Kehrtag und Spielzeugautos

Über den Alpe d’Huez des Nordens

Wir verabschieden uns nach einer halbwegs ruhigen Nacht vom manierlichen Stellplatz im Schatten des Trolltinderen. In der Sonne sieht er richtig freundlich aus!

Wir drehen noch eine Runde durch das Info-Zentrum, sehr „trollig“ hier 😂, eine wahre Invasion! Sogar ein spezielles Verkehrsschild warnt uns vor den Gesellen, als wir uns um 10.30 Uhr von dannen trollen und wieder auf die Straße schwenken.

Kaum sind wir unterwegs, hupft schon das Animal of the Day (AoD) vor uns quer über die Straße – ein Frosch! Davon haben wir kein Bild, er war zu schnell. Da aber die Tierwelt hier etwas knäpplich ist und überwiegend aus Schafen zu bestehen scheint, wollen wir dieses außergewöhnliche AoD doch zumindest erwähnen 🐸.

Heute geht es, wie schon gesagt, zu einer der großen Attraktionen Norwegens, der Fahrt über den Trollstigen, die Troll-Leiter (ebenfalls eine Landschaftsroute). Was liest man nicht alles vorab über diese Straße, die es angeblich in sich hat wie keine zweite, schwindelerregend, angsteinflößend, stark befahren, ultraeng. Wir bleiben cool und warten’s ab. Der HoGo ist jedenfalls bestens motorisiert und wenn da Gespanne und Reisebusse hochfahren, dann sollte das ja wohl kein Problem für uns sein. Erst mal geht es gemächlich durch das zunächst breite Tal der Rauma.

Aber then goes it loose!* Ein Wasserfall donnert ins Tal und man sieht schon in der Ferne die winzigen Autochen, die die Serpentinen hochschleichen. Nix wie hinterher!
*wir reden hier sehr viel Englisch, das schleicht sich auch in den Blog ein 🤷‍♀️🤷‍♂️.

Kurve für Kurve (jede benamst nach einem Vorarbeiter der Straßenbauer und der Nikka-Swingen nach der Köchin des Bautrupps) – schrauben wir uns den Bersch enuff und ja – es ist eng wenn einer entgegen kommt, aber nur manchmal und es gibt echt viele Ausweichbuchten, klitzeklein zwar aber es reicht. Mir kommt es nicht „schlimmer“ vor als die Bergstraßen, die wir bislang schon gefahren sind. Und die 11 Haarnadelkurven sind ein Klacks, da ist Platz genug. Hinzu kommt, dass wirklich alle sehr bedacht, rücksichtsvoll und vorausschauend fahren – hoch wie runter.

So etwa sahen die Schilder aus

Kleiner Exkurs: In Kanada sind wir 2010 zu den Tukkakew Falls, den höchsten in Kanada, gefahren. Da waren die Haarnadelkurven so eng, dass man mit dem WoMo nicht rumkam! Da musste man dann abwechselnd vorwärts und rückwärts hoch! Das war mal ne Bergfahrt!

Auf 700 m Höhe erwartet uns das Trollstigen-Plateau mit fantastischen Aussichtspunkten, spektakulär in die Landschaft gezimmert – das hat der Norweger wirklich gut drauf!

DAS Foto mit – fast – allen Serpentinen und der Brücke über den Wasserfall Stigfossen

Wir schauen fasziniert den Autochen und winzigen Bussen von her oben zu, wie sie sich hoch oder runter schleichen und mehr als einmal gibtb es Traffic-Jam zu „bestaunen“. Hafenkino der besonderen Art!

Wenn man genau hinschaut, entdeckt man auf den Bildern ganz viele Roadster: Das sind alles alte Austin-Healey, deren Besitzer in Geiranger ein großes Treffen feiern. Wir unterhalten uns hier und auch später mit einigen dieser Leute – durchweg sehr frundlich, fröhlich und auskunftsfreudig – und sehr stolz auf ihre motorisierten Schätzchen! 260 Autos aus 14 Ländern (sogar aus Australien und den USA) sind in Geiranger.

Wir knipsen mal wieder unendlich viele Fotos (von denen wir abends 2/3 wieder löschen). Es ist aber auch zu schön hier oben!

Auch das wid geboten: Kneippen auf höchstem Niveau!

Nachdem wir jeden Winkel der vielen Aussichtsplattformen und Stege erkundet haben, geht es weiter über die Passhöhe (870 m) und – wer hätte das gedacht – auf er anderen Seite wieder runter.

Eben noch im Winter …

… und zack, wieder im schönsten Grün!

Postkartenidylle

Wir halten an einem gemütlichen Rastplatz und machen Kaffeepause, um all die Eindrücke mal wirken zu lassen.

Da lockt uns ganz in der Nähe ein Geocachce zu einem klitzekleinen Spaziergang und wir sind schon wieder komplett aus dem Häuschen!

Ein wunderschöner kleiner Wildbach (natürlich mit Wasserfall) zwängt sich durch eine alte Steinbrücke – Romantik pur! Und: Das hätten wir ohne unser Hobby Geocaching nie und nimmer entdeckt!

Jetzt haben wir aber genug gesehen für heute, sagen wir uns, aber denkste: Es kommt noch dicker! Eines der braunen Schilder mit dem Kringel weist auf eine weitere Sehenswürdigkeit hin, den/die/das „Gudbrandsjuvet“. Wir haben keine Ahnung, was das ist, der Parkplatz ist voll, also weiter. Aber ich googele schnell, sehe ein Bild und schon drehen wir um! Das sieht ja fast aus, wie der Maligne Canyon in Kanada!

Hier bekommen wir zum Wasserfall gleich noch eine 25 Meter tiefe und nur 5 Meter „breite“ Schlucht präsentiert, dazu eine wirklich schwindelerregende (und wippende) Plattform! Ich stell die Bilder jetzt einfach mal hier in eine Galerie:

Danach sind wir aber wirklich bedient. Nur noch mit der Fähre (und 10 Austins 😂) von Sylte nach Eidsdal und die letzten 30 km nach Geiranger.

Auf dem Utsiktspunkt Ørnesvingen zuvor war es gerammelte voll, und wir haben keinen Parkplatz gefunden. Eigentlich sei es ein Muss von dort den Geirangerfjord zu fotografieren. Was nicht ist, das ist eben nicht. Aber die Kehren von dem Aussichtspunkt herunter bis kurz vor Geiranger haben wir wenigstens noch vor die Linse bekommen. Das Geirangerfjord Foto bekommen wir dann morgen von der anderen Seite.

Die 10 Kehren auf der „Adlerstraße“ herunter nach Geiranger
Es ist die einzige ganzjährig befahrbare Straße in die Ortschaft

Ein Plätzchen für umme ist in der Nähe nicht zu kriegen, zudem beide CPs in Geiranger voll. Also fahren wir auf der anderen Seite ein Stück hoch zum CP Vinje, der sich als wahres Schätzchen entpuppt: Herrlich im Grünen gelegen, terrassig angelegt und mit freier Platzwahl, was zu einer fröhlichen und stellenweise liebenswert chaotischen „Ordnung“ führt. Der Platz ist eigentlich auch schon voll, aber der nette junge Mann an der Rezeption meint, wenn wir mit etwas Schieflage zufrieden sind, sollen wir uns gern ein Plätzchen suchen und uns mit den Nachbarn arrangieren. Gesagt, getan, wir hauen drei Nivellierkklötze unter den HoGo und machen es uns gemütlich.

In der Nähe rauscht ein Wasserfall und neben uns steht ein echter deutscher Bulli aus Quebec/Kanada, mit seinen Besitzern auf 4-monatiger Skandinavien-Tour. Sachen gibt’s!

Und in Erinnerung an das AoD von heute Morgen 🐸 gibt Volker jetzt noch den Wetterfrosch. Ich genehmige mir einen Sundowner, eigentlich gibt es den erst um 23:30 Uhr, aber das ist (seit gestern) die Zeit für das Piffchen Rotwein 🍷 als Schlummertrunk. Obwohl: Unser Zeittakt ist dermaßen durch den Wind, wir werden hier gar nicht richtig müde, weil es um 24 Uhr noch hell ist (und um 3 schon wieder). Wenn wir nicht auf die Uhr schauen, gehen wir nicht vor 1 Uhr ins Bett. Da sieht man mal, wie unser Biorhythmus auf Außenreize angewiesen ist.

Aber nun zum Wetter:

So oder zumindest so ähnlich schaut die Wetterkarte für Europa aus, und zwar seitdem wir unterwegs sind. Anfangs war es das Blockadehoch über den britischen Inseln, das die Tiefdruckgebiete im Mittelmeerraum festgehalten hatte, und Mittel- und Nordeuropa viel Sonne und Wärme beschert hatte. Jetzt aktuell hat sich das Hoch auf ganz viele Hochs, die sich von Nordafrika bis zur Arktis erstrecken, ausgedehnt. Einzig über der Adria wird noch ein Tief von den umliegenden Hochs in der Senke festgehalten. Hier bei uns in Norwegen steigen die Tagestemperaturen inzwischen auf 25 Grad Celsius bei Sonne pur. Also wettertechnisch haben wir bislang ein unfassbares Glück.

So, und nun noch die übliche Statistik. Zunächst einmal die Tagesstrecke.

Von Trollveggen (D) über Andalsnes (E) zum Putzen der Frontscheibe über die Trollstigen bis nach Geiranger (F), knapp 100 km in 6 Stunden.

Und einmal pro Woche gibt es die Gesamtroute in Norwegen, damit wir den Überblick behalten.

Seit unserer Ankunft in Norwegen am 25.5. in Kristiansand haben wir bislang eine Strecke von 1.655 km zurückgelegt. Von Zuhause aus sind es 2.821 Straßenkilometer

Alles in allem bewegen wir uns noch in Südnorwegen. Die nächsten größeren Ziele sind Ålesund und die Atlantikroute mit Kristiansund. Trondheim möchten wir dann in etwa in zwei Wochen erreichen.

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