We willen graag betalen!

Hollandrundfahrt mit unseren liebsten Schwaben, 20. bis 28. August

Er ist mittlerweile Tradition: Der Giro de ??? mit Karin und Rolf. Wir begannen 2019 mit Bozen->Venedig, 2020 folgte die 3-Länder-Eifelrundfahrt, dann der Giro de Franconia (überwiegend durch Oberbayern) und jetzt radeln wir im Mutterland des Fahrradfahrens: Holland.

Holland in gouda-gelb
und die übrigen 10 Provinzen

Oder besser: In die Niederlande. Denn nur 2 der 12 Provinzen tragen den Namen Holland, und auch wenn wir überwiegend in denen radeln, will ich es der Regierung recht machen, die ihr Land politically correct als Nederland benannt haben will, um dem Käse, Tulpen- und Klompenklischee zu entrinnen. Die ca. 360 km Rundtour beginnt (und endet) in Amersfoort, einem hübschen „Städtchen“ (ca. 160.000 Einwohner).

Ein wenig außerhalb von Amersfoort bezieht der HoGo Quartier im Recreatie Park Overbos, an einem hübschen See, leider sind Auto- und Eisenbahn gleich nebenan, sonst wäre das echt schön hier.

Nachdem unsere Wäsche noch eine Runde durch Waschmaschine und Trockner gedreht hat, treffen wir uns am Freitag Abend mit den Schwaben in downtown Amersfoort und verbringen den Samstag dort zum „warm-up“ gemeinsam.

Hier ein paar Bilder der hübschen Stadt mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern. 

Die unvermeidliche Gracht – hier Bestandteil der alten Stadtbefestigung
Beim Geocachen

Es ist, wie überall in Holland, viel Leben auf den Gassen, zahllose Bars, Cafés, Restaurants, alle gut besucht. Dagegen ist es in deutschen Städten richtig öde, sieht man mal von Ausnahmen wie z.B. der Düsseldorfer Altstadt ab. 

Hier ist was los!
Wunderschön: Der Koppelpoort bei Nacht

Ein Wermutstropfen sind die hohen Preise: 6 Euro für einen halben Liter Bier (so man denn überhaupt was über 0,33 bekommt), Wein 5 bis 6 Euro – für ein Piffchen! Auch ist es ist hier nicht üblich, die Menge anzugeben, die man bekommt. Beim Essen ist es ähnlich, Pizza ab 15 Euro, will man „richtig“ essen, liegt man über 20 Euro. Das ist schon happig, aber da müssen wir durch. Ich lerne fleißig holländisch mit der deepL-App und in der Landessprache klingt es ganz nett: We willen graag betalen.

Am Samstag Abend gehen wir nichts desto trotz ganz fein und vorzüglich essen in einem super netten Restaurant namens Peter & Selie, das mitnichten von Peter und Selie, sondern von Lynn und Ton betrieben wird. Lynn ist eine ganz bezaubernde Gastgeberin und Ton ein klasse Koch!

Paradies für Radfahrer

Besonders fantastisch ist Radfahren in den Niederlanden: Gleich auf den allerersten Kilometern (für uns also schon auf der Fahrt vom Campingplatz in die Stadt) wird klar, dass wir uns in einem völlig anderen Verkehrsuniversum bewegen. Hier ist der Radfahrer, der Fietser, nicht nur ein dem Auto gleichberechtigter, nein, sogar ein bevorzugter Verkehrsteilnehmer. Vom übrigen Verkehr getrennte Fahrradstraßen führen in die Städte, nirgends muss man anhalten, um Autos auszuweichen oder sie vorbeizulassen. Holperige Bordsteine? Gibt es nicht! Ein komplettes, autarkes Verkehrs-System für Fahrradfahrer, nicht zu vergleichen mit dem oft bemitleidenswerten Stückwerk aus Radwegen in Deutschland.

Kreisverkehr à la NL

Selbstverständlich gibt es eigene Ampeln für Fietser, um jeden Kreisverkehr führt der Radweg und Markierungen machen klar, dass Autos hier anzuhalten haben. Es ist großartig, das Radfahren in diesem durchdachten System ist schon ein Erlebnis. 

Selbst mit speziellen Wurf-Mülleimern sind die Fahrradstraßen ausgestattet (Bild rechts).

Aufpassen muss man trotzdem, denn die Holländer sausen blitzschnell um Kurven, über Kreuzungen, überholen, biegen ab, alles ohne zu bremsen, wenn möglich. Nicht selten hängen dabei noch schwere Einkaufstaschen am Lenker (vor allem wenn die obligatorische Kiste über dem Vorderrad schon voll ist), gern noch die Freundin auf dem Gepäckträger oder ein bis zwei Kleinkinder dabei. Eine Hand am Lenker, in der andren das Handy! Einen Helm trägt hier keiner, auch nicht die Kleinkinder. Nur die Rennradfahrer, die Polizei und … deutsche Touristen 😂.

Was indes gar nicht geht ist rumtrödeln, anhalten, mal gucken und ein Foto machen! Wer das tun möchte, muss runter vom Fietspad, denn der ist ein ernst zu nehmender Verkehrsweg!

Bevorzugtes Fahrrad, auch bei Jugendlichen, ist das klassische Hollandrad, das Omafiets, mit hohem, nach hinten gebogenen Lenkergriffen, teils ohne Gangschaltung und nur mit Rücktritt. Wir mit unseren hochgezüchteten eBikes können vor allem in der Stadt oft mit dem Tempo nicht mithalten: Der Niederländer fährt nach dem Motto: Immer treten, nie bremsen.

Kindersitz

Über dem Vorderrad bietet ein Gepäckträger Platz für eine große Kiste, hinten hängt meist eine labberige Satteltasche über dem Gepäckträger. Da kann dann auch mal ein etwas größeres Kind draufsitzen und die Füße reinstecken. Daneben gibt es zahlreiche Varianten von Bakfietses, speziellen Lastenfahrrädern. Maximum an Personen, das wir gesehen haben, waren 5 Kinder vorne in einem Kasten, ein Erwachsener am Lenker und ein Jugendlicher hinten drauf. 

Kurzum, es ist unglaublich! Mir kommt der Gedanke an eine Crowdfunding-Aktion, um Herrn Wissing ein paar Tage Radfahren in den Niederlanden zu spendieren. Aber vermutlich wäre das rausgeschmissenes Geld, ich glaube nicht, dass bei uns jemand ernsthaft Geld in die Hand nehmen würde, um ein Verkehrskonzept zu entwickeln und umzusetzen, das Fahrrädern den Vorrang vor Autos einräumt. Da sind uns die Niederländer 40 bis 50 Jahre voraus.

Tag 1: Weites Land und große Stadt: Von Amersfoort nach Amsterdam, ca. 70 km

Nach einer Übernachtung im Berghotel starten wir am Sonntag morgen die Rundfahrt gleich auf dem Höhepunkt, dem Col du Strop, dem Strohpass, mit stolzen 40 m über N.A.P. = Normaal Amsterdam Peil, entspricht dem N.N. Hier findet jährlich ein Radrennen statt! Der Rekord für die 1,35 km lange Strecke liegt bei 2 Minuten und 17 Sekunden. Bergauf, versteht sich!

Das farblich etwas missratene offizielle Startfoto

Es geht viel über weites Land, das Eemland, benannt nach dem Fluss Eem. Früher war es Moorland, wurde seit dem 14. Jahrhundert kultiviert und so durchziehen viele Entwässerungsgräben die Weidelandschaft. Über einen müssen wir mit der Handkurbelfähre übersetzen, das macht Spaß 😃😃. 

Am Fluss Eem
Auch Alleen gibt es hier

Am Nachmittag ändert sich das Landschaftsbild: Es geht durch das bewaldete Heidegebiet Het Gooi, soviel Heidekraut auf einen Schlag hab ich noch nie gesehen. Pretty in Pink 😍.

Wir machen eine kleine Pause in Naarden, einer Festungsstadt mit Wassergräben und Bastionen, die auf der Karte ein echter Hingucker sind. Auch vor Ort lässt sich gut erkennen, dass hier mal ein schwer befestigter Militärstützpunkt war. Das heutige Aussehen erhielt Naarden Ende des 17. Jahrhunderts.

So beeindruckend wie auf dieser Luftaufnahme bekommen wir Naarden nicht zu sehen

Leider ist es, wie es ist: Man hat auf so einer Radreise keine Zeit, sich all die schönen Orte eingehend anzusehen. So bleibt auch hier nur die Muße für ein Getränk und eine Kleinigkeit zu essen, dann geht es schon weiter. Ich mache zumindest noch den Virtual Cache, der sich mit dem Philosophen und Theologen Comenius befasst, der hier mal eine Zeitlang gelebt hat.

Am Markermeer bzw. unterhalb am Deich entlang nähern wir uns Amsterdam.

Entspannt: Schlafschafe
Eine Brücke nur für Radfahrer
Stadtflagge von Amsterdam
Die xxx stehen für Flut, Feuer und Pest

Die Fahrt durch die Großstadt (ca. 900K Einwohner) geht wie geschmiert, das Hotel liegt ein Stück außerhalb. Mit Bus und Bahn fahren wir zurück in die City, angesichts der überlaufenen Restaurants und der üppigen Preise gibt’s nur eine Pizza beim Italiener. Vom Coffeeshop nebenan weht der Duft würziger Kräuter mit leicht halluzinogener Wirkung 🚬. Wenn man lange genug tief einatmet, ist man total entspannt 😂!

Aus der Ferne: Das Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof
typische Fassaden

Nun wollen wir aber auf die Frage „Was habt ihr in Amsterdam gemacht?“ nicht antworten: „Wir waren Pizza essen und sind ein wenig rumgelaufen.“ Ein bissel mehr muss es schon sein und so geht es um halb 10 auf zur abendlichen Bootsfahrt durch die Grachten, für die wir grad noch so Tickets ergattern können. Ein wunderschönes Erlebnis, es ist ganz ruhig und beschaulich und die erleuchteten Häuser und Brücken bieten ein wundervolles Bild.

Die Liebesbrücke
7-Brücken-Blick

Der Skipper und Sophia, eine junge Deutsche (fast ein Mädchen) erzählen über das Amsterdam von einst und heute. Zum Beispiel, dass die Häuser so schmal sind, weil die Steuer auf die bebaute Breite erhoben wurde, so wie man das auch in Deutschland gemacht hat. Eine Besonderheit sind die Wohnzimmerfenster, in die man ungehindert reinschauen kann/könnte. Keine Gardinen verdecken die Sicht. Die angebliche „Gardinensteuer“ ist aber eine Mär, vielmehr, so erklärt Sophia, wollten damit die Ehefrauen der Seeleute zeigen, dass sie nichts zu verbergen haben und einen sittsamen Lebenswandel führen, auch wenn ihre Männer lange auf See sind. Besonders lustig ist die Erklärung zur Tiefe der Grachten: Drei Meter beträgt die, davon 1 Meter Schlick, ein Meter Wasser und dazwischen 1 Meter Fahrräder 😂😂😂. 12.000 Fahrräder 🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲🚲 … baggert die Stadt jährlich aus den Kanälen, man schätzt, dass nochmal so viele drin bleiben.

Nach der Grachtenfahrt sind wir an diesem Tag voller Eindrücke und Erlebnisse echt groggy und fallen in die Betten.

Tag 2: Ans Meer, ans Meer: Von Amsterdam nach Noordwijkerhout, 63 km

Morgens 9 Uhr in Holland, der Helm sitzt, irgendwann ist auch das Startfoto im, Kasten 😂📷.

Wir freuen uns heute auf eine kurze Etappe nach Zandvoort, dem durch seinen Formel 1-Parcours bekannten Badeort an der Nordseeküste. Doch irgendwie soll an diesem Tag vieles anders kommen, als gedacht.

Zunächst aber radeln wir durch den Amsterdamse Bos – den Amsterdamer Wald, eine riesige Parkanlage, dreimal so groß wie der Central Park in New York (aber nicht so zentral!). Das Roadbook weist uns auf die älteste künstlich angelegte Ruder-Regattabahn der Welt hin, in den 1930er Jahren als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme angelegt. Sie wurde 1977 ausgebaut und ist nun stolze 118 Meter breit und 2.300 m lang.

Wir treffen auf die erste (?) Windmühle auf der Radtour, viele weitere sollen folgen.

Wir kommen nach Haarlem, Volker und ich besichtigen die Sankt Bavokirche und sind schwer beeindruckt von dem herrlichen hochgotischen Kreuzrippengewölbe – aus Holz! Auch der Boden ist eine Besonderheit, er besteht fast komplett aus Gräbern – hier geht man über Leichen.

Leider erreicht Karin hier in Haarlem eine schlechte Nachricht: Ihre Mutter ist gestürzt, musste ins Krankenhaus und es geht ihr gar nicht gut. Karin ist natürlich alarmiert, telefoniert mit ihrem Sohn und ihrem Vater, der eine zu jung, der andere zu alt für diese kritische Situation. Das ist natürlich für uns alle eine belastende Angelegenheit 🥺.

Hinter Haarlem setzen wir mit dieser 🔼 Fähre über und sind auch ruckzuck in Zandvoort und damit nun nicht an einem der vielen Binnenmeere und Buchten, sondern wirklich und wahrhaftig an der Nordseeküste!

Hier ist die Nordsee da, wenn man sie braucht. Auch bei Ebbe.

Wir freuen uns schon am Ziel zu sein, aber weit gefehlt! Im NH-Hotel teilt man uns mit, wir müssen weiter nach Noordwijk bzw. nach Noordwijkerhout. Das trägt – zumindest bei mir – nicht wirklich zur eh angeschlagenen Laune bei. Ich hatte mir so schön ausgemalt, vom Hotel die paar Meter zum Strand zum Baden zu gehen. Daraus wird nun nix 😤. Schnell noch ein Foto für den Virtual am Formel 1-Gelände und dann geht es nochmal 18 Kilometer weiter.

Die Fahrt durch die Dünen ist dann aber so herrlich, dass die Laune schnell wieder steigt, einfach ein fantastischer Radweg, der sich hier hindurchschlängelt, hoch und runter und hin und her.

So sind wir fix am Hotel und genehmigen uns nach dem Stress einen Aperol Spritz als Willkommensdrink.

Das Restaurant, das wir dann in Noordwijk zum Abendessen besuchen ist richtig gut! Zwar kein Meerblick, aber ein für holländische Verhältnisse mit 17,50 Euro preiswertes Tagesmenü mit drei Gängen, sehr lecker und reichlich! Tomatensuppe, Scholle mit vielen Beilagen und Eis zum Nachtisch.
Nur den Sonnenuntergang haben wir dadurch verpasst, aber man kann nicht alles haben.

Der Leuchtturm von Noordwijk

Tag 3: Aus vier mach drei und ab in die Hauptstadt: Von Noordwijk nach Den Haag, 42 km

Karin hat inzwischen schweren Herzens beschlossen, die Radtour abzubrechen und mit dem Zug zurück nach Hause zu fahren, um sich um ihre Mama zu kümmern. Fahrrad und Koffer können im Hotel bleiben. Bis zu Karins Abfahrt gegen halb 12 gehen Volker und ich zum Baden an den Strand. FKK, dann hat man wenigstens keine nasse, sandige Wäsche im Gepäck!

Auf Fotos vom Nackischbaden verzichten wir aus naheliegenden Gründen 😂, hier ein schönes mit Textilien:

Das Wasser ist herrlich warm, so um die 20 Grad und auch wenn es heute bedeckt ist, kann man gemütlich in den Dünen liegen. Am Strand ist, wie man sieht, nix los, nur zahlreiche Hundemuggel (nebenan ist gleich der Hundestrand) und vier Reiterinnen sind unterwegs. Die gehen mit ihren Pferden ausgiebig schwimmen!

Gegen 12 treffen wir uns mit Rolf, der Schwimmen und Baden aus prinzipiellen Erwägungen ablehnt und Meeresbewohnern grundsätzlich ihr Revier nicht streitig machen möchte. Ab Leuchtturm setzen wir unsere Reise quasi als flotten Dreier fort.

Es geht wieder ein paar Kilometer durch die herrlichen Dünen!

Bankbesetzung

Sehr flott passieren wir Leiden, da ist so richtig Trubel und es ist proppenvoll – Universitätsstadt eben. Übrigens: Ganz Holland ist recht voll, hier leben im Schnitt 518 Menschen auf einen Quadratkilometer, in Deutschland sind es nur 232. Damit sind die Niederlande, von Stadtstaaten wie Monaco (>25.000) und Gibraltar (ca. 4.000) mal abgesehen, Spitzenreiter in Europa. Am meisten Platz hat man auf Grönland (0,03), gefolgt von Island (3,3). Und wo ich schon mal dabei bin: Von den 41.500 km2 sind 7.700 km2 Wasser und 33.800 km2 Landfläche, davon liegt ein Viertel unter dem Meeresspiegel und ohne Deiche sähe das dann so aus:

Hinter Leiden fahren wir sehr lange durch ein herrliches Waldgebiet. Ja, auch das gibt es in Holland: Wald! Nicht viel, gerade mal 11 % der Landfläche bestehen aus Wald, ich mutmaße, die haben das früher alles abgeholzt, um Schiffe draus zu bauen 😂. Seefahrervolk! Ist aber nur eine Vermutung. Mir fallen vor allem Eichen und Kiefern auf, auch das mag subjektiv sein.

Hier an der Landgoederen-Route folgt ein prächtiges Landgut auf’s andere. Die meisten in Privatbesitz, teils umgebaut zu Luxusapartements oder vornehmen Seniorenresidenzen, alles in einer wunderschönen, bewaldeten Parklandschaft. Und natürlich mit viel Wasser. Und viel Entengrütze. Holland – die Heimat der Wasserlinse 😂.

Nahtloser Übergang von Grün zu Grün

Die meisten Villen und Herrschaftshäuser verstecken sich im dichten Grün, manche sieht man aus der Ferne, am ein oder anderen kommt man dicht vorbei.

Das nobelste Anwesen ist das Huis ten Bosch – das „Waldhaus“- Hinter diesem bescheidenen Namen verbirgt sich der Wohnsitz der königlichen Familie, heute also König Willem Alexander, Königin Maxima und die drei Töchter Amalia, Alexia und Ariane. Dem entsprechend sind die Sicherheitsvorkehrungen!

Die Geschichte der Niederlande und ihres Königshauses ist furchtbar kompliziert! Die Provinzen gehörten jahrhundertelang zu den Großreichen, dem Frankenreich(en) und dem Heiligen Römischen Reich. Je nachdem, wer da das Sagen hatte (lange Zeit waren es die Habsburger), kann man also kaum festlegen, „zu wem“ die Niederlande gehörten. In den Provinzen waren Statthalter eingesetzt, und hier tat sich eine Adelsfamilie besonders hervor: Die Nassauer. Deren Stammsitz liegt in Dillenburg, aber sie vermehrten sich wie der Schimmel auf der Marmelade. So hatte zum Beispiel Gräfin Juliana 17 Kinder und hinterließ bei ihrem Tod 160 Enkel und Urenkel. Die mussten ja alle verheiratet werden! Kein Wunder also, dass kein europäisches Fürstengeschlecht ohne ein paar Nassauer auskommt. Durch Heirat gewannen sie auch das Fürstentum Orange in Frankreich hinzu und begründeten die Linie Nassau-Oranien, die sich dann in den Niederlanden durchsetzte.

Das hat sie vor allem einem Mann zu verdanken: Wilhelm von (Nassau-)Oranien, geboren 1533 in Dillenburg und Statthalter in drei nördlichen Provinzen. Er erhob sich gegen die Politik seines Landesherrn, des habsburgisch-spanischen Königs Philipp II., (Sohn von Karl Nummer 5). Die Niederlande waren ein wichtiger Machtfaktor für ihn mit ihren mächtigen Handelszentren und Seehäfen. Gegen seine restriktive Politik mit Einschränkung ständischer Freiheiten, Verfolgung der Protestanten und Inquisition regte sich Widerstand, der zum niederländisch-spanischen Krieg führte. Dieser Krieg dauerte 80 Jahre, doch schon 1581 erklärten 7 Provinzen ihre Unabhängigkeit und riefen die Republik aus – die Keimzelle der heutigen Niederlande. Wilhelm von Oranien wurde 1584 ermordet, er gilt als der „Vater des Vaterlandes“ und Nationalheld, der Wilhelm Tell der Niederlande. Seine Nachkommen aus dem Haus Nassau-Oranien bestimmen fortan die Geschicke des Landes, auch wenn sie bis zum Einfall der Franzosen 1795 offiziell immer noch Statthalter heißen. Der Wiener Kongress macht nach der napoleonischen Ära die Niederlande zum Königreich, zahlreiche Wilhelms, Willems und auch Wilhelminas (und andere) tragen seither die Krone. Mittlerweile übrigens in der weiblichen Linie, die männliche ist ausgestorben.

Die Fahrt durch den Haag ist sehr beeindruckend. Die Stadt vereint Tradition mit viel Moderne, ein würdiger Regierungssitz! Hauptstadt ist den Haag aber nicht, den Titel beansprucht Amsterdam. Wir fahren schnurstracks zum Hotel und kehren dann mit der Straßenbahn in die Stadt zurück. Am Grote Markt gibt es Burger und ein (ganzes) Mini-Hähnchen

Danach machen wir uns auf zum Sightseeing um den Hofvijver (See), das Mauritshuis und den Binnenhof, das Parlamentsgebäude. Wir sind schwer beeindruckt! Das prachtvolle Gebäude in der Abendsonne und der Kontrast zur modernen Skyline sind wirklich beeindruckend!

Binnenhof
Mauritshuis (links) und Skyline
Schicke Fußgängerzone mit viel Kunst
Royales Ambiente
Straßenbahn auf niederländisch. Nicht zum ersten Mal kommt uns Deutschland schäbig und veraltet vor.

Auf der Rückfahrt zum Hotel ist aber dann auch in der schicken Straßenbahn der Fahrkartenautomat kaputt – scheinbar nicht zum ersten Mal, wie die schadenfrohe Reaktion der Fahrgäste verrät. Glück gehabt und 12 Euro für 3 Tickets gespart!

Tag 4: Eine Seefahrt die ist lustig: Von den Haag über Rotterdam nach Papendrecht

Karin ist am Vorabend gut zu Hause angekommen und hat alles im Griff. Auch wir drei können nun wieder sorgloser reisen.

Rolf, nach eigener Aussage trackverliebt, lässt sich zu einer Mutwilligkeit überreden und verlässt die vorgegebene Route, um zum Friedenspalast zu fahren.

Staaten, die den IGH anerkennen

Er ist das Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen, allerdings erkennen nur 73 Staaten das Gericht an. Es ist halt noch ein weiter Weg bis zur Vereinten Föderation der Planeten 🤷‍♀️.

Nicht verwechseln darf man den IGH mit dem IStGH, dem Internationalen Strafgerichtshof. Der IGH vertritt nur Staaten, die bösen Buben landen vor dem IStGH. Der Strafgerichtshof ist auch nicht Teil der Vereinten Nationen, 123 Staaten haben sich verpflichtet, das Gericht anzuerkennen. Selbstredend machen Länder wie China, Indien, die USA, Russland, die Türkei und Israel nicht mit! In den 24 Jahren des Bestehens wurden 45 Personen angeklagt, alles Afrikaner, bis auf längere Haftstrafen gegen 3 Kongolesen und einen Malier kam nicht viel bei rum: die Delinquenten wurden entweder freigesprochen, sind abgehauen oder gestorben. Ob das jährliche Beitragszahlungen von 13,6 Mio. Euro (2010!) rechtfertigt, sei mal dahin gestellt.

Wieder mal schlauer als zuvor, machen wir uns auf den Weg nach Rotterdam. Es geht durch das wunderhübsche Delft, wo wir auf dem Marktplatz zwischen Nieuwe Kerk und Stadthuis eine Pause einlegen. Hier residierte der gestern vorgestellte Wilhelm von Oranien, hier wurde er 1584 ermordet und hier liegt er in der Nieuwe Kerk begraben. Nicht nur er: Alle Mitglieder der Königsfamilie werden hier in der Gruft bestattet. Wahrscheinlich ist es da inzwischen recht voll 💀💀💀💀💀 …

Bekannt ist Delft durch das gleichnamige Porzellan, das aber keines ist. Porzellan enthält immer Kaolin, das nach dem Brennen nicht wieder auskristallisiert. Daher ist Porzellan ähnlich wie Glas und hat auch fast keine Poren. Delfter Keramik ist einfach „nur“ gebrannter Ton, weiß glasiert und blau bemalt, man spricht auch von Fayencen.

Hübsch ist es allemal und teuer auch, wenn auch kein Vergleich zum Meißener Porzellan! Heute produziert nur noch eine Fabrik das Delfts Blauw.

Auch hier heißt es leider wieder: Wir müssen weiter, also verlassen wir das schöne Städtchen und machen uns auf nach Rotterdam.

Eine der heute wenigen freien Strecken über Land

In Schiedam passieren wir einige der 5 Mühlen, die früher Malz für Bäckereien und Brennereien mahlten. Am Jenevermuseum radeln wir aber ohne Stopp vorbei – ist vielleicht besser so!

Die „Galerieholländer“ von Schiedam sind mit über 30m Höhe die größten Kappenwindmühlen der Welt

Bald erreichen wir die Suburbs von Rotterdam und die Skyline des größten europäischen Seehafens.

Wir warten auf den Waterbus, der uns von hier nach Papendrecht bringen soll. Eine Stunde Fahrt für 6 Euro oder so – das ist hier mal richtig billig. Fahrradmitnahme natürlich für umme.

Die Fähre – ein Katamaran – macht gut Fahrt und wir äußern uns schon sehr anerkennend über die Geschwindigkeit, doch da gibt der Skipper erst richtig Speed. Du meine Güte! Ein Rennboot! Kein Vergleich mit der stinkigen, öddeligen Hafenfähre in Hamburg. Zugegeben, hier ist auch mehr Platz als auf der Elbe.

Wir sind hier im Rhein-Maas-Delta, dem verschlungenen Mündungsgebiet der beiden Flüsse. Von „unserem“ Rhein ist namentlich aber gar nicht mehr die Rede, seit er sich kurz hinter der Grenze in seine Mündungsarme Lek (im unteren Lauf Nederrijn) und Waal geteilt hat. Welcher Fluss hier in welchen fließt, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, da wird aus dem Waal die alte Maas, aus dem Lek die Neue und am End sind es dann Kanäle und Wasserwege, die in die Nordsee münden.

Aber wie die Mündungsarme auch heißen mögen, es ist doch überweigend das Wasser von Vater Rhein, dass hier in die Nordsee fließt.

Wir düsen in einem Affenzahn mit 42,6 km/h in der Spitze in die Gegenrichtung und erreichen nach einer knappen Stunde das 42 km entfernte Papendrecht.

Die Blue Amigo düst weiter

Papendrecht ist nun mal ein Ort, den man getrost nicht besichtigen braucht, hier versäumt man nichts! Auch nicht das Leonardo-Hotel! Dort zockt uns die Hotelbar mit 11,50 Euro statt der in der Karte angegebenen 9,75 Euro für einen (dünnen) Aperol Spritz ab. Das Bedienmädel meint frech, die Preisliste sei veraltet, sie hätten die Preise erhöht. Das ist schon unverschämt! Volker beschwert sich ohne Erfolg und knallt dem Laden dann eine fette miese Google-Bewertung rein. Rache ist süß.

Vom Hotel nehmen wir in weiser Voraussicht das Fahrrad, es gibt auch nix Schönes unterwegs zu sehen, da ist man besser schnell unterwegs. Der Marktplatz beherbergt außer sehr viel nacktem Beton immerhin eine passable Pizzeria. Das Highlight verschafft uns hier unser Hobby, denn nach einem Vogelhäuschen-Tradi erwartet uns hier der beste Geocache der Reise, eine große rote Kiste, die unübersehbar an einem Reihenhaus prangt. Es geht um die Formel 1 und zum Glück kommt die ownerin uns beim Übersetzen und Lösen der Aufgaben zur Hilfe. Das macht Spaß! Am End können wir uns hier in ein schönes Logbuch eintragen und sind um ein Erlebnis reicher.

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Tag 5: Paddeln auf der Oude Gracht: Von Papendrecht nach Utrecht

Am Donnerstag ist es echt heiß, 32 °C und schwül. Es geht durch das Molenland, also viele Mühlen und alles umrum Polder, Holland wie man es sich vorstellt, fehlen nur noch die Tulpen 💐💐💐💐. Landschaftlich eine besonders schöne Strecke!

Zuerst geht es durch die Alblasserwaard, eine Moorweidelandschaft. Hier fließt der Graafstroom, an dem sich beidseits bäuerliche Ortschaften aufreihen.

Dezent: Schwan in Entengrütze

An den Bauernhöfen fallen uns die Flaggen auf und Schilder wie „Respect“ und „Ohne Bauern kein Essen“: Wir denken uns nichts dabei, bis uns holländische Mitradler abends beim Bierchen im Hotel berichten, dass die Bauern hier protestieren und dass die Flaggen verkehrt herum hängen: Nicht das Rot ist oben, sondern der blaue Balken!

Es geht um strengere Umwelt-Auflagen, die die Stickstoffbelastung der Böden und des Grundwassers drastisch senken soll. Man kann sich gut vorstellen, was die Kuhherden, die ja quasi nur ein paar Dezimeter über dem Grundwasser grasen, an Stickstoff hier eintragen. Vom Düngen der nährstoffarmen Böden mit Gülle, Mist und Kunstdünger ganz zu schweigen. In Konsequenz müssten ca. 20.000 Viehbetriebe ihre Bestände drastisch reduzieren, für weitere 11.000 bedeutet es das Aus. Die Bauern protestieren nicht nur mit Fahnen und Transparenten, sondern mit teils drastischen Aktionen, kippen Mist auf Straßen und Autobahnen, blockieren die Städte mit Heuballen und vieles mehr. Und wie bei uns sind sich Ultrarechte und Querdenker Trittbrettfahrer und radikalisieren die Proteste.

Die Windmühlen, die es hier zu Hauf gibt, sind Poldermühlen, die zur Entwässerung eingesetzt wurden. Man nennt sie auch Windpumpen!

In Schoonhoven setzen wir mit der Autofähre über und genehmigen uns ein Brand gegen den Brand.

Danach kommt eine besonders schöne Strecke über den schmalen „Kirchenpfad“, mit dem die Katholiken den weiten Weg zu „ihrer“ Kirche in Cabauw abkürzen konnten.

immer geradeaus
und geradeausser

Das sicherlich sehr schöne Städtchen Oudewater lassen wir auch mehr oder weniger links liegen, um mehr Zeit für Utrecht zu haben. Und tatsächlich stellen wir einen neuen Rekord auf kommen nach 63 Kilometern schon um 15 Uhr am Hotel in Utrecht an 💪.

Um uns sagen zu lassen, dass die Zimmer noch nicht fertig sind 😣. Ich bin sehr angepisst 🤬, verschwitzt wie ich grad heute bin, wäre ich sehr gerne unter die Dusche gesprungen und frisch in die Stadt marschiert. Rolf und Volker nehmen es gelassener. Wir beschließen, dann eben so wie wir sind in die Stadt zu gehen, stellen die Fahrräder in einem Seminarraum ab und machen uns auf den Weg.

Der führt treppauf durch ein echt superschickes Einkaufszentrum mit integriertem Hauptbahnhof und – Treppe wieder runter – in die Innenstadt. Mal wieder richtig tolle moderne Architektur!

In der Altstadt dann das Kontrastprogramm: An der Oude Gracht reihen sich wie üblich die holländischen Stadthäuschen aneinander aber es gibt hier noch zusätzlich ein „Basement“. Ein breiter Sockel beidseits des Kanals bietet Platz für Kneipen, Cafés und Restaurants. Das gesamte kulinarische Angebot hat man hier direkt am Wasser.

In Deutschland müssten da natürlich Geländer hin, man könnte ja ins Wasser fallen!

Bei drei ordentlich dimensionierten Heineken schauen wir uns das bunte Treiben an: Barkassen mit Touristen kommen vorbei, offene Boote mit feiernden Menschen, Stand-up-Paddler und sehr viele Paddelboote. Gerade die machen mich neugierig: Die Gracht vom Wasser aus, das wäre doch was. Google verrät uns, dass 1,5 Stunden Paddeln pro Nase 12,50 Euro kosten, das ist erschwinglich. Bei der zweiten von zwei Verleihstationen mieten wir einen Einer für Volker und einen Zweier für mich und die schwäbische Landratte 😜. Und los geht es.

Die Landratte entpuppt sich als Naturtalent, wir paddeln echt schön synchron, steuern ganz smooth durch die Brücken, weichen den vielen motorisierten Booten aus und bringen auch keinen SUPer zum Kentern.

Quetschkommode und Seemannslieder 😂

Es ist echt lustig, eine Gruppe Schlümpfe feuert uns an, ein Boot mit singenden Matrosen kommt vorbei und – das Highlight, wir treffen „die Heidenheimer“. Von denen hab ich noch gar nix erzählt, es sind Radler auf der gleichen Tour wie wir, ein Ehepaar aus Heidenheim mit dem Rolf (und Karin) natürlich sofort per Du sind. Man spricht halt die gleiche Sprache. Die Heidenheimer begegnen uns täglich, mal im richtigen, mal im falschen Hotel, mal unterwegs oder eben HIER!

Etwas nässlich aber sehr zufrieden geben wir die Boote gegen 20 Uhr wieder ab und schlendern noch ein wenig durch die Altstadt …

..und wieder über die stylische Ladengalerie zurück zum Hotel

Exkurs

Nachdem ich mich ja schon über das Radfahren, das Königshaus und die Bauernproteste ausgelassen habe, fehlt mir noch ein Thema. Nämlich der Backstein. Oder der Fachwerkmangel. In den Niederlanden – zumindest da wo wir waren, ist alles aus Ziegelsteinen gemauert. Nicht nur die Häuser, auch die Garagen, die Scheunen, die Windmühlen, die Kaimauern, die Brücken, Kirchen, Schlösser, Stadtmauern und selbst der Straßenbelag besteht aus … richtig … Backsteinen. Ich mutmaße, der Erfinder der Lego-Steine sei ein Holländer gewesen, war er aber nicht.

Es ist ja auch naheliegend, dass ein Land ohne Berge und Steinbrüche und ohne große Waldbestände mit was anderem bauen muss, als der Holzfäller in Kanada. Den Lehm als Grundstoff für Ziegelsteine grub oder baggerte man aus Flussbetten aus. Er blieb erst mal über Winter liegen, bis alles organische Material verrottet war, dann wurde er geformt und lange gebrannt. Das war oft Kinder- und Frauenarbeit und schlecht bezahlt. Das Produkt hingegen ist qualitativ hochwertig und sehr dauerhaft. Auch in Norddeutschland sind Ziegel – oder Klinker – weit verbreitet. Aber so exzessiv wie hier, ist mir das noch nicht untergekommen.

Das war’s auch schon, mehr gibt es nicht zu berichten über das Bauen mit Backsteinen.

Tag 6: Ägypten lässt grüßen: Von Utrecht über Austerlitz nach Amersfoort

Nach der gestrigen Hitze kommen uns der bedeckte Himmel und die angenehmen Temperaturen gerade recht.

Wir drehen noch eine kleine Runde durch die Innenstadt, Volker will den höchsten Kirchturm der Niederlande sehen. Der ist aber gerade eingerüstet und sieht aus wie ein Hochhaus, zumal er als Campanile neben der Kirche steht. Ich mache derweil ein Foto des Stadtgründers Jan von Nassau, ich finde wir Hessen müssen zusammenhalten.

Sehr nett ist der Tradi The home of the frog, an dem wir extra noch vorbeifahren, denn wir können die Stadt ja nicht ohne Fund verlassen.

Es geht durch bebautes Gebiet, nicht so schön, vorbei am Schloss Zeist (Kategorie ABC – another bloody castle) durch das gleichnamige Ort.

Heidenei schon wieder Heide

Unser heutiges Hauptziel, von Amersfoort mal abgesehen, ist das Dorf Austerlitz. Wer jetzt zu recht grübelt 🤔 und meint, „Austerlitz, da war doch damals was mit Napoleon, ist das nicht in Tschechien?“ der hat völlig recht: In der Dreikaiserschlacht besiegte Napoleon im Dezember 1805 die Koalition aus Russland (Zar Alexander) und Österreich (Kaiser Franz II.).

Wie kommt nun ein niederländisches Dorf zum Namen Austerlitz? Und damit nicht genug: Hier steht mitten in der Pampa eine riesige Pyramide! Liegt hier der Hund begraben oder doch ein bis mehrere Ägypter? Fragen über Fragen.

Die Antwort ist nein, aber da muss ich ein wenig ausholen:

1795 erobert Napoleon die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen und gründet die Batavische Republik, die de facto von ihm besetzt ist. So sind 1804 bei Zeist französisch/niederländische Truppen stationiert, etwa 18.000 Mann unter einem General Auguste de Marmont. Sie sollen einen befürchteten Angriff der Briten zurückschlagen. Es ist aber kein Brite weit und breit in Sicht, und Langeweile macht sich breit. So eine Männertruppe kommt ja gerne mal auf dumme Gedanken, wenn sie nix zu tun hat. Das denkt sich wohl auch der ägyptophile General und lässt cseine Soldaten eine 39 Meter hohe Pyramide aus Gras- und Heidesoden errichten und obendrauf noch einen 13 Meter hohen hölzernen Turm bauen. Die Pyramide verdanken wir also einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Beschäftigungstherapie. Da hatten die zumindest mal für einen Monat Bauzeit was zu tun.

So sahen die Erbauer der Pyramide aus 😂😂

1805 wird Marmont mit seinen Soldaten abberufen und nimmt an der Schlacht bei Austerlitz teil, woraufhin der (neue) König von Holland, Napoleons Bruder Louis, Dorf und Pyramide in Austerlitz umtauft.

Und hier ist sie nun, die Pyramide von Austerlitz:

Sie ist schon wieder ein bissel schepp, denn sie besteht aus Grassoden und der schwere Turm (aus Ziegelsteinen, was sonst), sackt gerne mal ein wenig ein.

Volker wird als Abordnung hoch auf die Pyramide geschickt:

Wir sehen dann zu, dass wir fix nach Amersfoort kommen, denn Rolf will bzw. muss ja nochmal nach Noordwijk, Karins Fahrrad und Koffer im Hotel abholen.

Wir fahren derweil den Amersfoorter Bersch hinunter in die Stadt. Und nun? In ein Café setzen geht zu sehr ins Geld (wir sind halt jetzt knauserige Rentner oder die Schwaben färben ab 🤣), also schau ich mal nach Geocaches. Und in der Tat gibt es hier viele Multis mit Informationen zur Stadt und Stadtgeschichte. Wir suchen einen aus, dessen vorgegebene Stationen schön einfach an der alten Stadtmauer entlang liegen, besser gesagt an der ehemaligen (inneren) Stadtmauer: Die wurde nämlich aufgegeben und ein neuer äußerer Befestigungsring mit dem Koppelpoort gebaut.

Der ominöse „Erdbohrer“

Wir laufen durch die Straße Muurhuizen, was „Mauerhäuser“ bedeutet: Die wurden an die alte Stadtmauer angebaut, man brauchte ja mehr Wohnraum. Die Fragen sind einfach, bis auf die nach einem „Vysel“, was DeepL mit „Erdbohrer“ übersetzt, Google mit „Mörtel“. Selbst ein freundlicher Passant kann mit dem Wort nichts anfangen und muss googeln, er findet aber raus was es ist: Ein Mörser! Dann können wir das natürlich verorten!

Am End halten wir nicht ohne Stolz unsere erste niederländische Multi-Finaldose in den Händen. Klein aber fein.

Den Abend lassen wir mit Rolf wieder im Peter & Selie ausklingen, dem schönen Restaurant, in dem wir schon am zweiten Abend so vorzüglich gegessen haben. Auch heute werden wir nicht enttäuscht, im Gegenteil!

Am nächsten Morgen geht es zurück zum HoGo.

Steampunk Drache im Park
Back (mobile) Home

Das war also unser 4. Giro, den wir viel lieber mit Karin zusammen beendet hätten, aber was willste machen.

Zum Radfahren ist Holland sicherlich unschlagbar – ich hätte in Deutschland oder sonstwo nicht durch so viel besiedeltes Gebiet und große Städte fahren wollen. Das Wetter war super, ich hatte ja auch das Regencape, die Regenjacke und was Warmes zum Überziehen dabei – kein Wunder dass dann kein Tropfen Regen und die Temperatur nicht unter 25 Grad fällt 😏. Die Städte sind wunderschön, nicht nur die alten Stadtkerne, auch an modernem Städtebau haben sie viel zu bieten. Mir kommt Deutschland da so richtig schnarchig vor und vernachlässigt. Es muss alles nur funktionieren, ansprechend oder gar schön muss es nicht sein.

Und das viele Wasser bringt auch immer ein Stück extra Lebensqualität mit sich. Ein schönes Land! Sicherlich haben die Niederländer auch ihre Probleme, ein paar hab ich ja angesprochen, und wer weiß was übrig bleibt, wenn der Meeresspiegel steigt. Wär schade drum. Aber wenn einer weiß, wie man über Wasser bleibt, dann die Niederländer!

Das ist doch ein schönes Schlusswort, finde ich 😊😊.

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