ja schon an einigen Relikten vorbeigekommen.

Jetzt wird es aber Zeit für das Feuer! Als wir ankommen, haben sich schon einige Familien dort versammelt, Picknickkörbe ausgepackt, spielende Kinder überall: Ein Familienfest! Statt eines großen Aufgebots an Feuerwehrleuten läuft ein einzelner Mann in Zivil mit einem (Benzin-)Kanister um den riesigen Stapel aus Euro-Paletten (hieß es nicht, die seien Mangelware 🤔, kein Wunder, wenn die Norweger die verfeuern). Nach etlichen Versuchen zündeln die Flammen erst zögerlich und dann geht es ganz schnell und der ganze Stapel brennt lichterloh.

Im Nullkommanix ist der ganze Stapel runtergebrannt. Angesichts der Menge an Holz und der schwarzen Rauchschwaden schwindet unser latentes schlechtes Gewissen über HoGos Abgase und CO2-Ausstoß. Für das was die Norweger allein in Bud da heute in die Atmosphäre geblasen haben, können wir bestimmt locker bis zum Nordkapp fahren 👆.

Zurück an unserem hübschen Campingplatz scheint prächtig die Sonne, so dass es das „offizielle“ Stellplatzfoto heute zum Abschluss gibt.

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