Af sted til Norge – Prolog

Einmal Nordkapp und zurück sollte weit genug sein 😎😍

21. bis 24. Mai 2023. Endlich isses soweit: Lange haben wir geplant, vor allem Volker, der das Projektmanagement auch als Rentner nicht sein lassen kann 😜.

Während er Reiseführer wälzte, hab ich Packlisten für Klamotten und Gedöns geschrieben; ich will gar nicht so genau wissen, wo es hingeht und alle Bilder vorher schon mal im Tourguide gesehen haben. Ich will mich überraschen lassen. Ist aber schon ganz gut, wenn man weiß, wo’s hingehen soll 😏😊. So ergänzen wir uns mal wieder prima 😍.

Die letzte Woche haben wir in etwa so verbracht (Reihenfolge beliebig):

Freunde nochmal treffen – Handkäs und viel Wein im Spiegel – Soso’s 2. Geburtstag feiern – Haus putzen und abschalten – noch mehr Freunde treffen und noch mehr Wein trinken – Resteliste abarbeiten – übernachten im Hogo – und dann los am Sonntag, 22. Mai um 10.14 Uhr. 3 Monate Wech ist schon so ein klitzekleines Auswandern 😂.

Erst mal haben wir 5 Tage bis zur Fährfahrt nach Kristiansand am Donnerstag. Also:

Abfahrt Ganoven!

Etappe 1 bringt uns am , Sonntag, den 21. Mai nach einer langen und staureichen Fahrt in den Norden Hamburgs. Dort überfallen wir Volkers Sandkastenfreund Matthias, der uns zusammen mit seiner Doris herzlichst empfängt und großartig bewirtet.

Meenzer Bretzel auch im hohen Norden!

Nach einem langen Abend mit angeregten Gesprächen und einem opulenten Frühstück am Montag geht es dann auf Etappe 2 einen kleinen Schlag nach Flensburg (mit Umweg über die Waage beim TÜV Nord: Der HoGo wiegt 3.940 kg ohne Volker und halb gefülltem Tank). Da waren wir noch nie, So haben wir Zeit für eine kleine sightseeing-Tour eingeplant. Geocaching leistet mal wieder gute Dienste und führt uns in schnuckelige Hinterhöfe, an denen wir sonst garantiert vorbeigelaufen wären. Einer schöner als der andere!
Die reichen Flensburger Kaufleute bauten zur Front der Roten Straße und Holmstraße ihre Wohn- und Geschäftshäuser mit prächtigen Fassaden:

„Hinten raus“ waren dann Werkstätten, Speicher, Lagerhäuser und Wohnraum für’s Personal. Heute findet man in den idyllischen Höfen Gastronomie und Kunsthandwerk – echte Hingucker und Hinhocker!

Flensburg gehörte übrigens nie zur Hanse, sondern war – wie Schleswig-Holstein – bis ins 19. Jahrhundert dänisch! Heute ist der SSW, der Südschleswigsche Wählerverband, fester Bestandteil der Landespolitik. Er vertritt (nicht nur) die Interessen der dänischen und friesischen Mindeheitsbevölkerung in SH und macht eine ganz vernünftige Politik, die sich an skandinavischen Vorbildern orientiert.

Nach dem Höfebummel geht es für uns runter zum Hafen an einen der 6 schleswig-holsteinischen „Fjorde“, zu deutsch „Förden“, tief eingeschnittene Buchten. Hier aber ohne Steilufer wie später in Norwegen.

Historische Segelboote in der Flensburger Förde

Dafür ist das Bier hier aber wohl besser und garantiert billiger. Das flenst!

Den Rückweg nehmen wir über den „Museumsberg“ auf den es wirklich steil hochgeht. Muss wohl eine dieser vermaledeiten End- oder Seitenmoränen sein 🥵. Oben erwartet uns der Idstedt-Löwe, ein Denkmal mit bewegter Geschichte – im wahrsten Sinn des Wortes. Flensburg und Schleswig gehörten seit dem Mittelalter zu Dänemark, aber die Lage im Grenzgebiet und die gemischte Bevölkerung aus Deutschen, Friesen und Dänen führte immer wieder zu Spannungen, mit Holstein, den Schweden und später den Preußen und dem Deutschen Bund (furchtbar kompliziert!). 1850 eroberten die Dänen in der Schlacht bei Istedt die Stadt mal wieder zurück und 12 Jahre später wurde der Löwe als Siegesdenkmal hier aufgestellt.

Doch schon 1864, nach einem erneuten Krieg und dem Sieg der Preußen über die Dänen, drohte dem Löwen Ungemach. Schleswig-holsteinische Patrioten rückten ihm zu Leibe und kurz vor seiner kompletten Zerstörung wurde das lädierte Tier auf Befehl Bismarcks nach Berlin verbracht und dort als Symbol des Sieges über die Dänen wieder aufgestellt. Die Dänen waren not amused! Es dauerte dann bis zum Ende des 2. Weltkriegs, bis sie sich revanchieren konnten: Der Löwe wurde als Kriegsbeute nach Kopenhagen verbracht. Dann hat man Jahrzehnte diskutiert, bis das Denkmal schließlich 2011 wieder an seinem angestammten Platz in Flensburg zurück kam. Wer es genau wissen will: es gibt einen ellenlangen Wikipedia-Eintrag (vor dem ich kapituliert habe 🙄).

Kaum sind wir zurück am HoGo, beginnt es zu regnen. Wir machen uns einen gemütlichen Abend und verprassen Volkers üppiges Datenvolumen in der ARD-Mediathek mit dem Tatort vom Sonntag.

Am Dienstag vormittag geht es weiter über die nahe Grenze nach Dänemark und hoch, höher und höcherer in den äußersten Norden Dänemarks nach Skagen. Sehr entspannt fährt man hier MIT TEMPOLIMIT 80/120! Schönen Gruß an die FDP 🤬.

5 km vor der Stadt parkieren wir gemütlich und einsam auf einem Parkplatz zwischen Eichen, Ginster und duftenden Maiglöckchen – sowie der Bundesstraße rechts und ner Bahnlinie links. Mal sehen ob es laut wird. Ich glaub aber nicht!

Mehr Meer!

„Mehr, mehr“ sagt unser Enkelchen Sohel, wenn er etwas mag und mehr oder nochmal davon möchte. 

Am Mittwoch früh lacht die Sonne, das Universum schenkt uns einen herrlich warmen Frühlingstag. Wir setzen kurz um in die Stadt, zu einsam ist uns der nächtliche Parkplatz; hier wollen wir den HoGo nicht den ganzen Tag mutterseelenallein stehen lassen.

Es geht mit dem Rad nach Grenen, dem äußersten Zipfel Dänemarks. Gleich zu Beginn begegnen uns Touristengrüppchen, am Fahrradverleih ist eine ellenlange Schlange und kaum erreichen wir den Hafen, sehen wir den Grund.

Hoch aufragend liegt sie da, wie ein Plattenbau: die AIDA „kippt“ ca. 5.000 Touristen über dem Städtchen aus. Da müssen wir durch 🤷‍♂️🤷‍♀️.

Wir radeln bis zu einem großen Parkplatz hinter dem Leuchtturm von Skagen, binden eRich und eMil bei ihren Artgenossen an und marschieren mit den Kreuzfahrern los – fein aufgereiht immer an der Waterkant lang.

Ca. 2 Kilometer geht es entlang der ruhigen Ostsee, genauer, des Kattegat. Die Skandinavier betrachten das „Katzenloch“ als eigenständiges Meer, ebenso wie den Skagerrak, den wir als Teil der Nordsee „gelernt“ haben. Selbstständig oder nicht –  die beiden Meere treffen eben hier an der äußersten Landspitze von Jütland aufeinander. 

Wir haben uns nix Spektakuläres darunter vorgestellt –  Wasser halt, das man hier bzw. da zurechnet und benennt, eine imaginäre Grenzlinie. Um so erstaunter beobachten wir beim Näherkommen weiße Wellenkämme, die im rechten Winkel zur Dünung des Kattegat auf uns zurollen 😳.

Da geht es richtig zur Sache, verglichen mit den gemächlichen Wellen der Ostsee ist die Nordsee viel lebhafter. Und sie kommt quasi von links angerauscht, ohne die Vorfahrt zu beachten. Also mitnichten eine virtuelle Grenzlinie, sondern eine sicht- und hörbare. Faszinierend 🖖🏻.

Hier sieht man schön, wie die Wellen sich kreuzen
Vorläufer des Leuchtturms: das „Wippfeuer“

Vermutlich trägt dazu auch bei, dass die sandige Landzunge sich unter Wasser fortsetzt. Die bekommt übrigens ständig Zuwachs durch Sand, der angeschwemmt und angeweht wird, und das mit fast 10 Meter pro Jahr nicht zu knapp.
So mussten auch die Leuchttürme über die Jahrhunderte immer weiter „nachrücken“. Man könnte ja mal ausrechnen, wann Skagens Gren das nordöstlich gegenüberliegende norwegische Ufer erreicht 🤔🧮.

Wir machen das obligatorische Foto: Volker in der Nordsee, ich in der Ostsee. Das brauchen wir auch für den hiesigen Virtual Cache.

Geschafft!

Nach einer Weile machen wir uns auf den Rückweg, gehen am Nordseestrand entlang und biegen dann ab in die Dünen. Unser Ziel ist – mal wieder – ein Geocache und zwar ein über 20 Jahre alter und zudem der nördlichste in DK. Zumindest bis 2020 ein weiterer Tradi noch etwas weiter nördlich gelegt wurde. Aber den Jungspund ignorieren wir und kämpfen uns tapfer durch nasse Senken, dorniges Gestrüpp und tausende Moskitos durch bis zu dem alten Schätzchen!

Noch ein wenig Cachen in Skagen, ein Kaffee nebst Gebäck in der Bäckerei ( danke für den Tipp, liebe Steffi) und weiter geht die Reise.

Wir fahren nach Hirtshals in die Nähe des Fährterminals. Der Campingplatz liegt direkt an der Nordsee – oder dem Skagerrak 😉 – für umgerechnet 38 Öcken kriegen wir Meerblick und allen Komfort inkl. 3 min Warmduschen.

Wir machen noch einen kleinen Spaziergang zum Leuchtturm, für 3 Öcken steigen wir die Wendeltreppe hoch und genießen den weiten Blick über Meer, Land incl. CP und … eine gigantische Bunkeranlage aus dem 2. Weltkrieg, Teil des Atlantikwalls, den die Nazis 1942-44 vom Nordkap bis nach Südfrankreich planten und teilweise bauten.

Dann geht es runter zum Strand und entlang der Hirtshals klint, einer 250 m langen und bis zu 10 m hohen Steilküste aus Lehm, übersät mit bunten Steine, Geschiebe aus Norwegen, das während der Eiszeiten hier abgelagert wurde.

Die Steine „stecken“ im eiszeitlichen Lehm der Moräne/Steilküste, die von Wind, Meer und Wetter  erodiert und plumpsen runter auf den Strand. Angeblich seien auch welche von Eisbergen hier abgeladen worden, aber wie man sich das vorstellen soll, ist mir schleierhaft. Vielleicht ein Übersetzungsfehler, Eisberg statt Gletscher? Die Nordsee als Meer gibt es erst seit ca. 8000 Jahren, vorher war das eher Morast.

Den Tag beschließen wir beim Sonnenuntergang in den Dünen und retten unseren Rotwein vor dem norwegischen Zoll, indem wir ihn in uns umfüllen.

Morgen geht es dann mit der Fjordline-Fähre nach Kristiansand. Bis hierher sind wir rund 1.160 km gefahren, haben in den 4 Tagen schon viel erlebt und kaum einen Gedanken an zu Hause verschwendet. Das ist doch schon mal ein prima Anfang!

Von Kostheim (A), über Hamburg (B), Flensburg (C), Frederickshavn (D), Skagen (E) nach Hirtshals (F) (1.160 km)

PS: Rest in peace Tina Turner. You rocked it!

4 Kommentare

  1. Herrlich! Ich bin auf eurer Reise gerne virtuell dabei:) zumal ich letztes Jahr ja durch die norwegischen Fjorde gecruist bin und wunderschöne Erinnerungen daran habe. Viel Spaß und gute Reise! LG Kerstin

  2. Liebe Usch, lieber Volker, zum Glück hat Birgit euren Link auf die Wiese geschleppt, so kann ich mich an euch erfreuen. ❤️ Ich lese dich so unheimlich gerne, liebe Usch, weil du genau die richtige Mischung zwischen Informationen, Humor und Herz bietest! Schön, dass ich jetzt ganz viele Wochen diese Abwechslung genießen kann und dadurch relativ nah bei euch bin. Ich beneide euch um diese tolle Zeit und finde es großartig, dass ihr diesen Schritt getan habt und uns so wunderbar daran teilhaben lasst. 🥰Fühlt euch ganz dolle gegrüßt und umärmelt von Ute

  3. Der Löwe kommt mir bekannt vor. Gibt’s so einen nicht auch am Wannsee? Gute Reise 🌞 weiterhin und lasst es euch gut gehen. Wenn euch mal langweilig wird, können wir ja online DoKo 🤯 spielen… 🙃. LG Ruth

  4. Vielen Dank für die Einladung zu eurer Reisebegleitung.
    Wie gewohnt kurzweilig und interessant.
    Weiterhin gute Fahrt, liebe Grüße Inge

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