Hejdå Sverige, hej Danmark

Montag, 14. August 2023: Smygehuk und Roskilde

Hinter Ystad biegen wir von der langweiligen Europastraße ab und fahren an der Ostseeküste entlang. So richtig an der Küste, mit Sichtkontakt. Es ist wirklich eine sehr schöne, liebliche Gegend, wie aus dem Bilderbuch. Ich würde mich nicht wundern, wenn wir gleich durch Bullerbü fahren oder Pippi Langstrumpf auf ihrem Kleinen Onkel vorbeikäme. Genug Pferde gibt es hier auf jeden Fall.

Wir steuern das Örtchen Smygehamn an, genauer, Smygehuk. Das ist nämlich ein ganz besonderer Ort, der südlichste Punkt Schwedens und somit der Skandinavischen Halbinsel. Für unsere Sammlung!

En Geocache beschert uns noch einen Spaziergang an der Küste, die hier vorwiegend aus Feuerstenen besteht.

Feuerstein ist ein besonderes Quarzmineral (SiO2), das entsteht, wenn kieselsäurehaltiges Wasser in Kalkboden eindringt. Es „trocknet“ dann und bildet sich zu einem harten, glasartigen Gestein um, das leicht splittert, wobei scharfe Kanten entstehen. Deshalb wurde Feuerstein vor Jahr­tausenden als Werkzeug (Messer, Schaber, Pfeilspitzen) benutzt. Auch kann man Feuer damit entfachen, denn beim Aufeinander­schlagen sprühen Funken – daher auch der Name. Weil Feuerstein in kalkhaltigem Boden entsteht, hat er oft Einschlüsse aus Kalk, die schnell herauswittern. Dort bekommt der Stein Dellen, Kuhlen und manchmal Löcher: Ein solcher Stein ist ein Hühnergott und bringt Glück. Oder hält zumindest Unheil fern.

Keine Frage, dass ich mit vollen Hosentaschen zurück zum HoGo bin 😍. Die Enten haben nix mitgekriegt.

Köpfchen in die Ostsee …

Nächster Punkt auf der Tagesordnung ist das Überqueren der schönen, großen Öresundbrücke zwischen Malmö und Kopenhagen:

Die letzten paar Kilometer geht es dann durch einen Straßentunnel. Sieht lustig aus, wie die Straße scheinbar im Nichts endet. Man muss an Lemminge denken.

Kopenhagen lassen wir aus – da waren wir zu Volkers 60stem mit den Kindern und für einen Besuch braucht man viel mehr Zeit, als wir haben. Statt dessen steuern wir die Stadt an, die fast anstelle von Kopenhagen Dänemarks Hauptstadt geworden wäre: Roskilde.

Die Stadt war bereits bei den Wikingern als geschützter Hafen beliebt – davon zeugt das Wikingermuseum, das alte Schiffe ausstellt, die man im Schlamm gefunden hat. Um das Jahr 980 kam ein echter Promi nach Roskilde, Harald Blauzahn ließ auf dem Hügel des Ortes eine Königspfalz mit Kapelle erbauen, gerade rechtzeitig, denn kurz drauf starb er und wurde ebenda bestattet. Aus der Pfalzkapelle entstand um 1200 der Dom zu Roskilde. Und wegen dem sind wir gekommen! Er ist nämlich UNESCO Weltkulturerbe.

Roskilde war durch die Jahrhunderte als Bischofsstadt, Handelshafen und Residenz der mittelalterlichen Reisekönige bedeutend, stand aber immer in Konkurrenz zum nicht weit entfernten „Kaufmannshafen“ Kopenhagen. Als der Stern Roskildes um 1400 zu sinken begann, ließ der damalige Bischof das Grab der großen dänischen Königin Margarethe I. in den Dom zu Roskilde verlegen, konnte aber nicht verhindern, das 1443 Kopenhagen Reichshauptstadt wurde. Auf dem politischen Parkett spielte die Stadt im Jahr 1658 eine Rolle, als hier der Frieden zu Roskilde verhandelt wurde. Dänemark-Norwegen und Schweden lagen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert ständig im Clinch, mit wechselnden Verbündeten und Absichten, aber immer gegeneinander. Im 2. Nordischen Krieg verlor Dänemark, musste seine Besitzungen in Südschweden an Schweden abtreten und zeitweise sogar Bornholm sowie die norwegischen Gebiete Trondheim und Romsdal. Die Schweden bauten damals Karlskrona auf dem neu gewonnenen Territorium als Marinestützpunkt – da waren wir ja vorgestern.

Nun aber auf zum Dom.

Seit 1559 ist er Grablege fast aller dänischen Monarchen, und die heißen seit 1416 ausschließlich Frederik oder Christian und werden durchnummeriert. Es steht aktuell 10:9 für Christian. Der letzte König Frederik IX. hatte drei Töchter, daher wurde 1953 die Thronfolge geändert und seit 1972 ist Margarethe II. dänische Königin. Ihre Vorgängerin Margarethe I. (1353-1412) wird zwar als Königin gehandelt, war aber „nur“ Regentin, da nach dem Tod des Königs der Kronprinz erst 5 Jahre alt war. Auch der starb früh und so blieb sie im Amt. Die Dänen, Norweger und Schweden sahen wohl, was sie an ihr hatten: eine große Staatsfrau und kluge Herrscherin, die alle drei nordischen Staaten durch kluges Kalkül und Kuppelei erstmals in einem Bündnis, der Kalmarer Union, vereinte. Frauen an die Macht!

Die zumeist sehr repräsentativen und prachtvollen Grabstätten sind im Chor hinter dem Altar und in zahlreichen Seitenkapellen, die peu à peu an den Dom angebaut wurden.

Frederik V. (1723-66) war ein Taugenichts und Trunkenbold, aber was willste machen, in Zeiten absolutistischer Herrscher zählt nur das angebliche Gottkönigtum.
Schlichter geht es seit dem späten 19. Jahrhundert zu.
Auch das Grabmal der amtierenden Königin Margarethe II. steht bereits im Dom. Die kluge Frau baut vor! Dies ist aber nur ein Modell, das echte steht nebendran und ist fest verhüllt. Man darf die Hülle als Sitzbank nutzen.

Auch Harald Blauzahn und die Gründer und Erbauer des Doms sind zu finden: Ihre Grabstätten sind in den Säulen des Chors.

Es ist eine herrliche Kathedrale und ein sehr gutes Heftchen dient als Führer und erklärt wirklich ganz hervorragend, so dass wir in knapp 90 Minuten „durch“ sind. Um 18 Uhr müssen wir raus – Sperrstunde.

Auch unter dem Fußboden des Doms: Ein Friedhof
Der Junge mit dem Stundenglas – memento mori!

Man schätzt, das 2,5 Millionen Backsteine im Dom verbaut sind. Wen wundert es da, dass es ein Däne war, der LEGO erfunden hat!?

Wir trinken ein feines dänisches Bier als verspäteten Anleger und sagen Roskilde in Gedanken schonmal Auf Wiedersehen. Morgen geht es auf’s Festland.

Von Ystad (E) über den südlichsten Punkt Schwedens, Smygehuk (F) und über die Øresundbrücke von Schweden nach Dänemark und schließlich zum schönen Roskilde (D), 161 km in 5:45 Stunden.

Während ich blogge, geht Volker noch ein wenig spazieren.

Die Marina von Roskilde
In der Bootswerft des Wikinger Museum werden ehemaliger Wikinger Schiffe rekonstruiert
Die Havhingsten fra Glendalough im Museumshafen
Abendstille im Museumshafen

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