Eine Runde schräge Vögel

Samstag 18. Juni bis Montag 20. Juni 2023, Goksøyr, Vogelinsel Runde

Man ahnt es schon: es geht nicht nach Ålesund. Der nicht vorhandene Reiseplan wird fix mal wieder umgeworfen – dazu später.

Nach einer kurzen, ruhigen Nacht heißt es Abschied nehmen vom Vestkapp.

Das Vestkapp macht es uns nicht leicht – es ist wirklich 🐷-schön hier oben

Ein früher Motorradfahrer kommt an, und weil das Restaurant noch geschlossen hat, bieten wir ihm einen Kaffee an. Er fährt die Zipfelpunkte Norwegens ab, Osten und Norden hat er schon, jetzt Westen, dann noch Lindesnes. Und er hat 11 Jahre für Viessmann Norwegen gearbeitet, erzählt er. Er rät uns, bald runter zu fahren, bevor der Nebel vielleicht die schmale Straße erreicht.

Runter geht es, ungefrühstückt in den Hochnebel

Neben dem Verkehr müssen wir auch auf die Schafe achten, die obdachlos hier an der Leitplanke pennen.

Wir finden schließlich einen netten Rastplatz, um das Frühstück nachzuholen und hier sticht uns mal wieder der Hafer. Statt nach Ålesund geht es auf die Vogelinsel Runde 🦜🦆🦤🐦‍⬛🦅🐦.

Wir sind bester Laune und der Country-Sender funzt auch wieder 🤠🎸🎤.

In Koparnes quetschen wir uns als allerletzte auf die Fähre nach Årvik, fahren dann wie auf der Achterbahn auf kurvigen Schmalspurstraßen mal hoch, mal runter, am End über einspurige Bogenbrücken.

Dann sind wir auf dem Inselchen, das außer einem proppenvollen Campingplatz und 2 Leuchttürmen noch Häuser für ca. 100 Einwohner aufbietet. Einer davon ist Arne, ein Tipp der P4N8-App, bei dem wir 2 Nächte campieren werden, so wir seine Einfahrt hochkommen. Mit etwas durchdrehenden Rädern gelingt das, wie wir wieder runterkommen, überlegen wir in 2 Tagen.

Vom Vestkapp (D) geht’s wieder runter von der Halbinsel Statlandet nach Åheim (E) und weiter auf die Vogelinsel Runde (F) nach Goksøyr (G) zum Arne, 124 km in 5 Stunden

Unser Gastgeber Arne ist fürwahr ein Unikum! Er schenkt uns selbstgefangenen Kabeljau, bringt Wasser, Tische, Wurfspiele, Bücher, Sonnenschirm (es ist bedeckt), eine Palette als Trittstufe für den HoGo. Am nächsten Tag gibt es Räucherlachs und Wassermelone. Dazu hat es noch einen „Aufenthaltsraum“ in der Garage. Alle Nas lang kommt Arne mit was anderem an und redet pausenlos in sehr gebrochenem Englisch mit brockenweise Deutsch und Norwegisch zwischendrin. Er einnert uns ein wenig an Niklas von der Eifelsteigwanderung (insider).

Der Anleger
Es gibt Meerblick und sogar nettes Inter-Nett!

Arne versorgt uns auch mit allem Informationsmaterial über die Insel und die Vogelwelt. Runde ist die südlichste Vogelinsel Norwegens und wird als die größte südlich des Polarkreises angepriesen, was aber laut Wikipedia nicht stimmt. Ich sag nur: Superlative! Das ist uns aber schnupps, Seevögel kriegt man hier reichlich und „leicht zugänglich“ zu sehen. Letzteres bedeutet, dass man „nur“ gut 300 Höhenmeter die Klippen rauf muss und 5 km Fußmarsch absolviert. Sowas macht der Norweger mit links. Vermutlich lernen hier die Kinder das Laufen schon am Berg!

Wir gehen die 2 hoch
und die 5 runter

Es gibt Dreizehenmöwen, Trottellummen, Tordalke, Basstölpel, Kormorane, Teiste, Skuas (Raubmöwen) und Seeadler. Und eine Art, die ich jetzt noch nicht verraten möchte. Je nach Vogel muss man zu unterschiedlichen Aussichtspunkten und zu verschiedenen Tageszeiten losgehen.

Von oben links im Uhrzeigersinn: Wege im Moor, Wollgras, Hainsimse, Rasenbinse
Mitte: Schwedischer Hartriegel
Der Berg ruft! Oben steht der HoGo.
Ich hasse Gravitation

Wir machen uns um  17.30, nach einem Nudelessen als Stärkung auf den Weg zu den Vogelfelsen 🥵. Mördersteil geht das hoch, dafür wird man schon bald mit einem tollen Blick belohnt. Wir wählen die längere Route und wandern erst gemütlich flach, dann steil bergauf durch ein Torfmoor. Ich bin mal wieder ganz aus dem Häuschen, denn ich finde Moor ganz herrlich!

Hochnebel kommt im Moor besonders gut!
Volkers Landschaftsbild heute
Mein liebstes Landschaftsbild heute 💗

Noch im Aufstieg begegnen wir schon dem ersten Vogel, einer Großen Raubmöwen, auch Skua genannt. Hatte ich noch nie gehört, den Namen. Diese Möwe ist in unseren Breiten auch selten.

Sie ähnelt vom Gefieder einem Greifvogel, sieht aber ansonsten halt wie eine Möwe aus. Skua erbeuten ihre Nahrung, Fisch, meist nicht selbst, sondern jagen sie anderen Vögeln ab. Weil „unsere“ Raubmöwe im Tiefflug weit weg war und wir auch später keine Nahaufnahme hinbekommen haben, hier ein Profi-Bild dieses schönen Vogels.

Fast oben angekommen, trennen wir uns: Volker steigt nochmal gut 100 m runter, zum Basstölpelfelsen Raudenipa, während ich den letzten Anstieg geradeaus nehme. Schön ist das hier oben!

Volker sieht schon bald die Vogelfreunde, die die steile Klippe unterhalb beobachten.

Von Carsten Steger –
Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=107004869

Wer einem so hübschen und eleganten Vogel den Namen Basstölpel gegeben hat, der gehört echt bestraft. Elegante Segler und vorzügliche Taucher sind diese großen Seevögel (Spannweite bis zu 1,80 m!). Die Jungvögel sind braun, sie mausern sich im wahrsten Sinn des Wortes erst über 5 Jahre zu der schneeweißen Färbung mit dem gelben Kopf. Die schwarzen Streifen sind übrigens die Haut, die an unbefiederten Stellen am Kopf durchscheint und dem Basstölpel sein markantes Gesicht gibt.

Nebenan leben Tordalke (kannte ich auch nicht), die sind deutlich kleiner und bringen es mit ihren recht kurzen Flügeln nur auf knapp 70 cm Spannweite. Sie schwimmen unter Wasser mit Flügelschlägen. Alle Vögel aus der Familie der Alke haben die Beine sehr weit hinten am Körper, was ihnen eine aufrechte Körperhaltung an Land einbringt. Irgendwie sehen sie dann ein wenig aus wie Pinguine.

Inzwischen sind wir wieder beisammen und wandern nun bequem bergab zum Höhepunkt des Abends. Es ist inzwischen ca. 21:30 Uhr und die beste Zeit für die Stars der Insel. Hier erst mal in klein:

Es sind Papageitaucher, auch Lunde oder Puffin genannt, kleine Alkenvögel (500 Gramm, 50 cm Spannweite) und hier auf Runde mit über 50.000 Brutpaaren vertreten. Sie sind nicht mit Papageien verwandt und auch nicht mit Pinguinen! Die sind soooooo putzig, man kann sich gar nicht sattsehen an den Gesellen. Wir spammen jetzt hier mal ein paar viele Bilder rein:

Die Papageientaucher graben mit dem Schnabel bis zu 1,5 m tiefe Gänge oder Höhlen in die grasbewachsenen Felshänge und schaufeln den Abraum mit den Füßen raus. Sie nehmen auch natürliche Höhlen oder Kaninchenbauten, falls vorhanden. Das einzige Ei wird von beiden Partnern bebrütet (ca. 5 Wochen) und das Junge nach dem Schlüpfen versorgt. Es bleibt 40 bis 50 Tage in der Höhle. Dann stellen die Eltern das Füttern ein und das Junge muss wohl oder übel rauskommen. Es purzelt dann mehr oder weniger (un)beholfen bis runter zum Wasser und muss nun sehen, wie es alleine zurecht kommt.

Puffins sind exzellente Taucher und Schwimmer – auch unter Wasser, daher die kurzen Flügel. Zwar kriegen sie mit bis zu 400 Flügelschlägen pro Minute kurzzeitig bis zu 90 km/h auf den Tacho, sind aber keine Vielflieger. Sie kommen nur zum Brüten und zur Aufzucht des Jungen an Land, den Rest des Jahres verbringen sie auf See. Papageitaucher werden 30 Jahre alt!

Die Vogelbeobachter sind ganz fasziniert und es herrscht absolute STILLE! Auch die Puffins sind keine Schreihälse (steht in Wikipedia anders, aber unsere waren mucksmäuschenstill). Die Menschen verständigen sich mit Handzeichen, bestenfalls flüsternd. Und wir bringen nächstes mal garantiert keine Tüte Gummibärchen mit. Das ist wie Bonbonpapier im Theater an den ganz leisen Stellen 🙈🙊.

Und als wäre das alles noch nicht genug, hockt da wie ein Ölgötze auch noch ein junger Seeadler und scheint den Spieß umzudrehen: Der Vogel beobachtet die Vogelbeobachter.

Wir sind so was von geflasht und wirklich bedient: So viele großartige Eindrücke! Eine Dreiviertelstunde laufen wir noch den Berg wieder runter und kommen knapp nach Sonnenuntergang um 23:45 Uhr am WoMo wieder an. Den Schlummertunk haben wir uns wirklich redlich verdient.

Am nächsten Vormittag sortieren und bearbeiten wir erst mal die hunderten Bilder, die wir gemacht haben. Die Nahaufnahmen sind von Volkers großer Kamera, aber auch die Handykameras können heute schon was.

Um 14 Uhr steht die nächste und letzte Unternehmung auf der Vogelinsel an: Einmal rum mit Björn und seinem Boot. Wir kämen auf Empfehlung von Arne, sagen wir. Ob der immer noch so viel redet, fragt Björn 😂😂.

Jetzt können wir die Vögel auch auf dem Wasser hautnah erleben! Björn steuert das Boot ganz dicht an die Felsen und in die Grotten am Fuß der Steilwand.

Weil mir die Worte ausgehen, gibt es ab jetzt nur Bilder mit Kurzbeschreibung.

Und wenn uns bei Gelegenheit jemand die Kinnladen wieder hochklappen würde, wären wir dankbar 😮😮.

Das ist eine Grylltteiste, auch wieder ein Alkenvogel
Geschafft!
Man könnte den Trottellummen hinterherschwimmen … 🤔
Finde den „Fehler“

Kormorane:

Trottellummen
Dicht bei dicht: Die Basstölpel-Kolonie
Die Basstölpel schleppen gern Plastikschrott und Fischernetze als Nistmaterial an.
Besonders die Netze werden vielen zum Verhängnis, wenn sie sich darin verheddern
Rückfahrt am Leuchtturm vorbei
Begleitet vom Seeadler – unser AoD am Sonntag 🦅
Elegant! Die Dreizehenmöwe (?)

Wir haben fertig. Der Abstecher nach Runde hat sich aber mal sowaas von gelohnt! Vielen Dank auch an Arne.
Und danke für den Fisch 🐟.

PS: Jetzt sind mal 2 Tage Regen angesagt, da haben wir vielleicht Zeit, mal in unserem Blog nachzulesen, was wir alles erlebt haben. Es ist so viel, wir werfen schon die Tage durcheinander. Höchste Zeit, mal die Gedächtnisschubladen auf- und einzuräumen.

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