Stabkirche und Wildlachs

Sonntag, 11. Juni 2023

Nach einer ausgiebigen Nachtruhe werfen wir um halb zehn die Kaffeemaschine an . Lasset den Tag beginnen!

Der Platz ist schon fast leer, auch die Nachbarn aus Bad Dürkheim nebst Hund Valentin sind längst weitergezogen.

Wir fahren heute erst mal nach Borgund, die Stabkirche besichtigen. Der Weg führt durch das breite, fruchtbare Tal des Lærdalselvi, wo weiter oben Kartoffeln und Grønsaker, also Grünzeug = Gemüse angebaut werden.

Und dann erblicken wir unsere erste Stabkirche ever (das ist die kleine dunkle vorne):

Um sie zu besichtigen, muss man im Besucherzentrum gegenüber 110 Nöcken Eintritt bezahlen und bekommt dann einen kleinen roten Bapper an die Kleidung, mit dem man das Gelände betreten darf. Die Pfälzer hatten uns gestern die ihrigen gegeben, die klebten noch prima und so haben wir uns nicht ganz legal aber clever den Zutritt erschlichen. Meenzer und Pälzer müssen in der Fremde zusammenhalten!

Und so sieht sie nun aus, in ganzer Pracht, die Stabkirche von Borgund:

Vorne ist der Chor mit dem Altarraum

Wenn man mir das Bild ohne weitere Information vor – sagen wir mal – drei Monaten gezeigt hätte, ich hätte dieses Bauwerk nie und nimmer nach Norwegen verortet. Nach Russland vielleicht oder eher noch nach Ostasien. Hat es nicht was von einer Pagode? Und diese Drachenköpfe, wie in China.

Aber solche Einflüsse gibt es nicht, die Stabkirchen sind tatsächlich eine skandinavische Erfindung zur Zeit der Anfänge des Christentums im 12./13. Jahrhundert. Und die Drachenköpfe sind wohl übernommene heidnische Symbole, man musste den Leuten ja nicht nur Neues, sondern auch was Bekanntes bieten, wenn man sie bekehren wollte. So wurde auch in die Eingangstür eine hohe Schwelle eingebaut, die Geister am Eintreten hindern sollte (scheinbar haben die noch kürzere Beine als ich).

Man baute ein tragendes Holzgerüst aus senkrechten „Stäben“ oder Masten und klöppelte darauf dann die Dachkonstruktion. Das Ganzen kann man dann beliebig verkomplizieren mit mehreren Etagen dieser „Stabwerke“ und vielen Dächern. Dadurch entsteht ein sehr vertikal ausgerichteter Bau – anders als beim Blockhaus, das in die Breite geht und wo die tragenden hölzernen Teile waagerecht liegen.

eingekleistert.

Zum Schutz vor Verwitterung und Schädlingsbefall wurde (und wird) das Ganze dann mit Holzkohlenteer eingeschmiert und zwar nicht zu knapp! Leider macht das die Kirchen auch extrem brennbar! Und sie riechen sehr stark, eine Mischung aus Carbolineum und Räucherofen. Und Achtung! Das Zeug tropft bei Hitze runter!

Innen sieht die Kirche dann so aus:

Ich finde, es hat was von einer gotischen Kirche mit ihren Säulen, die alles tragen. Die Wände sind nur Beiwerk ohne statische Funktion. Auch die Betonung der Vertikalen als Verbindung zwischen Himmel und Erde wirkt „gotisch“. Um die Kirche komplett rum führt ein schmaler Laubengang, er dient als Wetterschutz, Auflage für noch mehr Dächer und zum Ablegen der Waffen.

Alles in allem eine sehr interessante Angelegenheit, diese Stabkirchen!

Wir machen danach eine sehr nette Mini-Wanderung auf den Spuren des örtlichen Multi-Caches: Es geht durch einen schönen Wald, über eine Schafweide bis zum wirklich opulenten Finale.

Das ist mein Lieblingsmotiv von heute 😍

Das war’s dann in Borgund, für den Rückweg fahren wir ein kurzes Stück auf der alten Königsstraße, den Kongevegen. Er war die Verbindung zwischen Ost und West, zwischen Oslo und Bergen. Teile der historischen Route sind heute als touristische Straßen erschlossen. So fahren wir ein paar Kilometer über eine schmale Straße, die sich eng zwischen steile Felsen und den tosenden Lærdalselvi windet.

In Lærdalsøyri möchten wir dann eigentlich das Norsk Villakssenter, das Wildlachszentgrum, besuchen, aber das hat zu 😐. So nehmen wir vorlieb mit den Schautafeln, die draußen aufgestellt sind.

Immerhin lernen wir, dass Lachse im Oberlauf von Flüssen laichen und dort die ersten Jahre leben. Dann wandern sie aus und leben im Atlantik, man munkelt, weil sie dort mehr Nahrung finden. Aale wandern auch, aber andersrum, die werden im Meer geboren und fressen sich in Flüssen fett. Da zieht das Futterargument dann irgendwie nicht mehr! Und überhaupt: Woher weiß der Lachs wo der Bartel den Most lagert? Wie findet er hin? Und immerhin muss er seinen Stoffwechsel dafür auf das Leben im Salzwasser umstellen. Ich sach nur: Osmose! Schaut euch ein Solei an und ihr seht, was Salzwasser anstellt! Und dann kommt der Lachs punktgenau in an seinen Geburtsort zurück um da wieder abzulaichen und zu sterben. Schon irre, was es so gibt.

Der Lærdalselvi sei einer der exquisitesten Lachsflüsse ever gewesen, besucht von Reichen, Schönen und Royals, so sagen uns die Schilder.* Und beweisen dies mit dem Foto vom „catch of the day“.

*Wir gewinnen immer mehr den Eindruck, dass da, wo wir grade sind, immer das beste, größte, schönste Wasauchimmer der Welt/Norwegens/der Region zu bestaunen ist. Wir werden mit Superlativen zugeworfen!

Ob diese strammen Exemplare nun noch nicht weggeschwommen oder schon wieder zurückgekommen sind, wissen wir nicht. Im ersteren Fall wären es (kapitale) Jungtiere, im letzteren von der langen Reise völlig ausgelaugte (aber immer noch kapitale) Best-Ager. Fragen über Fragen, die uns das Lakssenter leider nicht beantworten kann.

Dafür werden wir belehrt, dass der atlantische Wildlachs, Salmo salar, im Bestand sehr bedroht bist. Fänge wie der obige, sind längst Vergangenheit. Die Bestände werden streng kontrolliert und geschützt. Die größte Gefahr droht dabei von ausgebüxten Zuchtlachsen, die Parasiten übertragen.

Zum Schluss machen wir noch enen Spaziergang durch das malerische Örtchen, das uns wie ausgestorben vorkommt – nix los hier!

Und weil’s so schön war, fahren wir grad wieder zurück zum Stehplatz von gestern. „Nebenan“ verbringen Sebastian, Julia und Baby Quirin aus Augsburg 4 Wochen Elternzeit mit Wohnwagen in Norwegen und wir führen sehr kluge Gespräche. Freundliche, aufgeschlossene und intelligente junge Menschen sind das, es besteht doch noch Hoffnung für die Menschheit 😂.

Abstecher von unserem P4N8 Parkplatz bei Lærdalsøyri zu der Stabkirche in Borgund und wieder zurück über die Historische Straße zu unser P48N Parkplatz, 72 km

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