Lands End

Mittwoch 12. Juli bis Freitag 14. Juli 2023, Andenes

Heute fahren wir an den äußersten Zipfel der Vesterålen, nach Andenes. Und zwar entlang einer weiteren Landschaftsroute:

Andøya ist die nördlichste der Vesterålen-Inseln und von ihren 489 km2 sind über die Hälfte Moor, das landesweit größte zusammenhängende Moorgebiet (263 km²). Hier gedeiht eine ganz besondere Frucht, die Moltebeere. Sie kommt in Mitteleuropa so gut wie nicht vor und ist streng geschützt. In Nordskandinavien ist die süß-herbe Frucht sehr begehrt, das Sammeln fast ein Volkssport, und sie wird vor allem zu Gelee und Mus verarbeitet. Das Liebesleben der Moltebeeren und ihre Vermehrung sind kompliziert und am End kommt nur eine einzelne Beere dabei rum – Moltebeeren sind die teuersten Beeren überhaupt. Übrigens ein Rosengewächs!

Moltebeeren sind robuste Kleinsträucher, die -40°C aushalten. Es gibt weibliche und männliche Pflanzen. Die Frucht ist eine Sammelsteinfrucht wie z.B. die Himbeere.
Diese hier sind noch nicht ganz reif.

Die Landschaftsroute führt an der Westküste Andøyas entlang, wo sich schroffe Felsen mit mediterran anmutenden Sandstränden abwechseln.

Andøya war während der letzten großen Kaltzeit vor ca. 20.000 Jahren eisfrei. Hier überlebten viele Tier- und Pflanzenarten, die nach dem Rückgang des Eispanzers die kahlen postglazialen Landstriche wieder besiedelten. Den Bergen sieht man an, dass hier keine Gletscher drübergeschrubbt sind:

Die Baumgrenze liegt hier bei 200 bis 300 Metern!
Quarzader – die ist so schön, die muss hier rein!

Wie es sich für eine Landschaftsroute gehört, so gibt es auch hier einen Rasteplass mit enem architektonischen Gimmick. Und zwar dieses Klohäuschen Sanitärgebäude:

Man kommt rein und es ist eigentlich ganz normal, ein Klo halt in Edelstahloptik mit Milchglasscheibe. Dreht man aber am Schalter mit der Aufschrift „Window/Privacy“, dann verwandelt sich die Wand …

… in ein Panoramafenster 🤩. Rausgucken kann man, aber von außen nicht reinschauen. Nette Toilette!

Und der Innenraum ist zudem ein wahres Spiegelkabinett.

Hinter Andøyas einzigem Straßentunnel passieren wir das Andøya Space Center, von wo aus seit 1962 Höhenforschungsraketen gestartet werden, die meteorologische Messungen für die Atmosphärenforschung machen. Auch nicht-norwegische Raumfahrtunternehmen – staatliche wie private – nutzen Andøya zum Launchen von Trägerraketen für Kleinsatelliten in enen niedrigen Orbit. Auch deutsche Firmen sind dabei, zum Beispiel Isar Aerospace oder die Rocket Factory Augsburg, deren RFA One 2023 hier zu ihrem Jungfernflug abheben soll. Bayern goes Weltraum!

Am 25. Januar 1995 kam es zum sogenannten Norwegischen Raketenzwischenfall. Eine kanadische Höhenforschungsrakete löste bei den russischen Raketenstreitkräften Alarm aus, der Atomkoffer wurde zu Präsident Jelzin gebracht und aktiviert. Als sich die Rakete ihrem beabsichtigten Ziel bei Spitzbergen näherte, beruhigte sich die Situation zum Glück. Später stellte sich heraus, dass die Startankündigung (alle zivilen Raketenstarts werden angekündigt) in der russischen Bürokratie stecken geblieben war.

Von Stokmarknes (I) über die Insel Langøya auf die Insel Andøya zum Bukkekjerka Rasteplass og toalett (A) und weiter zum Andelnes Camping (B). Das waren heute 132 km in 5:15 Stunden
Am heutigen Mittwoch schließen wir unsere siebte Woche in Norwegen ab. Wir sind inzwischen knapp unterhalb des 70. Breitengrads angelangt und rücken dem Nordkap doch schon recht nahe.

Wir finden um 15 Uhr noch einen geräumigen Stellplatz – die erste Reihe mit Meerblick ist aber voll. Vielleicht können wir morgen früh vorrücken. Den Rest des Nachmittags liegen wir am Strand ab und Volker stürzt sich wieder ins Nordmeer. Ich nutze es nur als Kneippbecken, geschätzte 14°C ist mir dann doch zu kalt 🥶.

Am Abend bekommen wir Mitternachtsonne-Feeling, der leicht bewölkte Himmel hat seine besonderen Reize.

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